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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Juden

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Juden (Geschichte bis zu König David).

Verwalter einer großen Waldbesitzung im böhmischen Riesengebirge in die Dienste des Grafen von Moczin, wurde 1862 dem Böhmischen Forstschulverein an die Spitze der neuerrichteten Forstschule in Weißwasser, von da aber 1866 als Direktor an die Forstakademie zu Tharandt berufen, 1876 zum Geheimen Forstrat und 1878 zum Geheimen Oberforstrat ernannt. Unter seinen Schriften ist hervorzuheben: "Die Forsteinrichtung" (Dresd. 1871, 4. Aufl. 1885). Im "Amtlichen Bericht über die Wiener Weltausstellung" berichtete er über die Forstwirtschaft (Braunschw. 1874). Seit 1868 führt er die Redaktion des "Tharandter forstlichen Jahrbuchs" (Dresd.), und 1873-82 gab er den "Deutschen Forst- und Jagdkalender" (Berl.) heraus. Mit Nitsche besorgte er eine Neubearbeitung von Ratzeburgs "Waldverderbern" (8. Aufl., Wien 1885).

Juden (Israeliten), die Bekenner der mosaischen Religion, die Nachkommen des vom Volk Israel fast allein übriggebliebenen Stammes Juda. Ihr ursprünglicher, meist nach außen geltender Name war Hebräer oder Ebräer (hebr. Ibrim), "die Jenseitigen", weil ihr Stammvater Abraham von jenseit des Euphrat in Palästina eingewandert war. Die mehr einheimische, auf die Bestimmung des Volkes hinweisende Benennung nach dem dritten Stammvater, Jakob (Israel, "Gottesstreiter"), Israeliten, entstand schon zu Anfang ihrer geschichtlichen Entwickelung, und mit J. (hebr. J'hudim) bezeichnete man nach dem babylonischen Exil die gesamte israelitische Nation, weil die meisten Zurückkehrenden Bürger des ehemaligen Königreichs Juda waren. Die Ereignisse vor der Gefangenschaft in Babylon bilden demnach streng genommen die Geschichte des hebräischen oder israelitischen Volkes, während nach derselben die jüdische Geschichte beginnt.

I. Geschichte des hebräischen Volkes.

Bis zur Teilung des Reichs (2000-953 v. Chr.).

Aus der mesopotamischen Stadt Haran zieht um 2000 Abram ("hoher Vater", später Abraham, "Vater der Menge"), nachdem er sich zeitweilig in Ägypten aufgehalten hatte, nach Palästina, um fern von seinem götzendienerischen Vaterland den Glauben an Einen Gott zu verbreiten (Einführung der Beschneidung, s. d.). Das Nomadenleben Abrahams führten sein Sohn Isaak und sein Enkel Jakob fort und erhielten in ihrer Familie die monotheistischen Grundsätze. Jakobs Sohn Joseph, von seinen Brüdern als Sklave nach Ägypten verkauft, schwang sich hier durch seine Klugheit und seinen Charakter zum Minister empor und veranlaßte während einer Hungersnot seine Familie (70 Personen), ihre palästinischen Wohnsitze mit ägyptischen zu vertauschen. Er wies ihr die weidenreiche Provinz Gosen (östlich vom Nil und zwischen diesem und dem Roten Meer, im S. bis zum heliopolitanischen Nomos und nördlich bis Pelusium sich erstreckend) an. Hier entwickelte sich die Familie, abgesondert von den durch schroffes Kastenwesen unzugänglichen Ägyptern, eigne Sitten, Sprachen und Gebräuche wahrend, während eines mehrhundertjährigen Aufenthalts zu einem mächtigen Volk, welches, anfangs glücklich lebend, später durch das Mißtrauen der Pharaonen geknechtet ward. Aus dieser Knechtschaft befreite es der begeisterte, in allem Wissen der Ägypter durch Vermittelung seiner Beschützerin, einer ägyptischen Prinzessin, erzogene Moses, unterstützt von seinem beredten Bruder Aaron. Am 15. Nissan hatte Moses die unzivilisierte Volksmasse (600,000 waffenfähige Männer) aus der Knechtschaft geführt, nach biblischen Berichten das Rote Meer durchschritten, in der Wüste das bittere Wasser von Mara trinkbar gemacht, Wachteln und Manna zur Speise angewiesen, den Angriff der Nachbarstämme, mit Josua vereint, zurückgeschlagen und nach der Offenbarung der zehn Bundesworte auf dem Sinai die Gottes- und Sittenlehre dem Volk verkündet. Anknüpfend an die alten Traditionen, ward auf dem Grunde des häuslichen, bürgerlichen und sittlichen Lebens der Bund mit dem einzigen Gotte, dem Beschützer und Beglücker des Volkes, gelehrt, die Pflege des religiösen Lebens den Priestern, dem Stamm Levi, anvertraut und das Oberpriesteramt Aaron übertragen. Dieser leitete im Stiftszelt den Opfergottesdienst. Das Volk ward in zwölf Stämme, welche nach zehn Söhnen Jakobs und den zwei Söhnen Josephs, Ephraim und Manasse, die für Levi und Joseph eintraten, benannt sind, diese in Geschlechter und diese wieder in Familien eingeteilt. Ausbrüche der Unzufriedenheit, Anbetung eines goldenen Kalbes, die Entmutigung des Volkes nach dem wahrheitswidrigen Bericht der von Moses nach Kanaan ausgesandten Kundschafter veranlaßten den Führer, die Hebräer 40 Jahre in der Wüste zu halten, um ein kriegstüchtiges, zuchtgewohntes Volk heranzubilden. Moses schuf für sie eine theokratische, strenge Verfassung und brachte sie bis an die Grenzen des verheißenen Landes, das zu erobern seinem Jünger und Nachfolger Josua aufbehalten blieb.

Unter Josuas Leitung überschritten die Hebräer den Jordan, bemächtigten sich in einem siebenjährigen Krieg der festen Städte des Landes, rotteten, wie ihnen das Gesetz vorschrieb, den größten Teil der alten heidnischen Einwohner (die Gibeoniten fanden durch List Schonung) aus und teilten, nachdem bereits 2½ Stämme ihren erwünschten Besitz im Ostjordanland empfangen hatten, das Land durchs Los unter die übrigen 9½ Stämme; die Leviten erhielten 48 Städte, einschließlich der durch das mosaische Gesetz bestimmten Asylstädte (s. Asyl). Bald bedrohten den Staat innere Unruhen, Gesetzlosigkeit und äußere Feinde. Begeisterte Persönlichkeiten aus der Mitte des Volkes übernahmen nun in schweren Zeiten die Führung, ohne diese auch stets für Friedenszeiten zu beanspruchen (Richter Othniel, Ehud, Schamgar, die Richterin Deborah, Gideon, Jiftach, der starke Simson u. a.). Der vorletzte Richter, Eli, vereinigte in seiner Hand das Richter- und Priesteramt, war aber nicht mächtig genug, die Ansprüche der Philister siegreich zurückzuweisen; erst seinem Schüler Samuel gelang es, diesen mächtigen Feind auf längere Zeit zu besiegen, die Einigkeit und Macht des Volkes zu befestigen und durch Errichtung von Prophetenschulen die theokratischen Grundsätze zu klären. Trotzdem sah er sich gezwungen, auf Wunsch des Volkes die Monarchie einzuführen.

Samuel salbte Saul, den Sohn des Kis, eines benjaminitischen Landmanns, zum König. Die äußere Gefahr brachte das Volk unter Sauls Leitung zur Einigkeit; nach einem glänzenden Sieg über die Ammoniter fand er 1055 in Gilgal eine allgemeine Huldigung, die ihm vordem versagt war; er siegte über die Moabiter, Edomiter, Philister und Amalekiter. In diesem letzten Krieg erregte er das Mißfallen Samuels, der nun in dem mächtigen Stamm Juda einen neuen König suchte und David, Isais Sohn aus Bethlehem, zum Regenten bestimmte und salbte (um 1036). Eifersucht gegen David, Schwermut und Mißerfolge führten 1033 den Fall Sauls in der Schlacht am Berge Gilboa gegen die Philister herbei, und der neue König (1033-993), wenn auch