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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Linse; Linsen; Linsenbaum; Linsenerz; Linsenmann; Linse, spanische

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Linse (Pflanze) - Linsenmann.

Punkt a. Ein von der andern Seite her durch die L. blickendes Auge empfängt daher die von dem Gegenstand AB ausgehenden Strahlen so, als kämen sie von dem verkleinerten, aufrechten, scheinbaren Bild ab. Wegen dieser verkleinernden Wirkung nennt man die Hohllinsen auch wohl Verkleinerungsgläser. Hohllinsen können von Gegenständen niemals andre als "scheinbare" (virtuelle) Bilder liefern, weil sie die von jedem Punkt ausgehenden Strahlen noch stärker auseinander lenken oder "zerstreuen"; man nennt sie aus diesem Grund auch Zerstreuungslinsen. Nur die gewölbten (konvexen) Linsen vermögen die von einem Punkt ausfahrenden Strahlen, falls dieser Punkt um mehr als die Brennweite von der L. entfernt ist, jenseits in einem Punkt zu vereinigen oder zu "sammeln" und werden deshalb auch Sammellinsen genannt. Aus denselben Gründen kann man die "scheinbaren" Bilder Zerstreuungs-, die "wirklichen" Sammelbilder nennen. - Bezeichnet man mit a die Entfernung des Lichtpunktes, mit b diejenige des zugehörigen Bildpunktes von einer L. und deren Brennweite mit f, so gilt sowohl für konvexe als für konkave Linsen die Beziehung ^[img], nur ist für konkave Linsen die Brennweite f negativ zu nehmen. Ist der Bildpunkt ein virtueller, so ergibt sich hieraus seine Entfernung negativ.

Alles bisher Gesagte gilt nur von Linsen mit sehr kleiner Öffnung; unter der Öffnung einer Linsenfläche versteht man nämlich den Winkel, welchen die von zwei gegenüberliegenden Punkten des Randes nach dem Mittelpunkt der Kugelfläche, von welcher die Linsenfläche ein Teil ist, gezogenen Geraden miteinander bilden. Ist die Öffnung nicht sehr klein, so werden die am Rande der L. (VW, Fig. 11) einfallenden Strahlen verhältnismäßig stärker abgelenkt als die auf die Mitte treffenden und schneiden daher die Achse in einem Punkt G, welcher der L. näher liegt als der Brennpunkt F der mittlern oder "Zentralstrahlen". Die stetige Reihe der Durchschnittspunkte der vom Rand nach der Mitte hin aufeinander folgenden gebrochenen Strahlen bilden eine sogen. Brennlinie (Diakaustik); eine solche L. kann daher nur undeutliche Bilder liefern. Um auch die Randstrahlen nach dem Punkt F zu lenken, müßte man den Linsenflächen eine andre als die kugelförmige Gestalt geben. Man nennt daher diesen Fehler die Abweichung wegen der Kugelgestalt oder die sphärische Aberration. Da es aber sehr schwierig ist, andre gekrümmte Flächen herzustellen, so behält man die Kugelflächen dennoch bei und sucht durch geeignete Wahl der Krümmungshalbmesser diese Abweichung der Strahlen möglichst klein zu machen. Ein andrer Fehler, die Farbenabweichung oder chromatische Aberration, beruht auf der Farbenzerstreuung (s. Achromatismus). Eine Zusammensetzung von Linsen, bei welcher sowohl die sphärische als die chromatische Aberration möglichst beseitigt sind, heißt aplanatisch. Vgl. Brennweite. - Über die L. (Kristalllinse) des Auges, s. Auge, S. 74.

^[Abb.: Fig. 11. Sphärische Aberration.]

Linse (Erve, Lens Tourn., Ervum L.), Gattung aus der Familie der Papilionaceen, niedrige, aufrechte oder fast kletternde Kräuter mit zwei- bis vieljochig gefiederten, in Stachelspitze oder Ranke endenden Blättern, kleinen, einzeln oder in armblütigen Trauben stehenden Blüten, zusammengedrückter, einfächeriger, ein- bis zweisamiger Hülse und stark zusammengedrückten, linsenförmigen Samen. Wenige Arten in den Mittelmeerländern. Die gemeine L. (L. esculenta Mönch, E. Lens L.), aus Südeuropa und dem Orient stammend, 15-45 cm hoch, behaart, hat meist sechspaarig gefiederte, wechselständige Blätter, längliche, gestutzte Fiedern, einfache oder geteilte Ranken, ein- bis dreiblütige Trauben, langgestielte, weiße, lilafarben geäderte oder bläuliche Blüten und elliptisch-rautenförmige, zweisamige, kahle Hülsen. Man kultiviert die L. in mehreren Varietäten: die Winterlinse, in Süddeutschland als Winterfrucht gebaut, körner- und strohreich; die Pfenniglinse, mit sehr großen, mehlreichen, wohlschmeckenden Körnern; die rote, weiße, schwarze L., mit sehr kleinen, schwarzen Körnern; die Algarobas, mit großen, grauen, schwarzfleckigen Körnern. Die L. ist eine der am schwierigsten zu bauenden Früchte, gedeiht am besten auf leichtem Kalkmergel mittlerer Qualität, verlangt dieselbe Bodenbehandlung wie die Gerste, besonders unkrautfreien Boden, und muß auch auf den Platz der Gerste hinsichtlich der Fruchtfolge kommen. In nicht ganz geeignetem Boden ist eine Schutzfrucht nötig, als welche man gewöhnlich Gerste wählt. Nach Vorbereitung des Landes im Herbst säet man, nachdem die Gerste bestellt ist, und zwar auf 1 Hektar bei reinem Bestand und breitwürfiger Saat 2,15-3,2 Neuscheffel, eggt und walzt. Zeigt die junge Saat viel Unkraut, so muß man jäten lassen. Vorteilhafter ist die Drillkultur, bei welcher man das Unkraut mit der Pferdehacke vertilgen kann. Man rechnet im allgemeinen 14-18 Wochen Vegetationsdauer, erntet, wenn die untern Hülsen zur Reife gekommen sind, und erhält vom Hektar 17-34,5 Neuscheffel nebst 783-1175 kg Stroh, welches viel besser ist als Erbsenstroh. Werden die in Schwaden liegenden Linsen naß, so entsteht durch Aufspringen der Hülsen großer Verlust. Die Keimfähigkeit dauert drei Jahre. Ein Neuscheffel Linsen wiegt 40 kg. Die Linsen haben, wie alle Hülsenfrüchte, hohen Nahrungswert und sind leichter verdaulich als Erbsen. Sie werden wie diese gegessen; den Beduinen dienen sie als Brotfrucht. Sie enthalten im Mittel 24,81 Proz. eiweißartige Körper, 54,78 Proz. Stärke und Dextrin, 1,85 Proz. Fett, 3,58 Proz. Zellstoff und 2,47 Proz. Salze, besonders Kali und Phosphorsäure und 12,51 Proz. Wasser. Die L. ist uralte Kulturpflanze, sie war Ägyptern und Hebräern wohl bekannt; in Athen aß sie in der Mitte des 5. Jahrh. nur das niedere Volk. Cato lehrt in seiner Landwirtschaft Linsen säen. Über die Alpen kam die L. dann nach Deutschland.

Linse, spanische, s. Lathyrus.

Linsen, in der Geologie, s. Lager, S. 404.

Linsenbaum, s. v. w. Bohnenbaum, s. Cytisus.

Linsenerz, s. Eisenoolith und Lirokonit.

Linsenmann, Franz Xaver, kath. Theolog, geb. 28. Nov. 1835 zu Rottweil, studierte seit 1854 in Tübingen, wo er 1861 als Repetent an der katholisch-theologischen Fakultät, 1867 außerordentlicher, 1872