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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Keramohalit; Kerargyrit; Kerasin; Kerasus

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Keramohalit - Kerasus.

Imitationen der alten Ware (Palissyware von Pull), dann aber freie, neue Schöpfungen hervor, für welche namentlich Deck eine ganze Reihe von selbständigen Künstlern beschäftigte, der auch ganze Fliesendekorationen in großem Maßstab zur Bekleidung von Fassaden anfertigte. Einzelne Teller dieser Künstler werden mit 2-4000 Frank bezahlt. Dann haben die Franzosen jegliche Art älterer Fayencen, die von Rouen, Nevers, Moustiers etc., nachgeahmt, zum Teil genau, zum Teil mit Hilfe des Druckverfahrens, wobei die Konturen gedruckt und die Farben eingetragen werden. Auch sämtliche orientalische Fayencen werden nachgeahmt und als Ausgangspunkt neuer Schöpfungen benutzt, die persischen Fliesen mit dicken Emailfarben in stumpfen Konturen meisterhaft von Parvillier, fabrikationsmäßig von Collinot u. v. a. In England übernehmen die großen Töpfereien in Staffordshire, besonders Minton, die Führung. Letzteres richtete eine künstlerische Versuchsanstalt im Anschluß an das South Kensington-Museum ein, und bereits 1871 auf der keramischen Weltausstellung in London hatte England Frankreich erreicht. Der Betrieb in künstlerischer Fayence in England ist enorm; der beste Maler, Coleman, ist Engländer, die Modelleure vielfach Franzosen. Neben Minton ist vor allem Copeland und die alte Fabrik von Wedgwood zu nennen. Am stärksten geht die Herstellung von glasierten Fliesen zur Wandbekleidung und von eingelegten Fliesen für den Fußboden. Der Stil englischer Malerei ist mehr dekorativ, während die Franzosen auf höchste malerische Wirkung ausgehen. Die Technik ist daher bei den Engländern einfach, bei den Franzosen dagegen zum höchsten Raffinement ausgebildet. Das nationale englische Steingut wird von Doulton in Lambeth künstlerisch mit Glück ausgebildet. Italien hat vornehmlich seine Nachahmung alter Majoliken fortgesetzt (Ginori) und ist hierbei vielfach auf Fabrikwaren herabgesunken, welche an vielen Orten (Siena, Gubbio etc.) von kleinen Töpfern hergestellt werden. Deutschland hatte neben seinen alten Staatsfabriken für Porzellan andauernd die Terrakotten für architektonische Zwecke gepflegt (March in Berlin). Von glasierter Ware sind nur die Öfen künstlerisch behandelt worden (Feilner in Berlin). An diese knüpfte auch die Neugestaltung an, zuerst in Nachahmung der alten grünen, reich modellierten Öfen (Fleischmann in Nürnberg). Seit etwa zehn Jahren ist dieser Zweig sehr reich ausgebildet (Nürnberg, Berlin, Landshut, Meißen, Magdeburg, Hannover etc.). Eingelegte Fliesen und eingelegte Steingutarbeit liefern ganz vorzüglich Villeroy und Boch in Mettlach. Das rheinische Steinzeug ist im alten Kannenbäckerländchen in Nassau, in der Rheinprovinz und in Süddeutschland aus dem bäuerlichen Betrieb wieder aufgerufen, bis jetzt jedoch noch lediglich zur Imitation alter Formen. Die Fayencemalerei wird vorzugsweise von Frauen meist dilettantisch betrieben, mit großer Virtuosität dagegen von Wassili Timm in Dresden. In den Niederlanden werden die alten Delfter Waren mit Glück nachgeahmt. In der Schweiz ist die bäuerliche Töpferware aus Heimberg bei Thun künstlerisch veredelt worden (Keller-Leuzinger). Die Technik derselben ist jetzt auch in den Schwarzwald und nach Meißen übertragen. In Kopenhagen hat sich die Nachwirkung des antiken Stils unter dem Einfluß des Thorwaldsen-Museums bis heute erhalten. Die Thonwaren sind Nachbildungen griechischer Vasen und Terrakotten (Ipsen). In Spanien, Portugal und Monaco werden Fayencen auf Grund der bäuerlichen Tradition in künstlerisch unbedeutender Form gearbeitet. - Neben den großartigen Erfolgen der Fayence hat das moderne Porzellan einen schweren Stand. Meißen lebt lediglich von seinen alten Modellen des vorigen Jahrhunderts. Dagegen hat neuerdings die Berliner Porzellanmanufaktur in der Nachahmung ostasiatischer Erzeugnisse eine große Vollendung erreicht und durch die Erfindung des Segerporzellans der Dekoration ein weites Feld geöffnet. In Kopenhagen, Wien u. a. O. sind die Staatsanstalten ganz eingegangen. Sèvres bewahrt Reste seines alten Ruhmes durch Beschäftigung erster Künstler und hat das hohe Verdienst, die Dekoration pâte sur pâte geschaffen zu haben, eine der glänzendsten künstlerischen Errungenschaften auf diesem Gebiet. Die Dekoration wird in hell durchsichtiger Porzellanpaste wie ein feines Relief auf den dunkeln Grund aufgetragen und mit dem Körper zugleich gebrannt. Die Wirkung ist die einer geschnittenen Kamee, aber noch weicher, malerischer. Solon, der Hauptkünstler dieses Zweigs, arbeitet jetzt in England für Minton (s. Tafel, Fig. 2). In Frankreich hat sich auch bereits die Privatindustrie dieser höchst prächtigen Dekorationsweise bemächtigt. - Einen sehr wesentlichen Einfluß auf die moderne K. üben, wie schon erwähnt, die Waren von China und Japan. Die Einwirkung der glasierten Gefäße von Satsuma, Kanghar, Kioto (in Japan) mit ihrem reizenden, leicht stilisierten Blumenschmuck und phantastischen Farbenreiz zeigt sich in den Erzeugnissen aller hervorragender Porzellanfabriken Deutschlands, Englands und Frankreichs. Die Einfuhr dieser Waren nach Europa ist kolossal. Auch die indische K. ist in Europa eingeführt. In Bombay ist von England eine Art Schule errichtet worden. Die einfach dekorierten Thongefäße dienen für englische Fliesen vielfach als Vorbild. Ebenso werden die modernen bäuerlichen Thonwaren der Donauländer, der Türkei, Kleinasiens, Marokkos, Portugals von Sammlern geschätzt. Vgl. Brongniart, Traité des arts céramiques (3. Aufl., Par. 1877, 2 Bde.); Birch, History of ancient pottery (2. Aufl., Lond. 1873); Salvétat, Dekoration von Thonwaren (Wien 1871); Derselbe, Leçons de céramique (Par. 1875, 2 Bde.); Audsley und Bowes, Keramic art of Japan (Lond. 1875-81); Mayer, On the art of pottery (das. 1877); Jännicke, Grundriß der K. (Stuttg. 1879); Stockbauer und Otto, Antike Thongefäße (Nürnb. 1876); Teirich, Thonwarenindustrie auf der Wiener Ausstellung (Wien 1874); Seelhorst, Die Glas- und Thonwarenindustrie auf der Centennial-Ausstellung von 1876; J. ^[Julius] Lessing, Das Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung 1873 (Berl. 1874); Berichte von der Pariser Weltausstellung (das. 1878); Genick, Griechische K. (2. Aufl., das. 1883, 40 Tafeln, mit Beschreibung von Furtwängler); Jacquemart, Les merveilles de la céramique (Par. 1866-69, 3 Bde.); Derselbe, Histoire de la céramique (das. 1873); Demmin, Guide de l'amateur de faiences et porcelaines, etc. (das. 1873); du Sartel, La porcelaine de Chine (das. 1881); Krell, Gefäße der K. (Stuttg. 1885); Jännicke, Die gesamte keramische Litteratur (das. 1882).

Keramohalit, s. Haarsalz.

Kerargyrit, s. Hornerz.

Kerasin, s. Bleihornerz.

Kerasus (lat. Cerasus), im Altertum Stadt an der Südküste des Schwarzen Meers, westlich von Trapezunt, eine Kolonie von Sinope. Von K. soll Lucullus 74 v. Chr. die ersten Kirschbäume, welche