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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Kühner - Kuilu.

bald in der Charakteristik geltend macht; sie ist für die halb poetisierende, halb kritisch reflektierende Schaffensweise der jungdeutschen Schule besonders typisch.

2) August, unter dem Pseudonym Johannes van Dewall bekannter Romanschriftsteller, geb. 28. Nov. 1829 zu Herford in Westfalen als Sohn eines Offiziers, kam 1841 ins Kadettenkorps zu Bensberg, später nach Berlin und wurde 1848 Gardeartillerieoffizier. 1857 bei der Pulverexplosion zu Mainz verwundet, zeichnete er sich dabei durch so große Entschlossenheit aus, daß er dekoriert wurde. Den Feldzug von 1866 machte er bei der Division Fransecky mit, garnisonierte dann in Wiesbaden und kommandierte 1870/71 eine Batterie der 22. Division mit Auszeichnung. Nachdem er 1875 als Oberstleutnant seinen Abschied genommen, ließ er sich in Wiesbaden nieder, wo er 16. April 1883 starb. Schon 1864 hatte er eine "Geschichte des dänischen Feldzugs" geschrieben, welcher 1868 "Skizzen aus dem Feldzug von 1866" folgten, die durch frische, anschauliche Darstellung ansprachen. Später wandte er sich der Belletristik zu und schrieb eine ansehnliche Reihe von Romanen, von denen wir "Eine große Dame" (Stuttg. 1871), "Der rote Baschlik" (1871), "Der Ulan" (1872), "Der Spielprofessor" (1872), "Vermißt" (1874), "Strandgut" (1875), "Unkraut im Weizen" (1876), "Auf schiefer Ebene" (1878), "Die beiden Russinnen" (1880) und "Nadina" (1880) als die bedeutenden anführen. K. erscheint darin als ein gewandter und angenehmer Erzähler, der die große Welt kennt und von ihr treffende Sittenbilder gibt. Ein hübsches humoristisches Talent hat er in seinen "Kadettengeschichten" (Stuttg. 1877) an den Tag gelegt.

3) Moritz, Militärschriftsteller, geb. 26. Jan. 1835, wurde 1853 preußischer Offizier, besuchte die Kriegsakademie, war bis 1866 Lehrer an der Kriegsschule zu Erfurt, stand während des Feldzugs in Böhmen im Generalstab des 1. Armeekorps, im deutsch-französischen Krieg im Stab des Oberbefehlshabers der Küstenprovinzen, dann als Generalstabsoffizier im Oberkommando der Maasarmee und ist jetzt Oberst und Regimentskommandeur in Wesel. Er schrieb: "Die Schlagfähigkeit unsrer neuen Armeekorps im April 1867" (Kassel 1867); "Der Krieg im Hochgebirge und die Divisionsübungen in Tirol im September 1875" (Berl. 1876); "Kritische und unkritische Wanderungen über die Gefechtsfelder der preußischen Armeen in Böhmen 1866" (das. 1870-78, 3 Hefte; in mehreren Auflagen erschienen). Letzteres Werk ist als Lehrbuch für den taktischen Unterricht am Stabsoffizierkurs der Infanterie in Österreich eingeführt worden.

Kühner, Raphael, namhafter Philolog und Schulmann, geb. 22. März 1802 zu Gotha, studierte seit 1821 in Göttingen, wirkte 1824-63 als Professor am Lyceum zu Hannover und starb 16. April 1878 daselbst. Seine Hauptwerke sind: "Ausführliche Grammatik der griechischen Sprache" (Hannov. 1834-1835, 2 Bde.; 2. Bearb. 1869-71) und "Ausführliche Grammatik der lateinischen Sprache" (das. 1877 bis 1879, 2 Bde.), beide durch Verwertung der neuern Forschungen, namentlich der Sprachvergleichung, ausgezeichnet. Teils Vorläufer derselben, teils Anwendungen auf die Schule sind der "Versuch einer neuen Anordnung der griechischen Syntax" (Hannov. 1829), "Sämtliche Anomalien des griechischen Verbum" (das. 1831), die "Kurzgefaßte Schulgrammatik der griechischen Sprache" (das. 1836, 6. Aufl. 1881), die "Elementargrammatik der griechischen Sprache" (das. 1837, 30. Aufl. 1880) sowie die "Elementargrammatik der lateinischen Sprache" (das. 1841, 43. Aufl. 1884), die "Lateinische Vorschule" (das. 1842, 18. Aufl. 1878) und die "Schulgrammatik der lateinischen Sprache" (das. 1842, 5. Aufl. 1861; seit 1863 "Kurzgefaßte Schulgrammatik der lateinischen Sprache", 4. Aufl. 1880). Damit in Verbindung stehen die "Anleitung zum Übersetzen aus dem Deutschen in das Lateinische" (Hannov. 1842 u. öfter, 3 Abtlgn.) und die "Anleitung zum Übersetzen aus dem Deutschen und Lateinischen in das Griechische" (das. 1846 bis 1847, 3 Abtlgn.). Sonst gab er heraus: Ciceros "Tuskulanen" (Jena 1829; 5. Aufl., Hannov. 1874); Xenophons "Memorabilien" (mit lat. Kommentar, Gotha 1841, 2. Aufl. 1858; mit deutschen Anmerkungen, Leipz. 1862, 4. Aufl. 1882) und Xenophons "Anabasis" (Gotha 1852).

Kühnes Desinfektionsmittel s. Übermangansäure.

Kuhpilz, s. Boletus.

Kuhpocken, s. Impfung.

Kuhreigen (Kuhreihen, franz. Ranz des vaches), eine jetzt nur selten mehr gehörte einfache Melodie, welche von den Schweizer Alpenhirten beim Aus- und Eintreiben des Viehs gesungen oder auf dem Alphorn geblasen wird. Sie ist nicht durch die ganze Schweiz gleich, jedoch der Grundtypus überall derselbe. Sammlungen von K. gaben Wyß und Huber ("Sammlung von Schweizer K. etc.", Bern 1815) und Huber ("Recueil de ranz des vaches etc.", St. Gallen 1830) heraus. Die älteste Aufzeichnung des Kuhreigens findet sich in G. Rhaws "Bicinia" (1544).

Kuhreiher, s. v. w. Rohrdommel.

Kuhstall, ein eigentümliches massiges Felsengebilde in Gestalt eines breiten, flach gedrückten Thordurchgangs bei Lichtenhain in der sächs. Kreishauptmannschaft Dresden, 380 m ü. M., ein oft besuchter Punkt der Sächsischen Schweiz. Den Namen K. soll es haben, weil die Bauern der umliegenden Dörfer im Dreißigjährigen Krieg ihr Vieh dahin flüchteten.

Kuhstar, s. v. w. Kuhvogel.

Kuhvogel (Kuhstar, Molothrus Sws.), Gattung aus der Ordnung der Sperlingsvögel, der Familie der Stärlinge (Icteridae) und der Unterfamilie der Schwarzvögel (Quiscalinae), Vögel mit kurzem, konischem, fast geradem, sehr spitzem Schnabel, ziemlich langen, spitzen Flügeln, in denen die drei ersten Federn gleich lang sind, mittellangem, abgestutztem Schwanz und zierlichen, mittelhohen Füßen mit dünnen Zehen und wenig gebogenen Krallen. Der gemeine K. (M. pecoris Sws., s. Tafel "Sperlingsvögel II"), 19 cm lang, 30 cm breit, ist bräunlichschwarz mit rußbraunem Kopf und Hals, dunkelbraunem Auge, Fuß und Schnabel, findet sich weitverbreitet in Nordamerika, in den nördlichen Staaten von März bis Oktober, besonders an Sümpfen, auf Wiesen und erscheint oft auf dem Rücken des weidenden Viehs, um die Schmarotzer abzulesen. Er lebt gesellig, niemals paarweise, lebt in Vielehigkeit und legt seine verhältnismäßig kleinen, blaß blaugrauen, braun gefleckten und gestrichelten Eier einzeln in fremde Nester wie der Kuckuck.

Kuhweide, s. Koppelweide.

Kuilenburg (spr. keulenbörch, Culenborg), Stadt in der niederländ. Provinz Geldern, an der Utrecht-Boxteler Eisenbahn, am Lek (mit einer 1300 m langen Eisenbahnbrücke), hat Fabrikation von Bändern und Stühlen, Ackerbau, Handel, Schiffahrt und (1884) 6798 Einw.

Kuilu (Quillu), 1) Fluß an der Loangoküste in Westafrika, entspringt als Niadi auf dem Scheide-^[folgende Seite]