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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hausflur; Hausfrauenvereine; Hausfriede; Hausgeister; Hausgesetze

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Hausflur - Hausgesetze.

ein großes geschäftliches Unternehmen einzelne dazu geeignete Arbeiten vom Arbeiter in seiner Häuslichkeit geleistet werden, während oft die Vollendung und Zusammensetzung, immer die Ansammlung und Verschleißung der Produkte von dem Hauptgeschäft übernommen wird. Manche der Vorteile des Hausfleißes können auch bei dieser Einrichtung gewahrt bleiben, dies namentlich, wenn die Leitung des Ganzen auf genossenschaftlicher Grundlage beruht und mehr die Förderung aller Mitarbeiter als den Vorteil des Geschäftshauses verfolgt. Aber die Gefahr der Ausbeutung und der einseitigen Abrichtung des einzelnen Arbeiters für gewisse rein mechanische Handfertigkeiten liegt hier schon nahe. Die Litteratur s. Arbeitsschulen.

Hausflur (Hausdiele oder Hausährn), der zunächst der Hausthür gelegene Innenraum eines Hauses, auf welchem sich außer den Zugängen zu den einzelnen Räumen des Erdgeschosses die Antritte der zu den obern Stockwerken des Hauses führenden Treppen befinden. Während die H. der gewöhnlichen Häuser flach überdeckt und einfach ist, wird die H. öffentlicher Gebäude und Paläste gewöhnlich, als Säulenhalle ausgebildet, mit Wand- und Deckengemälden geschmückt etc.

Hausfrauenvereine sind Frauenvereine, welche die Interessen des Haushalts durch einheitliches Vorgehen auf dem Markt (Preishöhe, Einkaufsbedingungen etc.), Verbreitung nützlicher Kenntnisse u. dgl. zu wahren suchen. Ein solcher Verein bildete sich 1873 in Berlin unter der Leitung der Frau Lina Morgenstern. Derselbe ist im wesentlichen ein Konsumverein, der sich nebenher mit der Stellenvermittelung für weibliche Dienstboten beschäftigt. Vgl. Frauenvereine.

Hausfriede, der besondere Rechtsschutz, welchen die Behausung eines jeden Bürgers genießt; Hausfriedensbruch, die vorsätzliche und widerrechtliche Störung dieses Hausfriedens durch Eindringen oder Verweilen in der Wohnung eines andern. Das deutsche Reichsstrafgesetzbuch (§ 123, 124) macht in Ansehung dieses Delikts folgende Unterscheidung: 1) Einfacher Hausfriedensbruch ist das widerrechtliche Eindringen in die Wohnung, die Geschäftsräume oder das befriedete Besitztum eines andern oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst bestimmt sind, sowie das unbefugte Verweilen in solchen, nachdem eine Aufforderung zum Weggehen seitens des Berechtigten erfolgt ist. Dies Vergehen wird mit Gefängnis von einem Tag bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 300 Mk. bestraft. Ein besonderer Erschwerungsgrund ist es, wenn die Handlung von mehreren gemeinschaftlich oder wenn sie von einer mit Waffen versehenen Person begangen wurde. In diesen beiden Fällen tritt Gefängnisstrafe von einer Woche bis zu einem Jahr ein; auch wird der Hausfriedensbruch unter solchen Umständen von Amts wegen verfolgt, während außerdem die Verfolgung nur auf Antrag eintritt. - 2) Qualifizierter oder schwerer Hausfriedensbruch liegt dann vor, wenn sich eine Menschenmenge öffentlich zusammenrottet und in der Absicht, Gewaltthätigkeiten gegen Personen oder Sachen mit vereinten Kräften zu begehen, in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines andern oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst bestimmt sind, widerrechtlich eindringt. Jeder Teilnehmer wird alsdann mit Gefängnis von einem Monat bis zu zwei Jahren bestraft. - Wurde ein Hausfriedensbruch von einem Beamten in Ausübung oder in Veranlassung der Ausübung seines Amtes begangen, so wird dies als besonderes Amtsverbrechen (s. d.) betrachtet und mit Gefängnis von einem Tag bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 900 Mk. geahndet (deutsches Strafgesetzbuch, § 342). Übrigens sind, um derartigen Willkürlichkeiten vorzubeugen, von der Gesetzgebung die Voraussetzungen fest bestimmt, unter welchen eine Haussuchung seitens der Behörde stattfinden darf (s. Durchsuchung). Vgl. Osenbrüggen, Der H. (Erlang. 1857).

Hausgeister, den Manen, Laren und Penaten der Römer verwandte Phantasiegebilde, eigentlich Herdgeister, indem sie an den Herd gefesselt sind. Der Name Kobold (s. d.) hat fast alle andern Bezeichnungen verdrängt; sonst heißen sie auch Wolterkens, Heinzelmännchen, führen auch einzelne Namen, z. B. Hödeken (Hütchen) im Niederrheinischen. In Gestalt, Tracht und Aussehen kommen sie den Elfen und Zwergen gleich; die Sage legt ihnen gern rotes Haar oder roten Bart bei, der spitze, rote Hut mangelt selten (Hödeken). Sie können sich unsichtbar machen, haben gefeite Schuhe, wohnen gern in Stall, Scheune oder Keller des Menschen. Werden die H., welche sich nur selten zeigen, gut behandelt, so bringen sie Glück, spinnen des Nachts ganze Spindeln voll, helfen den Knechten und Mägden im Stall und in der Küche und tragen Kornähren in die Scheunen. Vergißt man aber, ihnen Milch hinzusetzen, oder erzürnt man sie, so werden sie tückisch, tragen das Korn vom Fruchthaufen fort, necken die Hausbewohner und rächen sich durch allerlei Unfug. Das "Koboldlachen" ertönt dann meist. Dem Namen nach entspricht ihnen der spanische Duende oder Duendecillo, der schwedische Tomtekarl oder Tomtegubbe, der norwegische Tomtevätte oder Toftvätte und der russische Domowoj.

Hausgesetze (Hausverträge, Hausverfassungen, Familienpakte), Normen, welche seit dem Beginn des 14. Jahrh. von den einzelnen Familien des hohen Adels vermöge der ihnen zustehenden Autonomie (s. d.) besonders über die Erbfolge (Primogenituren, Seniorate, Majorate, die Vormundschaft, Ausschließung der Töchter), die Ehe (Verbot nicht standesgemäßer Heiraten), Apanage, Familienfideikommisse, die Unveräußerlichkeit der Güter etc. festgesetzt sind. Von seiten der deutschen Kaiser bis auf Franz I. herab ward dem Reichsadel die Befugnis zur Aufrichtung solcher Verträge ausdrücklich zuerkannt. Da aber dieselben dem neuern Staatsrecht widersprechen, insofern dasselbe dem Einzelnen nicht die Macht einräumen kann, willkürlich Verfügungen zu treffen, welche in das Staatsleben tief eingreifen, so sind sie entweder, wie in Frankreich, gar nicht mehr gestattet, oder von der Genehmigung des Staats abhängig gemacht. Die Familienverträge der deutschen regierenden Fürstenhäuser sind meist in die Staatsverfassungen, z. B. in die preußische Verfassungsurkunde (Art. 53 ff.), aufgenommen. Die Befugnis der Mediatisierten zum Erlaß von Hausgesetzen ist in der deutschen Bundesakte (Art. 14) ausdrücklich anerkannt, vorbehaltlich der Genehmigung durch das Staatsoberhaupt. Zu beachten ist aber, daß nach dem Reichsgesetz vom 17. Febr. 1875 das Alter der Großjährigkeit allgemein mit dem vollendeten 21. Lebensjahr beginnt. Die hausverfassungsmäßigen oder landesgesetzlichen Bestimmungen über den Beginn der Großjährigkeit der Landesherren und der Mitglieder der landesherrlichen Familien sowie des Hauses Hohenzollern werden jedoch davon nicht berührt, während autonomische Bestimmungen des sonstigen hohen Adels über diesen