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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kroatien-Slawonien

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Kroatien-Slawonien (Geschichte).

nahm auch von römischen Glaubensboten das Christentum an. 864 unterwarfen sich die Kroaten den griechischen Kaisern, machten sich aber nach wiederholten Kämpfen um 900 wieder unabhängig und bildeten ein selbständiges Reich. Als Vorkämpfer für die nationale Unabhängigkeit machte sich Muncimir berühmt, der den Grund zum kroatischen Reich legte. Auch sein Bruder und Nachfolger Crescimir (Kresimir) I. wirkte in diesem Sinne, noch mehr aber Crescimir II., der Große, der sich besonders den Bulgaren furchtbar machte. Er eroberte das ganze dalmatische Küstenland bis Ragusa. Im Besitz der Seeküste, erbauten die Kroaten eine große Flotte, mit der sie erst Seeraub, dann aber auch Handel trieben. Crescimirs Sohn Dirzislaw führte zuerst den Titel "König von Kroatien" und zwar mit Bewilligung des griechischen Kaisers, den er 994 als seinen Oberherrn anerkannte. Sein Sohn Crescimir Peter, einer der größten Nationalhelden, vergrößerte sein Reich zu Wasser und zu Land und nannte sich auch "König von Dalmatien" (1050), was auch sein Nachfolger Zwonimir Demetrius (1075-1089) that. Mit Stephan (Dirzislaw) II., Crescimirs II. Neffen, der 1089 für kurze Zeit zum Thron gelangte, erlosch der Zweig der alten kroatischen Könige.

Nun entstanden Thronstreitigkeiten im Land, in deren Folge (1091) der ungarische König Ladislaus das binnenländische Kroatien durch Unterwerfungsverträge mit den kroatischen Zupanen an sich brachte. Nach Ladislaus' Tod versuchte Kroatien sich der ungarischen Herrschaft zu entziehen, wurde aber durch König Koloman 1097 wieder unterworfen, der mit den zwölf mächtigsten Zupanen von Kroatien einen Vertrag schloß, wonach sie unter der Lehnshoheit Ungarns stehen und durch Personalunion mit diesem Königreich vereinigt, in allen innern Angelegenheiten aber selbständig sein sollten. Seitdem blieb Kroatien mit kurzen Unterbrechungen mit Ungarn vereinigt. Seit der Mitte des 15. Jahrh. wurde Kroatien fast fortwährend von den Türken beunruhigt. Nachdem König Ferdinand I. aus dem Haus Habsburg-Österreich 1526 zum König von Ungarn erwählt worden, huldigten ihm 1527 auch die kroatischen Stände. Später veranlaßte der wachsende Verlust kroatischen Landes an die Türken die administrative Schöpfung eines neuen ungarischen Kroatien durch Aufnahme der drei (bisher slawonischen) Komitate: Agram, Warasdin und Kreutz in dasselbe. 1592 eroberten die Türken die Festung Bihatsch in Kroatien, die nebst einigen umliegenden Orten seitdem in türkischer Gewalt verblieb. Die eigentliche Grenze aber wurde erst 1699 im Karlowitzer Frieden bestimmt, in welchem der Sultan alles Land jenseit der Unna an das österreichische Kroatien abtrat. Im 16. Jahrh. fand auch die Reformation in Kroatien Eingang, wurde aber 1607-10 gewaltsam wieder ausgerottet.

In Slawonien waren die ersten bekannten Bewohner die Skordisker, später die Pannonier, welche Kaiser Augustus unterjochte. Das Land gehörte hierauf zu Pannonia inferior, hatte aber auch den Spezialnamen Pannonia Savia. Am Schluß der großen Völkerwanderung erfüllten Slawenstämme unter avarischer Oberhoheit das Land zwischen der Drau und Save und gerieten als pannonische, mit Kroaten nochmals vermischte Slawen unter fränkische Botmäßigkeit, von welcher späterhin noch das anschließende Sirmien, der einstige Gau der Römerstadt Sirmium, bei den Byzantinern den Namen "Frankochorion" führte. Das Zwischenstromland der Drau und Save geriet seit dem Emporkommen der chorwatischen Fürstenmacht unter deren Herrschaft und hieß bei den Magyaren Tótország, Slavonia im lateinischen, "windisches" Land im deutschen Sprachgebrauch, zum Unterschied vom südlich angrenzenden Altkroatien (magyar. Horvátország), seitdem die Magyaren um 1091 es mit Ungarn als Provinz vereinigt hatten und hier ein Bistum, das Agramer, errichteten. Nachdem sie auch um Sirmien viele Kämpfe mit dem griechischen Kaiserreich bestanden, behielten sie es seit 1165 für immer. Erst seit 1491-1516 gesellte sich zu dem ungarischen Königstitel rex Dalmatiae et Croatiae (Türkisch- und Hochkroatien) der Beisatz et Slavoniae. Infolge der türkischen Eroberung wurde ein Teil Slawoniens später (s. oben) als "Kroatien" von "Slawonien" im engern Sinn (Veröcze, Požsega und Sirmien) geschieden. Die Türkenherrschaft verschlang großenteils diese Gebiete. Unter Kaiser Leopold I. wurde ganz Slawonien zurückerobert und im Karlowitzer Frieden 1699 an Österreich abgetreten.

Das Litorale entwickelte sich einerseits aus den Hafenstädten Fiume (s. d.) und Porto-Rè unter Karl VI. als innerösterreichisches Litorale, anderseits aus den 1746-48 kameralisierten Gütern der erloschenen Grafenhäuser Frangipani und Zriny mit Tersat als Vorort und wurde seither als österreichisches Litorale unter die Aufsicht des Wiener Hofkommerzienrats und der Triester Seebehörde gestellt. Im engern Sinn schloß diese Bezeichnung das Gebiet von Fiume aus. 1776 wurde das österreichische Litorale aufgehoben, der Strand in drei Komitate verteilt und mit Kroatien vereinigt. Die Stadt Fiume, welche Kaiser Friedrich III. von den Herren von Walsee 1471 gekauft hatte, war bis 1746 autonom, wurde 1776 dem Königreich Kroatien zeitweilig einverleibt, 1779 aber als ein für sich bestehender und integrierender Teil der ungarischen Krone erklärt. Nach Beendigung der französischen Revolutionskriege blieb Fiume seit 1823 wieder mit der ungarischen Krone vereinigt.

Von 1767 bis 1777 wurden Kroatien, Slawonien und Dalmatien "Illyrien" genannt und von einer illyrischen Hofdeputation in Wien regiert. Später bildete jedes dieser Gebiete ein besonderes Königreich, doch blieben die Militärgrenzen getrennt und behielten ihre besondere militärische Verfassung. 1809-13 gehörte das Gebiet rechts der Save zum französischen Kaiserreich und bildete die beiden illyrischen Provinzen Croatie civile und Croatie militaire. Seit 1814 galten Kroatien und Slawonien wieder als Landen der ungarischen Krone, als "partes adnexae", wie die Magyaren, "regna socia", wie die Kroaten sagen, doch mit selbständiger Verwaltung und Sprache und besondern Munizipalfreiheiten, wie namentlich dem Vorrecht, daß Kroatien nur die halbe Reichssteuer entrichtete und dieselbe vom Agramer Landtag selbständig umgelegt wurde. Als daher Ungarn um 1840 die magyarische Sprache als offizielle Sprache einzuführen sich bemühte, wurden die Kroaten erbittert, und ihnen schlossen sich die stammverwandten Slawen Ungarns an. Graf Draskovics war das Haupt der kroatischen "nationalen" Partei, welche Kroaten, Slowenen und Serben zu einem illyrischen Volk, die Königreiche Kroatien, Slawonien und Dalmatien zu einem dreieinigen Königreich vereinigen wollte, und wurde von Ludwig Gaj auf publizistischem Gebiet in seinen Bestrebungen unterstützt. Bei den Komitatswahlen 1842 kam es zu blutigen Zusammenstößen zwischen der magyarischen und illyrischen Partei, doch siegte die letztere.