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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Miltiădes; Miltitz; Milton

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Miltiades - Milton.

schule, Mahl-, Schneide-, Öl- und Gipsmühlen, Wein- und Obstbau, Schiffbau, Schiffahrt, Handel und (1885) 3627 meist kath. Einwohner. Hier Denkmal der am 11. April 1814 bei der Mainüberfahrt ertrunkenen sächsischen Freiwilligen. Unweit der Stadt das alte Bergschloß Miltenburg.

Miltiădes, Sohn Kimons, aus dem Geschlecht der Philaiden, athen. Feldherr, war 524 v. Chr. Archon in Athen, erbte nach dem Tod seines Bruders Stesagoras 518 die von seinem Oheim M. 559 erworbene Herrschaft über die Dolonker auf der thrakischen Chersonesos, eroberte Lemnos und nahm 515 an dem Zug des Königs Dareios gegen die Skythen teil, wo er mit den Ioniern die Bewachung der Donaubrücke übertragen erhielt und vorschlug, dieselbe abzubrechen und so den König nebst seinem Heer dem Verderben preiszugeben. Histiäos verhinderte jedoch die Ausführung dieses Plans. Auf die Nachricht von dem Anzug der persischen Flotte 494 nach Athen zurückgekehrt, ward er zwar wegen seiner Tyrannis in der Chersonesos angeklagt, indessen freigesprochen. Beim Herannahen des persischen Heers unter Datis und Artaphernes gegen Attika zu einem der zehn Strategen erwählt, gewann er 12. Sept. 490 den glänzenden Sieg bei Marathon und vereitelte darauf den Versuch der Perser, Athen mit ihrer Flotte zu überrumpeln. Da ihm 489 auf dem Rachezug der Athener gegen die Inseln im Ägeischen Meer, die zu den Persern abgefallen waren, die Belagerung von Paros mißlang, ward er von dem undankbaren Volk zu einer Strafe von 50 Talenten verurteilt und, da er dieselbe nicht entrichten konnte, ins Gefängnis geworfen, wo er bald darauf an einer auf Paros erhaltenen Verletzung starb.

Miltitz, Karl von, geboren um 1490, widmete sich dem geistlichen Stand, ward Kanonikus in Mainz, Trier und Meißen, 1515 päpstlicher Notar und Kämmerer zu Rom und 1518 als päpstlicher Nunzius nach Sachsen gesandt, um Luther zum Schweigen zu bewegen und den Kurfürsten Friedrich den Weisen von dessen Sache abzuziehen. Er hatte im Januar 1519 mit Luther eine Unterredung in Altenburg, später auch in Liebenwerda und Lichtenberg, ohne jedoch die gewünschten Resultate zu erreichen, und ertrank auf seiner Rückreise im Main bei Steinau.

Milton (spr. millt'n), John, einer der größten Dichter Englands und einer der reinsten und festesten Charaktere aller Zeiten, war zu London 9. Dez. 1608 geboren und stammte aus einer begüterten Familie, welche ihren Sitz auf dem Landgut Milton bei Thame in Oxfordshire hatte. Sein Vater war indessen wegen seines Übertritts zum Protestantismus von dem streng katholischen Großvater enterbt worden und betrieb damals in London die Geschäfte eines Notars. Seine Erziehung erhielt M. zuerst im elterlichen, streng puritanischen Haus, dann in der Schule von St. Paul, bis er 1624 in seinem 15. Jahr in das Christchurch College zu Cambridge eintrat. Hier setzte der frühreife Jüngling, unberührt von dem jugendlichen Treiben seiner Genossen, das in London begonnene Studium der alten Klassiker fort, versuchte sich selbst bereits im Dichten in englischer wie in lateinischer Sprache (z. B. "Hymne on the nativity") und bewies einen so eisernen Fleiß, daß er augenleidend wurde und den Grund zu seiner spätern Blindheit gelegt haben soll. Den mädchenhaft schönen, von den Kameraden neckend die "Lady of Christchurch" genannten M. empörte indes die Methode des englischen gelehrten Unterrichts, der auf bloße mechanische Abrichtung hinauslief, und dem Vorschlag seines Vaters, Theolog zu werden, trat er mit der Erklärung entgegen, daß er sich nie zu dem Sklavendienst herabwürdigen werde, die Artikel der bischöflichen Kirche zu unterschreiben. Diese puritanische Strenge bewies er sein ganzes Leben hindurch. Nachdem er 1628 Bakkalaureus und 1632 Magister der freien Künste geworden war, verließ er Cambridge, um zu seinem Vater zurückzukehren, der damals zu Horton in Buckinghamshire wohnte. Fünf Jahre lang war es ihm vergönnt, dort auf dem freundlichen Landsitz der Eltern seinen Studien obzuliegen, und zwar waren es Shakespeare und seine Zeitgenossen, mit denen der Jüngling sich vorzugsweise beschäftigte. Wenn er aber auch bekennt, daß vor Shakespeares Größe "der Betrachter zu Stein erstarre", so erklärt er anderseits dessen Werke für "kunstlose Lieder" und legte damit den Grund zu der ein Jahrhundert lang festgehaltenen Vorstellung von Shakespeare als einem kunstlosen Naturdichter. Wie sehr M. außerdem namentlich Ben Jonson um diese Zeit studierte, beweist der "Comus" (deutsch von Julian Schmidt, Berl. 1860), ein Maskenspiel allegorischer Art, wie diese besonders seit Jakob I. am englischen Hof Mode waren. Die Anlehnung des "Comus" an Szenerie und Idee Ben Jonsonscher "Masken" hat Gifford im einzelnen nachgewiesen. Während aber den frühern englischen Maskendichtern eine moralische Tendenz fern lag, verfolgt der streng puritanische M. ausgesprochenerweise eine solche. Im "Comus" wird der Sieg der Keuschheit über die Versuchung an einem jungen Mädchen dargestellt, welches von den ausgelassenen Geistern der Nacht, Comus und seinem Gefolge, umschwärmt wird. Ferner entstanden damals die "Arcadia", die Elegie "Lycidas", eine Klage um den Tod eines Freundes, und die berühmten Gedichte: "L'allegro" ("Der Heitere") und "Il penseroso" ("Der Gedankenvolle", beide erst 1645 in den "Juvenile poems" erschienen; zuletzt hrsg. von Hunter, Land. 1883), in denen sich am deutlichsten die Gemütsrichtung Miltons offenbart. Im "Allegro" besingt er die lachende Schönheit der Erde, den Zauber des englischen Waldes, die Freuden der Jagd und ländlicher Feste, das trauliche Treiben am winterlichen Herde; diesen nichtigen Freuden aber stellt er im "Penseroso" das höhere Glück des Denkers gegenüber, der im Forschen die Welt vergißt, der seine Seele nährt an den großen Geisteswerken alter Zeiten und endlich die erhabene Weisheit des Propheten erlangt. Beide Gedichte gehören wegen der Pracht und anschaulichen Wahrheit der Schilderung zu dem Schönsten, was auf dem Gebiet beschreibender Dichtung zu finden ist. So gehörte M. bereits zu den Celebritäten, als er 1638, von dem Tod seiner Mutter erschüttert, eine Reise nach dem Kontinent antrat. In Paris verkehrte er mit Hugo Grotius und hielt sich dann mehrere Jahre in Italien (Florenz, Rom) auf, wo ihn die Beschäftigung mit den italienischen Epopöen zuerst auf den Gedanken gebracht haben soll, der Litteratur seines Landes ein episches Gedicht zu geben, das mit jenen wetteifern könnte. Eben gedachte M. nach Griechenland überzufahren, als ihn die Kunde vom Ausbruch der bürgerlichen Unruhen nach England zurückrief. Anfänglich enthielt er sich hier jeder Einmischung in die öffentlichen Angelegenheiten und lebte längere Zeit in stiller Zurückgezogenheit zu London, beschäftigt mit der Erziehung und Bildung junger Leute, wobei er durch Methode und den ihm eignen Fleiß erstaunliche Resultate erzielt haben soll. Seine Mitwirkung bei den politisch-kirchlichen Ereignissen beginnt mit