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Lambert - Lambert von Hersfeld.
dessen Sohn Gustav Joachim, geb. 21. Dez. 1812 zu Wien, gest. 3. Febr. 1862, Vater des gegenwärtigen Hauptes der fürstlichen Linie, des Fürsten Karl von L., geb. 24. Febr. 1845, österreichischen erblichen Reichsrats, war. Zur Linie Ortenegg-Ottenstein, die 1636 in den Grafenstand und 1667 in den Reichsgrafenstand erhoben wurde, gehörte Franz Philipp, Graf von L., geb. 30. Nov. 1791; dieser machte als Leutnant 1810 den Feldzug in Italien mit, war 1814-18 mit der großen Armee in Frankreich, kam 1821 als Eskadronskommandant in ein Chevaulegers-Regiment und stieg bis 1842 zum Feldmarschallleutnant und Divisionär zu Graz. Obgleich kein geborner Ungar, saß er doch wegen seiner Güter in Ungarn an der Magnatentafel. Auf dem letzten Preßburger Landtag neigte er sich sehr zur Opposition, verließ sodann aber die revolutionäre Partei und wurde im September 1848 vom Kaiser zum Generalkommandeur der militärischen Macht und provisorisch zum Palatin von Ungarn ernannt, aber von dem Reichstag nicht anerkannt und 28. Sept. auf der Brücke zu Pest von dem Pöbel ermordet. Sein ältester Sohn, Franz Emmerich von L., geb. 30. April 1832, diente in der österreichischen Armee, ist k. k. Kämmerer und Erblandstallmeister von Krain und gegenwärtiges Haupt der Linie.
Lambert, 1) John, engl. General, stammte aus angesehener Familie, war im Anfang des englischen Bürgerkriegs Advokat, trat dann in die Parlamentsarmee, kämpfte als Oberst in den Schlachten bei Marston-Moor und Naseby, hatte im August 1648 als Generalmajor hervorragendes Verdienst an dem Sieg bei Preston und nahm 25. Aug. den Führer der schottischen Armee, Hamilton, gefangen. Demnächst begleitete er Cromwell nach Schottland und zeichnete sich in der Schlacht bei Dunbar aus. 1654 arbeitete er die Verfassung aus, kraft deren Cromwell das Protektorat übernahm, und trat in den Staatsrat der Republik. 1657 aber widersetzte er sich dem Plan, Cromwell die Königswürde zu übertragen, legte seine Ämter nieder und zog sich nach seinem Landgut Wimbledonhouse zurück. Nach Cromwells Tode trat er wieder hervor, führte die Sache der Armee gegen den Sohn des Protektors, Richard Cromwell, und wurde vom Rumpfparlament zum zweiten Befehlshaber des Heers ernannt. Monks Restaurationsversuchen widersetzte er sich vergebens, wurde zur Unterwerfung genötigt, nach der Thronbesteigung Karls II. zum Tod verurteilt, vom König aber begnadigt. Er starb 1694 in völliger Vergessenheit auf Guernsey.
2) Johann Heinrich, Philosoph und Mathematiker, geb. 29. Aug. 1728 zu Mülhausen im Sundgau, widmete sich privatisierend als Autodidakt dem Studium der Mathematik, Philosophie und der morgenländischen Sprachen, bis er 1764 von Friedrich II. zum Oberbaurat und Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Berlin ernannt wurde, wo er 25. Sept. 1777 starb. Er begründete die Photometrie als Wissenschaft in seiner "Photometria seu de mensura et gradibus luminis, colorum et umbrae" (Augsburg 1760), entwickelte die wissenschaftlichen Grundsätze der Kartographie in seinen "Beiträgen zum Gebrauch der Mathematik" (Berl. 1765-72, 4 Bde.) und lieferte in seiner "Freien Perspektive" (Zürich 1774) wichtige Vorarbeiten für die darstellende Geometrie. In der Philosophie leistete er besonders der analytischen Logik wesentliche Dienste durch sein von Kant hochgeschätztes "Neues Organon, oder Gedanken über die Erforschung und Beziehung des Wahren" (Leipz. 1764, 2 Bde.) und durch die "Anlage zur Architektonik oder Theorie des Einfachen und Ersten in der philosophischen und mathematischen Erkenntnis" (Riga 1771, 2 Bde.). Auch ist seiner "Kosmologischen Briefe über die Einrichtung des Weltbaues" (Augsb. 1761) zu gedenken. Sein Briefwechsel ward herausgegeben von Bernoulli (Berl. 1782-84, 5 Bde.); der mit Kant findet sich in der Gesamtausgabe der Werke Kants. 1828 wurde ihm in seiner Vaterstadt ein Denkmal errichtet. Vgl. Huber, Joh. Heinr. L. nach seinem Leben und Wirken (Basel 1829); Zimmermann, L., der Vorgänger Kants (Wien 1879); Lepsius, J. H. L., eine Darstellung seiner kosmologischen und philosophischen Leistungen (Münch. 1881).
3) Botaniker, s. Lamb.
Lambert von Avignon, Franz, Reformator Hessens, geb. 1486 zu Avignon, trat daselbst in den Franziskanerorden, verließ aber, durch Luthers Schriften der Sache der Reformation gewonnen, 1522 das Kloster, hielt sich 1523-24 bei Luther in Wittenberg auf, zog dann über Metz nach Straßburg, ward von hier aus durch Bucer an den Landgrafen von Hessen empfohlen, wo er 1516 auf der Homberger Synode die leitende Rolle übernahm und eine Kirchenverfassung auf breitester demokratischer Grundlage zur Annahme brachte. Nachdem Luther dieselbe für unbrauchbar erklärt hatte, ließ Landgraf Philipp sie fallen; L. aber lehrte von 1527 bis zu seinem 1530 erfolgten Tod an der Universität Marburg. Sein Leben beschrieben Baum (Straßb. 1840), Hassenkamp (Elberf. 1860) und Ruffet ("Lambert d'Avignon, le réfórmateur de la Hesse", Par. 1873).
Lambert von Hersfeld (früher irrtümlich L. von Aschaffenburg genannt), wichtiger Quellenschriftsteller für deutsche Geschichte, wahrscheinlich aus Thüringen gebürtig, war ein vermögender Mann, erhielt eine ausgezeichnete Schulbildung und trat 15. März 1058 als Mönch in das Benediktinerkloster Hersfeld ein. Im Herbst machte er eine Reise nach dem Gelobten Land und erwarb sich nach seiner Zurückkunft sowohl durch Abfassung historischer Werke als durch die Verbesserung der Disziplin seines Ordens Verdienst. Er starb um 1088 zu Hersfeld (nach andern im Kloster Saalfeld). Sein erstes Werk, ein Epos über die Geschichte seiner Zeit, ist verloren gegangen. Auch von seiner "Geschichte des Klosters Hersfeld" sind nur geringe Bruchstücke erhalten. Sein Hauptwerk, die "Annales" (1525 zum erstenmal gedruckt; die neueste Ausgabe in Pertz' "Monumenta Germaniae historica", Bd. 3 u. 5; auch besonders herausgegeben, Hannov. 1843; deutsch von Hesse, 2. Aufl., Leipz. 1880), welches die Geschichte der Welt von den ältesten Zeiten bis 1077 umfaßt, jedoch nur die Zeit von 1040 an selbständig darstellt und von 1069 ab eine ausführliche, umfassende Darstellung gibt, zeichnet sich durch Deutlichkeit und Anmut der Schreibart sowie durch geschickte Anordnung aus; er zeigt sich über die gleichzeitigen Ereignisse, den Aufstand der Sachsen und den Beginn des Investiturstreits, ziemlich gut unterrichtet, wenn auch Irrtümer und ungegründete Nachrichten sich bei ihm finden, und bestrebt sich auch, unparteiisch zu sein. Seiner Parteistellung nach war er Anhänger des Papsttums, und seine Beurteilung Heinrichs IV. ist von den verleumderischen Berichten der Gegner des Kaisers bestimmt und daher ungerecht. Holtzmann hält L. auch für den Verfasser des schönen altdeutschen Annoliedes, auch die "Vita Lulli" wird ihm zugeschrieben. Vgl. Ranke, Zur Kritik frän-^[folgende Seite]