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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Kalk (Stadt) - Kalkbrenner.

K. schon deutlich mager, bei einem Gehalt von 25-30 Proz. Magnesia ist der K. unbrauchbar. Läßt man den K. mit wenig Wasser zu Pulver zerfallen, so erhält man mit diesem nicht mehr einen fetten Brei. Zur Aufbewahrung löscht man den K. und bringt den dünnen Brei in eine Grube mit durchlassenden Wänden (man "sumpft ihn ein"); er wird dann mit der Zeit noch fetter und speckiger. Damit er nicht Kohlensäure anzieht, bedeckt man ihn mit Brettern und schüttet auf diese eine Lage Sand. Neuerdings bewahrt man gebrannten K. für die Mörtelfabrikation dadurch jahrelang auf, daß man ihn mit wenig Wasser zu Pulver löscht, in einem Haufen acht Tage liegen läßt, durch ein Sieb mit 0,5 mm weiten Maschen das Grobe absiebt, dies zerreibt, ebenfalls zu Pulver löscht und das Produkt in Haufen aufschüttet, welche vor Regen geschützt oder mit Kohlenasche bedeckt werden müssen. Unter Kalkmilch versteht man eine rahmartige Mischung von Kalkhydrat mit Wasser; bei längerm Stehen setzt sich aus derselben das Kalkhydrat zu Boden, und über demselben befindet sich dann eine klare Lösung von Kalkhydrat in Wasser (Kalkwasser). 100 Teile Wasser lösen bei 15° 0,14, bei 100° nur 0,7 Teil Kalkhydrat. Die Lösung schmeckt schrumpfend, reagiert alkalisch, trübt sich beim Erhitzen, überzieht sich an der Luft mit einem Häutchen von kohlensaurem K. und gibt mit Leinöl eine eigelbe Emulsion. Ätzkalk ist eine starke Base, wirkt ätzend, fällt die Magnesia- und die Metallsalze, zersetzt die Kohlensäuresalze der Alkalien, bildet mit Säuren die Kalksalze (s. d.), löst sich leicht in Zuckerlösung zu Zuckerkalk und bildet mit Chlor den Chlorkalk. Man benutzt gebrannten K. zu feuerfesten Tiegeln, zum Drummondschen Kalklicht, als schlackenbildenden Zuschlag beim Ausbringen von Metallen, als Zusatz zum Glas, bei der Verarbeitung des Kryoliths, zur Verarbeitung der Melasse, zum Austrocknen von geschlossenen Räumen, zum Entwässern von Flüssigkeiten, mit welchen er sich nicht chemisch verbindet, als Putzmittel, zu Kitten etc. Meist aber wird er gelöscht und zu Mörtel benutzt. Der gelöschte K. findet außerdem ausgedehnte Anwendung in der chemischen Industrie, wegen seiner basischen Eigenschaften, weil er nach Ausnutzung derselben aus den Flüssigkeiten durch Kohlensäure oder Schwefelsäure in Form von unlöslichem kohlensauren oder schwefelsauren K. wieder ausgeschieden werden kann, während man bei Anwendung von Alkalien statt des Kalks immer Alkalisalze, die oft störend wirken, in Lösung behält. Man benutzt Ätzkalk außerdem zur Bereitung von Ätzkali, Ätznatron, Ammoniak aus Salmiak, Chlorkalk, chlorsaurem Kali, Bleichflüssigkeit, zum Fällen der Magnesia aus den Mutterlaugen der Salinen, zum Reinigen des Leuchtgases, zum Entschwefeln der Rohlaugen in der Sodafabrikation, zum Einkalken des Getreides vor dem Säen, zum Reinigen der Runkelrübensäfte in der Zuckerfabrikation, in der Sodafabrikation, zum Enthaaren und Vorbereiten der Häute in der Gerberei, zum Bäuchen der zu bleichenden Baumwollgewebe, zum Reinigen des Kesselspeisewassers, zur Darstellung von Indigküpen in der Färberei, zum Verseifen der Fette bei der Stearinsäurefabrikation, bei der Verarbeitung des Kryoliths, zum Neutralisieren der Schwefelsäure bei der Traubenzuckerfabrikation, zur Herstellung von Kitten. Vgl. Heusinger v. Waldegg, Kalk-, Ziegel- und Röhrenbrennerei (3. Aufl., Leipz. 1875, 2 Bde.). Über hydraulischen K. s. Zement; oxydiert-salzsaurer K., s. v. w. Chlorkalk; salzsaurer K., s. v. w. Chlorcalcium.

Kalk, Stadt im preuß. Regierungsbezirk und Landkreis Köln, östlich neben Deutz, Knotenpunkt der Linien Speldorf-Troisdorf und Deutz-K. der Preußischen Staatsbahn, hat eine evangelische und eine kath. Pfarrkirche, bedeutende Maschinenfabrikation mit Eisengießereien und Kesselschmieden, Hochöfen, Kalisalpeter-, Pottaschen-, Kunstdünger-, Glycerin-, Schwefelsäure- und Dynamitfabrikation, Fabriken für Ornamente und Thonwaren, Ziegelbrennerei, Bierbrauerei und (1885) 11,418 meist kath. Einwohner. K. wurde 1845 angelegt und ist seit 1881 Stadt.

Kalkalabaster, s. Alabaster.

Kalkandelen, Stadt im türk. Wilajet Monastil, im obern Wardarthal, am Paß über den Schardagh nach Prisrend gelegen, mit 5000 meist mohammedan. Einw.

Kalkant (lat.), Bälgetreter bei der Orgel.

Kalkaphanit, s. Diabas.

Kalkar, Marktflecken im preuß. Regierungsbezirk Düsseldorf, Kreis Kleve, am Ley, hat eine evangelische und eine kath. Kirche (letztere der schönste niederrheinische Backsteinbau, mit 7 Schnitzaltären u. Altarblatt von Joest), Schiffahrt, Viehmärkte u. (1885) 2036 meist kath. Einwohner. K. ist Geburtsort des Generals Seydlitz, dem auf dem Marktplatz ein Denkmal errichtet ist.

Kalkauflagerungen, s. Kalkeinlagerungen.

Kalkbaryt, s. Schwerspat.

Kalkblau, s. v. w. Neuwieder Blau.

Kalkborsten, die in der Gerberei mit Kalk von der Haut abgeätzten Borsten.

Kalkbreccie (spr. -brettsche), Trümmergestein aus eckigen, manchmal verschieden gefärbten Kalksteinbruchstücken und einem meist kalkigen Bindemittel. Manche Kalkbreccien werden wegen ihrer Schönheit ähnlich wie Marmor benutzt, z. B. Brecciato oder Mischio di Serravezza von Stazzema bei Carrara, bei welcher etwas gerundete, mit einer Rinde von Talk oder Chlorid überzogene Marmorfragmente durch einen bläulichbraunen Zement verkittet sind. Auch die Pyrenäen liefern schöne Kalkbreccien.

Kalkbrenner, 1) Christian, Komponist, geb. 22. Sept. 1755 zu Münden, begann seine Laufbahn als Chorsänger bei der Französischen Oper in Kassel, komponierte 1777 eine Messe, durch welche er sich die Mitgliedschaft der Philharmonischen Gesellschaft in Bologna erwarb, und ward 1788 Kapellmeister der Königin von Preußen zu Berlin, 1790 des Prinzen Heinrich von Preußen in Rheinsberg. Nach dem Tode des Prinzen ging er nach Paris, wo er als Chordirektor bei der Großen Oper angestellt wurde und 10. Aug. 1806 starb. Er hinterließ außer einer unvollendeten "Histoire de la musique" eine große Anzahl von Kompositionen, bestehend in Opern (darunter "Önone", "Olympia"), Klaviersonaten, Liedern u. a.

2) Friedrich, Klavierspieler und Komponist, Sohn des vorigen, geb. 1788 während der Reise von Kassel nach Berlin, bildete sich im Konservatorium zu Paris und erhielt bereits 1801 die ersten Preise des Klavierspiels und der Komposition. 1803 ging er nach Wien, wo er sich bei Hummel und Clementi vervollkommte, machte 1805 Kunstreisen durch Deutschland und ließ sich 1814 in London nieder, wo er sich als Klavierlehrer Ruhm u. Geld erwab ^[richtig: erwarb]. 1824 nach Paris zurückgekehrt, widmete er sich hier mit gleichem Eifer dem Unterricht u. wurde das Haupt einer Klavierschule, welche unter seiner Leitung zur höchsten Berühmtheit gelangte. Selbst ein Chopin glaubte, als er, bereits als fertiger Künstler, nach Paris kam, den Unterricht Kalkbrenners nicht entbehren zu können, und nur die von letzerm ^[richtig: letzterm] gestellte Bedingung, Chopin solle sich zu einem dreijährigen Kursus verpflichten, veranlaßte diesen, von