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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Krankenhäuser

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Krankenhäuser (Verbindung von Korridor- und Pavillonsystem).

rechts ein Wärterzimmer, links eine Theeküche und getrennt von dieser mit direktem Eingang vom Flur ein Klosett anliegen. Geradezu führt dieser mittlere Korridor in den großen, hohen, luftigen Krankenraum, der von beiden Längsseiten durch je sieben Fenster Licht erhält. In zwei langen Reihen sind auf jeder Seite, möglichst den Zwischenräumen zwischen den Fenstern entsprechend, 14 Betten aufgestellt. Das Kopfende ist nach der Wand gerichtet, mit einem Halter für die Kopftafel, für das Krankenjournal und ein Handtuch versehen; die Bettstellen sind von Eisen, sie enthalten Matratze, Keilkissen, Kopfkissen und wollene Decke in weißem Bezug. Der Raum zwischen je zwei Betten ist groß genug, daß sich einerseits die Kranken nicht behelligen und anderseits für ärztliche Untersuchung und Handleistungen der Wärter keine Beschränkung besteht. Jeder Kranke hat neben sich ein Tischchen mit Marmorplatte und einen Stuhl. Alles ist auf möglichst gründliche und leicht durchführbare Reinhaltung angelegt. Der Fußboden besteht im Erdgeschoß aus Mettlacher Fliesen, im ersten Stock aus geölten und gestrichenen Dielen. Die Wände sind gemauert, innen mit einem glatten Ölanstrich versehen, ebenso die Decke, so daß sie leicht abgewaschen werden können. An den eigentlichen Krankensaal schließt sich dann ein Durchgangsraum mit Heizrohr, Badezimmer und diesem gegenüberliegenden Wasserklosett für die Kranken an. Dieser Durchgang führt in den hohen u. gleichfalls hellen Tagraum, ein Blockzimmer, das in einen freien Perron ausmündet und im Sommer direkt mit diesem und der frischen Luft durch große Thüren in steter offener Verbindung ist. Hier halten sich die nicht bettlägerigen Kranken bei Tage auf, wodurch die Luftverderbnis in dem Hauptraum natürlich sehr vermindert wird; pro Bett sind 57,45 cbm Luftraum berechnet. Die Heizung findet vom Keller eines jeden Pavillons aus statt, für die meisten besteht eine Mitteldruckwasserheizung durch zwei voneinander unabhängige Heizapparate, wodurch Störungen im Betrieb bei vorkommenden Reparaturen vermieden werden. Der eine Apparat dient zur Erwärmung der frischen Luft, welche durch unterirdische Kanäle aus dem Luftbrunnen (Fig. 6, L) eintritt, der andre erwärmt direkt die Luft der Zimmer mittels frei stehender Heizröhren und Röhrenlagen in der Wand zwischen den Fenstern. Zugleich dient diese Einrichtung der Ventilation. Um im Sommer und Winter einen Luftaustausch von 62-77 cbm pro Bett und Stunde zu erzielen, sind hier alle Mittel ausgenutzt, die sich mit dem gewählten Heizsystem verbinden ließen, wie die Luftbrunnen, Saugköpfe auf den Essen, Dachreiter mit doppeltem Verschluß für den Winter, Doppelfenster mit stellbarem obern Flügel. Der Isolierpavillon (Fig. 8) bedarf nach dem Gesagten nur weniger erläuternder Bemerkungen, da der Grundriß dem ersten Pavillon analog ist und alles Wesentliche betreffs des Anstrichs, der Heizung etc. auch hier Geltung hat. Der Eingang ist hier in der Mitte. Es besteht ein Korridor, welcher geradezu in einen Raum mit Wasch- und Badevorrichtung mit anstoßendem Wasserklosett führt. Rechts und links stoßen symmetrisch an den Korridor je ein Zimmer für ein und eins für zwei Betten, Klosett und Wärterzimmer, alle mit nur einem Fenster. Dann folgt jederseits ein großes Blockzimmer für acht Betten; die Wärterwohnungen liegen im Souterrain. Im Verwaltungsgebäude liegen die Bureaus und Dienstwohnungen.

Zwischen diesem streng isolierenden Bausystem und der ältern Zentralisierung durch Korridore hat sich mittlerweile eine mannigfaltige Gruppe von 3) Verbindungen beider Stile herausgebildet. Es sind nicht nur Doppelpavillons mit gemeinschaftlicher Treppe entstanden, sondern Verbindungen der Pavillons untereinander oder mit dem Verwaltungs- oder Ökonomiegebäude durch verdeckte Gänge zu ebener Erde oder auch im ersten Stockwerk, Kombinationen der Pavillons mit Korridoren etc. Ein mit Benutzung aller bisherigen Erfahrungen erbautes Krankenhaus dieser Art ist das 1879 eröffnete allgemeine Krankenhaus zu Stettin (s. Tafel). Auf einer steilen Anhöhe, eine halbe Stunde südwestlich

^[Abb.: Fig. 7. Zweistöckiger Pavillon des Städtischen Krankenhauses in Berlin (Friedrichshain). Grundriß, Erdgeschoß.

Kanal für warme Luft, Kanal für Aspiration der schlechten Luft, Kanal der Sommerventilation, Schlitz für Wasserröhren, Heizrohr, Wasch- u. Müllrohr, Kochapparat, Pissoir- u. Ausgußbecken, Waschbecken, Öfen.]

^[Abb.: Fig. 8. Grundriß eines Isolierpavillons (Friedrichshain).]