Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kieselsäuresalze; Kieselschiefer

723

Kieselsäuresalze - Kieselschiefer.

Kristalle von Kieselsäureanhydrid (Quarz). Man kennt außer der Säure H2SiO3 ^[H_{2}SiO_{3}] noch mehrere Anhydrosäuren mit zwei und mehreren Atomen Kiesel (Polykieselsäure), und auf solche ist die Zusammensetzung vieler in der Natur vorkommender Kieselsäuresalze zurückzuführen. Beim Glühen der K. hinterbleibt stets Kieselsäureanhydrid, welches in hoher Temperatur kristallinisch wird. Gallertartige K. absorbiert mit großer Energie Farbstoffe aus deren Lösungen, und man kann z. B. Baumwolle, welche durch Wasserglaslösung und dann durch Säuren gezogen wurde, also mit K. gebeizt ist, frisch und echt mit Anilinfarben färben.

Kieselsäureanhydrid (Kieselerde, Siliciumoxyd) SiO2 ^[SiO_{2}] findet sich in der Natur kristallisiert als Quarz (nebst Varietäten), Tridymit und Asmanit und scheidet sich, wie erwähnt, bei nicht sehr hoher Temperatur aus Lösungen von K. aus; es löst sich nur in Flußsäure, bei einem Druck von 4-5 Atmosphären auch in Kalilauge, wird in sehr hoher Temperatur amorph, schmilzt vor dem Knallgasgebläse, läßt sich zu sehr dünnen, elastischen Fäden ausziehen, ist feuerbeständig, verflüchtigt sich aber in hoher Temperatur mit Wasserdämpfen und verdichtet sich wieder in Form eines zarten Schnees. Amorphes Kieselsäureanhydrid findet sich wasserhaltig als Opal, Kieselsinter, Polierschiefer, Tripel (mit kristallisierter K. innig gemengt im Chalcedon, Achat und Feuerstein), in den Pflanzen, besonders in den äußersten Zellen der Oberhaut, namentlich bei Gräsern, Schachtelhalmen, im Spanischen Rohr, in vielen Blättern, den äußersten Zellen der Baumrinde, der Kartoffelschalen, vieler Pflanzenhaare, in Vogelfedern, Seeschwämmen und in den Panzern der Diatomeen (Infusorienerde, Kieselgur) etc. Es bildet glasige Massen, löst sich viel leichter in Flußsäure und Kalilauge als kristallisiertes Anhydrid, aber nicht in Wasser und andern Säuren und wird erhalten, wenn man die aus Salzen oder Fluorkiesel abgeschiedene gallertartige K. scharf trocknet und auswäscht. Das Präparat ist farb- und geschmacklos, fühlt sich rauh an, knirscht zwischen den Zähnen und verwandelt sich beim Erhitzen in Tridymit. Schmelzt man K. mit Salzen, so wird deren Säure ausgetrieben, und es entstehen Kieselsäuresalze (s. d.). K. findet vielfache Verwendung zur Darstellung von Glas, Porzellan, Wasserglas; die in der Natur vorkommenden Varietäten und der Bergkristall dienen als Schmucksteine, zu allerlei Utensilien (Reibschalen, Gewichten); auch die Infusorienerde wird mannigfach benutzt.

Kieselsäuresalze (Silikate) finden sich weitverbreitet im Mineralreich und entstehen bei Einwirkung von Kieselsäure auf die Basen, auch beim Erhitzen von Kieselsäure mit den Salzen der weniger feuerbeständigen Säuren, die unlöslichen auch durch Wechselzersetzung. In Wasser löslich sind nur die K. der Alkalimetalle, alle K. sind schmelzbar, einige aber nur bei sehr hoher Temperatur; sie erstarren kristallinisch oder glasig, und besonders die Doppelsilikate geben ausgezeichnete Gläser (Glas, Schlacke). Aus den löslichen wird die Kieselsäure durch stärkere Säuren als Gallerte abgeschieden; die unlöslichen werden zum Teil durch Kochen mit Säuren unter Abscheidung von Kieselsäure aufgeschlossen, andre werden nur durch Schmelzen mit kohlensauren Alkalien zersetzt. Mit Flußspat und Schwefelsäure erwärmt oder mit Flußsäuredämpfen behandelt, entwickeln alle K. Kieselfluorid. Die durch Salzsäure aufschließbaren wasserhaltigen K. (Zeolithe) verlieren beim Erhitzen das Wasser und die Zersetzbarkeit durch Säuren, während manche andre wasserhaltige Silikate nach dem Glühen durch Säuren leichter zersetzbar sind als vorher. Im allgemeinen werden die K. um so leichter zersetzt, je mehr die Basis in ihnen vorwaltet, und je mehr Wasser sie enthalten. Die K. erscheinen, gleichwie die Salze der meisten Säuren, in verschiedenen Sättigungsstufen. Ist Kieselsäure H2SiO3 ^[H_{2}SiO_{3}], so entsprechen die normalen Salze mit einwertigen Metallen der Formel R2SiO3 ^[R_{2}SiO_{3}], mit zweiwertigen Metallen der Formel RSiO3 ^[RSiO_{3}], die mit sechswertigen Atomgruppen (R2 ^[R_{2}]) der Formel R2Si3O9 ^[R_{2}Si_{3}O_{9}]. Diejenigen, in welchen mehr Si enthalten ist, heißen saure, die aber mit mehr R basische Salze. Es ergeben sich folgende Sättigungsstufen:

Einwertige Elemente Zweiwertige Elemente Sechswertige Atomgruppen

Zweifachsaure K. (Quadrisilikate) R2Si2O6 ^[R_{2}Si_{2}O_{6}] RSi2O5 ^[RSi_{2}O_{5}] R2Si6O15 ^[R_{2}Si_{6}O_{15}]

Anderthalbfachsaure K. (Trisilikate) R4Si3O8 ^[R_{4}Si_{3}O_{8}] R2Si3O8 ^[R_{2}Si_{3}O_{8}] (R2)2Si9O24 ^[(R_{2})_{2}Si_{9}O_{24}]

Normale K. (Bisilikate) R2SiO3 ^[R_{2}SiO_{3}] RSiO3 ^[RSiO_{3}] R2Si3O9 ^[R_{2}Si_{3}O_{9}]

Halbstlikate (Singulostlikate) R4SiO4 ^[R_{4}SiO_{4}] R2SiO4 ^[R_{2}SiO_{4}] (R2)2Si3O12 ^[(R_{2})_{2}Si_{3}O_{12}]

Drittelsilikate R6SiO6 ^[R_{6}SiO_{6}] R3SiO5 ^[R_{3}SiO_{5}] R2SiO6 ^[R_{2}SiO_{6}]

Von den künstlich dargestellten Kieselsäuresalzen ist das kieselsaure Bleioxyd (Bleisilikat), durch Zusammenschmelzen von Bleioxyd mit Kieselsäure erhalten, leichtflüssig und bildet mit kieselsaurem Alkali Bleiglas, Straß, Flüsse für Porzellan- und Glasmalerei etc. Die K. des Eisens finden sich in Schlacken und ordinären Gläsern, welche sie grünlich, gelb oder braunfärben. Kieselsaures Kali (Kaliumsilikat) ist Bestandteil zahlreicher Mineralien, entsteht beim Behandeln von Ätzkali mit Kieselsäure, auch beim Schmelzen der letztern mit kohlensaurem Kali etc. Es reagiert alkalisch und wird durch Kohlensäure zersetzt. 3 Teile kohlensaures Kali geben, mit 1 Teil Quarz zusammengeschmolzen, ein Silikat, welches Feuchtigkeit anzieht und mit wenig Wasser eine sirupartige Lösung (Kieselfeuchtigkeit) liefert, die als Reagens dient. Ein kieselsäurereicheres Silikat ist das Kaliwasserglas. Kieselsaurer Kalk (Calciumsilikat) und kieselsaure Magnesia (Magnesiumsilikat) finden sich in vielen Mineralien, das Kalksilikat namentlich auch mit den Alkalisilikaten im gewöhnlichen Glas. Auch das kieselsaure Natron (Natriumsilikat) ist Bestandteil vieler Mineralien und des Glases und bildet außerdem das Natronwasserglas. Kieselsaure Thonerde (Aluminiumsilikat) findet sich in manchen Gläsern, in vielen Mineralien und tritt namentlich, wie die K. überhaupt, in zahlreichen Doppelsilikaten auf. Alle diese K. mit Ausnahme des Bleisalzes sind auch Bestandteile der bei hüttenmännischen Prozessen entstehenden Schlacken. Über die in der Natur vorkommenden K. s. Silikate.

Kieselschiefer (Lydit), dichtes Kieselgestein, ist unvollkommen schieferig, mit ebenem, flachmuscheligem, splitterigem, im großen schieferigem Bruch, grau, schwarz, selten rot oder braun, oft verschiedenfarbig gestreift, auch gefleckt, schimmernd, matt, besteht aus Quarz, mit Thonerde, Kalk, Eisenoxyd, Kohlenstoff imprägniert. Varietäten sind: der eigentliche Lydit oder lydische Stein (Probierstein, auch edler oder jaspisartiger K.), ist schwarz, undurchsichtig, häufig von Quarzadern durchzogen, wird, wenn er schwarz gefärbt ist, zum Probieren des Goldes und des Silbers gebraucht und findet sich in besondern Lagen und Nestern im gemeinen K.; gemeiner K., mit split-^[folgende Seite]