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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kalk

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Kalk (gelöschter Kalk).

hervorschlägt und eine klare Glut im Ofen sichtbar ist.

Als Repräsentant der kontinuierlichen Öfen gilt der Rüdersdorfer (Fig. 4 u. 5). Er besteht aus dem Schacht, welcher durch die Futtermauer d und das von dieser durch einen mit Asche oder Schutt gefüllten Zwischenraum getrennte Rauhgemäuer e gebildet wird, und besitzt außerdem eine Umhüllungsmauer c, so daß zwischen dieser und dem Rauhgemäuer ein Raum bleibt, welcher durch Gewölbe in Zellen geteilt ist. Letztere benutzt man zur Aufbewahrung von Material. Während des Ganges des Ofens ist der untere Teil des Schachtes mit gar gebranntem K. gefüllt, der durch die vier Zugöffnungen a an der Schachtsohle von Zeit zu Zeit gezogen wird. Der Schacht hat eine Höhe von etwa 14 m. Etwa 4 m über der Sohle befinden sich die Feuerungen b für Torf und Holz, welche zu drei oder fünf um den Ofen herum angebracht und mit Rost und Aschenfall versehen sind. Um die Arbeiter vor der von dem gezogenen K. ausströmenden Hitze zu schützen, ist ein Kanal angebracht, durch welchen die Hitze in die Gewölbe gelangt. Der einmal angeheizte Ofen wird so lange im Gang erhalten, bis Reparaturen erforderlich werden. Man verbraucht in diesem Ofen auf 1 Volumen gebrannten K. 1,4 Vol. hartes oder 2-2,25 Vol. weiches Holz oder 1,5-2 Vol. Torf. Mit 1 Vol. Braunkohle erhält man 1-1,5, mit 1 Vol. Steinkohle bis 3,5 Vol. gebrannten K.

Die mit Gasfeuerung betriebenen Kalköfen haben bis jetzt hauptsächlich in der Zucker- und Ammoniaksodafabrikation Anwendung gefunden, wo man die aus dem K. ausgetriebene Kohlensäure mit den Verbrennungsgasen unter der verschlossenen Gicht ableitet, um sie in dem Fabrikbetrieb zu benutzen. Der Gaskalkofen gleicht in der innern Form etwa einem Rüdersdorfer Ofen, nur sind an Stelle der Feuerungen Gasdüsen angebracht, welche mit einem nahe am Ofenschacht herumgehenden Gaszuführungskanal verbunden werden. Die Verbrennungsluft tritt durch die noch glühenden Steine unterhalb der Düsen durch die im Boden befindlichen, mit Fallthüren versehenen schrägen Ausziehkanäle ein. An zwei Seiten des Ofens befinden sich Gasgeneratoren, aus welchen das Gas zunächst in Teersammler (zur Abscheidung der Teerdämpfe durch Abkühlung), dann in den erwähnten Gaszuführungskanal tritt. Man braucht auf den gebrannten K. nur 50 Proz. Braunkohle. Bisweilen werden auch die Gichtgase aus Hochöfen oder die Wärme aus Koksöfen zum Kalkbrennen benutzt, und in neuerer Zeit findet auch der ursprünglich zum Ziegelbrennen bestimmte Ringofen zum Brennen von K. Anwendung. Er zeigt den gewöhnlichen Kalköfen gegenüber dieselbe Überlegenheit hinsichtlich der Ausnutzung der Wärme wie beim Brennen der Thonware. Während aber beim Ringofen das zu brennende Material festliegt und das Feuer beweglich gemacht ist, beruht der kontinuierliche Kanalofen auf dem entgegengesetzten Prinzip: das Feuer steht fest, und der K. wird auf Wagen demselben entgegengeführt.

Der kohlensaure K. verliert beim Brennen an Gewicht über 40 Proz., an Volumen aber nur 10-20 Proz., mithin ist der gebrannte K. porös und leichter (spez. Gew. 2,3); reines Calciumoxyd CaO ist weiß, unschmelzbar; der gewöhnliche gebrannte K. ist durch Eisenoxyd meist gelblich und durch Verunreinigungen, namentlich mit Silikaten, schmelzbar. Er saugt begierig Wasser auf, erhitzt sich dabei (bis 150°) und zerfällt unter starker Volumvergrößerung und Entwickelung eines laugenartigen Geruchs (er "löscht sich") zu gelöschtem K. (Kalkhydrat, Calciumoxydhydrat, Calciumhydroxyd CaO2H2 ^[CaO_{2}H_{2}]). 100 Teile K. erfordern etwa 32 Teile Wasser zur Bildung von Hydrat. Trockner K. absorbiert keine Kohlensäure, aber an der freien Luft absorbiert er allmählich Feuchtigkeit und zerfällt zu pulverigem Kalkhydrat, welches begierig Kohlensäure aufnimmt und sich in kohlensauren K. verwandelt. Beim Löschen muß man den K. mit mehr Wasser übergießen, als er zur Bindung bedarf (2½-3 Teile), weil er nur in diesem Fall einen voluminösen, zarten Kalkbrei liefert. Dieser fühlt sich fett, schlüpfrig und zäh an, wenn aber der K. magnesia- und thonreich war, kurz, wenig geschmeidig, mager. Danach unterscheidet man fetten und magern K. Reiner K. gibt mit 2,5 Teilen oder 3,2-3,6 Volumen Wasser das 2,5fache Gewicht oder das 3,2-3,6fache Volumen Kalkbrei (so weit abgetrocknet, daß er Risse bekommt), magerer K. aber mit 2-2,5 Volumen Wasser nur das zweifache Volumen Brei. Man sagt daher, fetter K. wächst oder gedeiht besser als magerer. 10 Proz. Magnesia machen den

^[Abb.: Fig. 4. Rüdersdorfer Kalkofen (Durchschnitt).]

^[Abb.: Fig. 5. Rüdersdorfer Kalkofen (Grundriß).]