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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Justinus - Justizministerium.

und seinem Schwestersohn Justinianus, den er adoptierte und endlich vier Monate vor seinem Tod zum Mitregenten annahm. Er starb 1. Aug. 527.

2) J. II., Sohn der Schwester Justinians, Bigleniza oder Vigilantia, ward, durch seine Gemahlin Sophia, eine Schwestertochter der Theodora, dem kaiserlichen Haus noch näher stehend, 565 seines Oheims Nachfolger, obwohl ein andrer J., als von einem Bruder des Kaisers abstammend, nähere Rechte hatte. Er verkündigte sogleich allgemeine Amnestie, opferte aber die Gehilfen von Justinians Erpressungen dem Volkshaß, befriedigte die Ansprüche derer, denen Justinian unter der Maske von Anleihen Geld abgenommen hatte, führte das Konsulat wieder ein und stellte den durch seines Oheims Aphthartodoketismus gestörten kirchlichen Frieden wieder her, indem er sich zum orthodoxen Dogma bekannte. Seine körperlichen und geistigen Kräfte wurden aber bald durch Siechtum geschwächt, seine Regierung war daher im Innern wie nach außen ruhmlos und unglücklich. Das Reich schmachtete unter den Bedrückungen und Erpressungen der Beamten; die Perser drangen wieder erobernd in das Reich ein; der größte Teil von Italien ging an die Langobarden verloren, und die Avaren und Slawen verwüsteten Griechenland. J. setzte sich 574 im Gefühl seiner Schwäche den Tiberius als Mitkaiser zur Seite, dem er im September 578 die Regierung überließ, und starb in Zurückgezogenheit 5. Okt. 578.

Justinus, 1) (gewöhnlich Marcus Junianus J. genannt) röm. Geschichtschreiber, verfaßte wahrscheinlich im 2., nach andern im 3. oder 4. Jahrh. n. Chr. einen Auszug aus der Universalgeschichte der Alten Welt, welche Trogus Pompejus zur Zeit des Augustus unter dem Titel: "Historiarum Philippicarum libri XLIV" geschrieben hatte, welche aber verloren gegangen ist. Von den Lebensumständen des J. ist nichts bekannt. Außer dem ersten Druck (Rom 1470) erwähnen wir die mit Anmerkungen der ältern Erklärer versehene Ausgabe von Frotscher (Leipz. 1827-30, 3 Bde.), die von Dübner (das. 1831), von Dübner und Johanneau (Par. 1838, 2 Bde.) und die Schulausgaben von Fittbogen (Halle 1835), Jeep (Leipz. 1859), Hartwig (Braunschw. 1860, 3 Bde.) und Rühl (Leipz. 1886). Übersetzungen lieferten Kolbe (2. Aufl., Münch. 1824-28, 2 Bde.), Schwarz (Stuttg. 1834-36, 6 Bde.) und Forbiger (das. 1867). Vgl. Rühl, Die Textesquellen des J. (Leipz. 1872); Derselbe, Die Verbreitung des J. im Mittelalter (das. 1872).

2) J. der Märtyrer (Justinus martyr), Kirchenlehrer und Apologet des Christentums, geboren um 100 zu Flavia Neapolis, dem alten Sichem in Palästina, wandte sich erst der Philosophie, namentlich der Platonischen, dann, ohne seine philosophische Richtung aufzugeben, dem Christentum zu. Er war ein besonnener Ausgleicher der christlichen Parteien, zäher Bestreiter der Gnosis, energischer Verteidiger der Logoslehre. In jeder Beziehung steht er an der Spitze der kirchlichen Entwickelung des Dogmas. Nach Rom gekommen, schrieb er zwischen 150 und 160 die an den Kaiser gerichtete Apologie mit einem Nachtrag, der sogen. zweiten Apologie, unter Mark Aurel noch das Gespräch mit dem Juden Tryphon. Bald darauf, etwa 165, endigte er als Märtyrer. Sein Tag ist der 13. April. Seine Werke, worunter viele unechte, wurden zuletzt herausgegeben von Otto (3. Aufl., Jena 1876 ff.). Vgl. Semisch, J. M. (Bresl. 1840-42, 2 Bde.); Aubé, Saint-Justin, philosophe et martyr (2. Aufl., Par. 1875); Engelhardt, Das Christentum J. des Märtyrers (Erlang. 1878); Stählin, J. und sein neuester Beurteiler (Leipz. 1880).

Justitia, bei den Römern die Göttin der Gerechtigkeit, abgebildet als Jungfrau mit einer Stirnbinde oder einem Diadem, bisweilen mit Schwert und Wage oder mit einer Schale in der einen Hand und einem Zepter in der andern. Vgl. Dike und Themis.

Justitia regnorum fundamentum (lat., "Gerechtigkeit ist die Grundlage der Reiche"), Wahlspruch des Kaisers Franz I. von Österreich.

Justitiarius (lat.), bei den frühern Patrimonialgerichten Bezeichnung für die Gerichtshalter, Gerichtsverwalter; auch für das rechtskundige Mitglied einer Verwaltungsbehörde, den Rechtsbeistand einer kaufmännischen Korporation, einer Handelsgesellschaft, einer Bank etc.

Justitium (lat.), der gänzliche Stillstand der Rechtspflege und der öffentlichen Geschäfte überhaupt, welcher bei den Römern vom Senat und den Magistraten in Zeiten der Not vorübergehend angeordnet, in der Kaiserzeit aber lediglich noch infolge von Todesfällen in der kaiserlichen Familie angesagt ward. Heutzutage kann ein J. noch infolge eines Kriegs oder eines außerordentlichen Naturereignisses, z. B. einer Überschwemmung, eines Erdbebens, eintreten. Die deutsche Zivilprozeßordnung (§ 222) bestimmt hierüber: "Hört infolge eines Kriegs oder eines andern Ereignisses die Thätigkeit des Gerichts auf, so wird für die Dauer dieses Zustandes das Verfahren unterbrochen". Der Lauf einer jeden Frist hört in solchem Fall auf, und die volle Frist beginnt nach Beendigung der Unterbrechung von neuem zu laufen (§ 226).

Justiz (lat. Justitia), s. Rechtspflege.

Justizgesetze, die auf die Rechtspflege bezüglichen Gesetze; vielfach kurz und schlechthin zur Bezeichnung der J. des Deutschen Reichs gebraucht (s. Gerichtsordnung). Vgl. Hahn, Die gesamten Materialien zu den Reichsjustizgesetzen (Berl. 1879-81, 4 Bde.; 2. Aufl. 1881 ff.).

Justizhoheit, die Staatsgewalt, insofern sich dieselbe auf die Rechtspflege, die bürgerliche (Ziviljustizhoheit) wie die strafende (Kriminaljustizhoheit), bezieht. Der moderne Staat erkennt die Unabhängigkeit der Gerichte in ihrer Rechtsprechung von dem Einfluß der Staatsgewalt an. Dies schließt jedoch nicht aus, daß die Staatsregierung bei der dienstlichen Beaufsichtigung des Gerichtspersonals, bei Ausübung der Disziplinargewalt, Organisation der Gerichtsbehörden und der sonstigen Justizbehörden, insbesondere der Staatsanwaltschaft, bei der Anstellung der Beamten sowie bei dem Vollzug der gerichtlichen Urteile in Thätigkeit tritt. Die Rechtsprechung selbst ist ebenfalls ein Ausfluß der Staatsgewalt, und ebendarum ergehen die gerichtlichen Urteile im Namen des Souveräns, diejenigen des deutschen Reichsgerichts im Namen des Deutschen Reichs; auch gibt es heutzutage nur noch Staatsgerichte, die Privatgerichtsbarkeit ist abgeschafft (s. Gericht).

Justizministerium, die oberste Justizverwaltungsbehörde des Staats, an deren Spitze der Justizminister steht. In kleinern Staaten nimmt eine Abteilung oder ein Departement des Staatsministeriums die Justizverwaltung (s. d.) wahr. Ein Einfluß auf die Rechtsprechung steht dem J. nicht zu, abgesehen von seiner Befugnis zur Entscheidung von Beschwerden über Disziplin, Geschäftsgang und Justizverweigerung oder -Verzögerung. In Preußen sind die Vorstände der Gerichte und die Staatsanwaltschaften Organe des Justizministeriums, dem auch die Justizprüfungskommission unterstellt