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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Jus - Jus gentium.

auch die Ausschüsse von Sachverständigen als Preisrichter, z. B. bei Industrieausstellungen.

Jus (franz., spr. schüh), Bratensauce, soll nur aus dem beim Braten Herausdringenden Fleischsaft und dem zugesetzten Fett bestehen, wird aber oft durch Zusatz von Fleischbrühe verlängert; auch braune Bouillon, die durch Schmoren von zerschnittenem Rindfleisch mit Speck oder Rindstalg, Zwiebelscheiben, Wurzelwerk und Wasser bereitet wird und zu Saucen oder zur Herstellung brauner Suppe, dient.

Jus (lat., "Recht"), im objektiven Sinn der Inbegriff von Regeln, welche, auf äußern Satzungen der Völker beruhend, die Lebensverhältnisse der Menschen untereinander in einer vor dem Richter erzwingbaren Weise normieren (norma agendi); im subjektiven Sinn die durch ein Rechtsgesetz begründete Befugnis, in irgend einer Weise auf die Außenwelt einzuwirken (facultas agendi). Näheres über Begriff und Einteilung s. Recht.

Jus abstinendi (lat.), das Recht, eine Erbschaft abzulehnen, zu abstinieren.

Jus accrescendi (lat.), s. Akkreszenzrecht.

Jus acquisitum (lat.), s. Jus quaesitum.

Jus advocatiae ecclesiasticae (lat.), Recht des Staats und des Souveräns, die Kirche zu schützen.

Jus albinagii (lat.), s. Fremdenrecht.

Jus Aelianum (lat.), das älteste Rechtsbuch der Römer, im 6. Jahrh. v. Chr. von Sextus Älius Catus verfaßt; auch Tripertita (wegen seiner drei Teile) genannt. Das J. enthielt insbesondere die wichtigsten Bestimmungen der Gesetze der zwölf Tafeln.

Jus alluvionis (lat.), Alluvionsrecht, s. Alluvion.

Jus angariae (lat.), s. Angarien.

Jus archivi (lat.), Archivrecht, die auf der Rechtsvermutung der Echtheit beruhende Beweiskraft archivalischer Urkunden.

Jus armorum (lat.), s. v. w. Militärhoheit (s. d.), das Recht, Truppen, befestigte Plätze etc. zu halten; kommt heutzutage lediglich dem Staat zu.

Jus avocandi (lat.), Abberufungsrecht; das Recht des zuständigen Obergerichts, eine Sache, die vor dasselbe gehört, dem Untergericht abzufordern.

Jus canonicum (lat.), s. Kanonisches Recht.

Jus circa sacra (lat.), Kirchenhoheit, Majestätsrecht des Staats in Kirchensachen, umfaßt die Schirmvogtei (jus advocatiae), das Reformationsrecht (jus reformandi) und das Oberaufsichtsrecht (jus supremae inspectionis); s. Kirchenhoheit.

Jus civile (lat.), Zivilrecht (s. d.), bedeutet 1) Privatrecht, 2) das positive Recht irgend eines Staats, 3) das den römischen Bürgern eigentümliche Recht, 4) das römische Recht mit Ausschluß des Jus honorarium (s. d.).

Jus civitatis (lat.), Bürgerrecht.

Jus compascui (lat.), s. Compascuum.

Jus congrui (lat.), Gespilderecht, s. Näherrecht.

Jus connubii (lat.), Recht, mit den Angehörigen eines andern Staats oder Stammes eine rechtsgültige Ehe einzugehen. Die Ehe zwischen Patriziern und Plebejern in Rom sowie zwischen Römern und Ausländern war lange Zeit nicht zulässig.

Jus curiae (lat.), s. Hofrecht.

Jus deliberandi (lat.), Deliberationsrecht, s. Bedenkzeit.

Jus de non appellando (lat.), Recht der letzten Instanz; ehemals das Vorrecht einzelner deutscher Fürsten, zuletzt aller Kurfürsten, selbst höchste Gerichte im Land zu haben und somit der Berufung an die Reichsgerichte zu wehren.

Jus de non evocando (lat.), ehemals das Recht eines Reichsstandes, vermöge dessen aus seinem Land kein Rechtshandel in erster Instanz an die Reichsgerichte gebracht werden konnte.

Jus detractus (lat., "Abzugsrecht"), Recht des Staats, von Erbschaften und sonstigem außer Landes gehenden Vermögen eine Abgabe zu erheben; jetzt abgeschafft. S. Freizügigkeit.

Jus devolutionis (lat.), Abberufungsrecht und Devolutionsrecht, s. Devolution.

Jus divinum (lat.), göttliches Recht.

Jus dominii impetrandi (lat.), nach röm. Rechte die Befugnis des Pfandgläubigers, wonach derselbe, wenn sich bei dem gerichtlichen Verkauf kein annehmbarer Käufer findet, fordern konnte, daß die Sache um die Taxe ihm zugeschlagen werde. Der Schuldner hatte alsdann zwei Jahre lang das Einlösungsrecht. Die moderne Gesetzgebung hat dies jedoch beseitigt, und der Gläubiger kann, wie jeder Dritte, auf das Pfandobjekt mitbieten.

Jus eminens (lat., "Staatsnotrecht"), das Recht der Staatsgewalt, im Fall dringender Gefahr oder Not oder eines unabweisbaren Bedürfnisses Eingriffe in Privatrechte vorzunehmen. Hierauf läßt sich namentlich das Recht zur Zwangsenteignung von Grundeigentum zurückführen (s. Expropriation). Vgl. Bischof, Das Notrecht (Gießen 1860).

Jus emporii (lat.), im Mittelalter das Recht mancher Städte, wonach alle durchgehenden Waren eine Zeitlang in der Stadt lagern und daselbst zum Verkauf ausgestellt werden mußten.

Jus episcopale (lat.), die bischöfliche Jurisdiktionsgewalt, insbesondere die nach protestantischem Kirchenrecht dem Landesherrn in Ansehung der protestantischen Landeskirche zustehende bischöfliche Machtvollkommenheit.

Jus eundi in partes (lat., Itionsrecht), im frühern deutschen Reichsrecht die Befugnis der Reichsstände der katholischen Konfession einer- und der evangelischen Konfession anderseits, in Religionsangelegenheiten und in allen Sachen, "sie treffen an, was sie immer wollen, darin die Katholischen eine, die Evangelischen die andre Partei konstituieren", die Entscheidung durch Stimmenmehrheit im Reichstag abzulehnen; eingeführt durch den Westfälischen Frieden (Instrum. pac. Osnabr., Art. V, § 9). Hiernach konnte in solchen Angelegenheiten eine Trennung (Itio in partes) der Reichsstände in zwei konfessionelle Körperschaften (Corpus Catholicorum und Corpus Evangelicorum) stattfinden, von denen jede getrennt abstimmte. Nur durch schließliche Vereinigung in den beiderseitigen Entschließungen konnte in solchen Sachen überhaupt ein Reichstagsbeschluß zu stande kommen. Neuerdings wird zuweilen die Bestimmung in Art. 7 der Verfassung des neuen Deutschen Reichs als J. aufgefaßt, wonach bei der Beschlußfassung über eine Angelegenheit, welche nach den Bestimmungen der Verfassung nicht dem ganzen Reiche gemeinschaftlich ist, die Stimmen nur derjenigen Bundesstaaten (im Bundesrat) gezählt werden, welchen die Angelegenheit gemeinschaftlich ist.

Jus Flavianum (lat.), eine Sammlung von Klageformeln und ein Verzeichnis der Gerichtstage, welches 450 v. Chr. ein gewisser Gnäus Flavius Freigelassener des Zensors Appius Claudius Cäcus, dem letztern entwendet und veröffentlicht haben soll.

Jus gentium (lat., "Recht der Völker", nicht zu verwechseln mit dem heutigen "Völkerrecht"), in der römischen Rechtssprache das allen Kulturvölkern gemeinsame Recht, im Gegensatz zum Jus civile (s. d. 3).