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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kommanditgesellschaft

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Kommanditgesellschaft (K. auf Aktien).

schon im Mittelalter vor, indem sie dazu dienten, das Zinsverbot zu umgehen; doch hat erst in neuerer Zeit die Handelssitte zur Ausbildung und gesetzlichen Regelung der K. als einer besondern Art von Handelsgesellschaften (s. d.) geführt. Das deutsche Handelsgesetzbuch hält die Begriffe K. und stille Gesellschaft streng geschieden. Bei der letztern geht die Vermögenseinlage in das Vermögen des Komplementärs über, und die Gläubiger des Geschäfts können sich nur an diesen halten; sie stehen zu dem stillen Socius in keinerlei Beziehung. Die K. dagegen stellt sich auch dritten Personen gegenüber als wirkliche Handelsgesellschaft mit eignem, für die Geschäftsschulden haftendem Kapital dar; die Einlage des Kommanditisten kann von den Gläubigern der Gesellschaft, nicht aber auch für die Privatschulden des Komplementärs in Anspruch genommen werden. Die K. führt ihre eigne Firma (s. d.), in welche jedoch der Name von Kommanditisten nicht aufgenommen werden darf, während bei der stillen Gesellschaft der Inhaber des Handelsgewerbes dies lediglich unter seiner Firma betreibt und eine das Verhältnis einer Handelsgesellschaft andeutende Firma gar nicht führen darf. Für die stille Gesellschaft gilt denn auch nicht die für die K. bestehende Vorschrift, daß Firma und Errichtung der Gesellschaft, Name, Stand und Wohnort der Komplementäre und der Kommanditisten, der Betrag der Vermögenseinlagen der letztern zum Eintrag in das Handelsregister anzumelden sind, ebenso wie die Auflösung der K. oder das Ausscheiden eines Kommanditisten mit seiner ganzen Einlage oder mit einem Teil derselben. Dagegen haften der Kommanditist wie der stille Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft nur bis zum Betrag der Einlage, während bei der offenen Handelsgesellschaft sämtliche Gesellschafter mit ihrem ganzen Vermögen für die Gesellschaftsschulden solidarisch einzustehen haben und bei der Aktiengesellschaft sämtliche Gesellschafter lediglich mit Einlagen beteiligt sind und keiner persönlich haftet. Da ferner die Kommanditisten nicht persönlich, wie bei der offenen Handelsgesellschaft, Träger und Vertreter des Geschäfts sind, so wird auch durch den Tod eines Kommanditisten oder dessen rechtliche Unfähigkeit zur Vermögensverwaltung die K. nicht aufgelöst. Die Vertretung und Geschäftsführung erfolgt bei der K. lediglich durch die persönlich haftenden Komplementäre, die Kommanditisten dagegen sind zur Führung der Geschäfte der Gesellschaft ebensowenig berechtigt wie verpflichtet; sie können nicht einmal gegen die Art und Weise der Geschäftsführung Widerspruch erheben, nur die abschriftliche Mitteilung der jährlichen Bilanz und die Prüfung derselben unter Einsicht der Bücher und Papiere kann von ihnen verlangt werden.

Wegen der Rechte, die dem einzelnen Kommanditisten zustehen, ist die einfache K. für große Unternehmungen mit vielen Beteiligten weniger geeignet; dies führte zur Schaffung der Kommandit-Aktiengesellschaft oder K. auf Aktien. Eine solche ist dann vorhanden, wenn das Kapital der Kommanditisten in Aktien zerlegt ist. Durch die Übertragbarkeit dieser Aktien wird die Beteiligung am Geschäft wesentlich erleichtert, während die Leitung des Geschäfts selbst in der Hand eines oder einiger persönlich haftenden Gesellschafter liegt und daher in einheitlicher und in einfacherer Weise als bei den Aktiengesellschaften besorgt werden kann. Die bei der K. dem einzelnen Kommanditisten zustehenden Rechte werden hier von der Generalversammlung der Kommanditisten ausgeübt. Zur Überwachung der Geschäftsführung wird ein eigner Aufsichtsrat gebildet, welchem die persönlich haftenden Gesellschafter in den ersten sechs Monaten jedes Geschäftsjahrs eine Bilanz des verflossenen vorzulegen haben, und welchem die Ausführung der Beschlüsse der Generalversammlung über die Führung der Geschäfte, die Einsicht und Prüfung der Bilanz, die Bestimmung der Gewinnverteilung, die Auflösung oder Kündigung der Gesellschaft und die Befugnis obliegt, das Ausscheiden eines persönlich haftenden Gesellschafters zu verlangen. Um etwanigem Mißbrauch vorzubeugen, verlangte das deutsche Handelsgesetzbuch staatliche Genehmigung zur Errichtung einer K. auf Aktien; die Aktien sollten auf den Namen lauten und nur durch Indossament begeben werden können, der Übergang einer Aktie auf einen andern war bei der Gesellschaft anzumelden und im Aktienbuch vorzumerken. Das Reichsgesetz vom 11. Juni 1870 beseitigte das Erfordernis staatlicher Genehmigung, bedrohte dagegen mit Gefängnisstrafe die persönlich haftenden Mitglieder und die Mitglieder des Aufsichtsrats, wenn sie behufs der Eintragung des Gesellschaftsvertrags in das Handelsregister vorsätzlich falsche Angaben über die Zeichnung oder Einzahlung des Kapitals der Kommanditisten machen, oder wenn durch ihre Schuld länger als drei Monate die Gesellschaft ohne Aufsichtsrat geblieben ist, oder wenn in dem letztern die zur Beschlußfähigkeit erforderliche Zahl von drei Mitgliedern gefehlt hat, oder wenn sie in ihren Darstellungen, in ihren Übersichten über den Vermögensstand der Gesellschaft oder in den in der Generalversammlung gehaltenen Vorträgen wissentlich den Stand der Gesellschaftsverhältnisse unwahr darstellen oder verschleiern. Übrigens gilt nach diesem Gesetz eine K. auf Aktien als Handelsgesellschaft, auch wenn der Gegenstand des Unternehmens nicht in Handelsgeschäften besteht. Das Handelsgesetzbuch hatte nur auf Namen ausgestellte Aktien im Mindestbetrag von 600 Mk. zugelassen; das Gesetz vom 11. Juni 1870 setzte diesen Betrag auf 150 Mk. herab; seit 1884 (Gesetz vom 18. Juli 1884, betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften) ist auch die Ausgabe von Inhaberaktien gestattet, dagegen wurde der Mindestbetrag einer Aktie auf 1000 Mk. erhöht. Doch sind Namenaktien auch von geringerm Betrag, jedoch nicht unter 200 Mk., zulässig, einmal für gemeinnützige Unternehmungen, dann, wenn ein bestimmter Ertrag der Unternehmung durch Staat, Gemeinde etc. oder eine öffentliche Korporation gewährleistet ist, ferner, wenn die Übertragung der Aktien an Dritte an die Einwilligung der Gesellschaft gebunden wird. Eine weitere 1884 eingeführte Neuerung besteht darin, daß die persönlich haftenden Gesellschafter sich mit einem gewissen Mindestbetrag beteiligen müssen. Sie haben zusammen wenigstens den zehnten Teil des Gesamtkapitals der Kommanditisten und, wenn dieses 3 Mill. Mk. übersteigt, für den übersteigenden Betrag wenigstens 1/50 einzulegen. Mit dieser Bestimmung will das Gesetz das Interesse der voll haftbaren und verantwortlichen Gesellschafter enger an das Unternehmen ketten und dem Übelstand vorbeugen, daß der Zweck der Haftbarkeit vereitelt werde, indem besitzlose Leiter an die Spitze der Unternehmung treten. Insbesondere sucht auch das neue Gesetz das Interesse der Aktionäre zu wahren, indem es der Generalversammlung (s. d.) weitergehende Rechte einräumte, die Verantwortlichkeit der Gründer und der Aufsichtsräte (s. Aufsichtsrat)