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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Nähmaschine

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Nähmaschine.

muß. Bei dem nunmehr erfolgenden Anziehen der Schlinge wird dieselbe durch die Nadel und später durch die nächste Schlinge verhindert, vollständig durch den Stoff zu schlüpfen. Die am weitesten verbreitete Maschine dieser Gattung ist die von Wilcox u. Gibbs. Bei ihr ist ein rotierender Haken in Anwendung, welcher durch die Fig. 11-13 in verschiedenen Stellungen dargestellt wird. In Fig. 11 faßt soeben der Haken die Schlinge, während die Nadel sich nach aufwärts bewegt. In Fig. 12 ist der Stoff um eine Stichlänge vorwärts geschoben, die Nadel beginnt wieder herabzugehen, und die Schlinge begibt sich in die Lage, in welcher sie von der Nadel durchstochen werden kann. In Fig. 13 ist letzteres bereits geschehen, und nach einer kurzen Drehung des Häkchens tritt wieder die Stellung Fig. 11 ein, in der die nächstfolgende Schlinge erfaßt und unter gleichzeitigem Anziehen der vorigen Schlinge erweitert wird.

Der Knotenstich wird durch zwei Fäden erzeugt, von denen der Oberfaden auf der einen Seite des Stoffes eine Steppnaht bildet, während der Unterfaden sich um und durch die unterhalb des Stoffes gebildete Schlinge des Oberfadens windet (Textfig. 14). Die Naht wird vorzugsweise auf der N. von Grover u. Baker hergestellt und daher häufig Grover u. Baker-Naht genannt. Der Fadenverbrauch beträgt das 4½-6fache der Nahtlänge. Wie die Kettennaht, so läßt sich auch diese Naht auftrennen, wenn man an dem Ende a (Fig. 14) zieht. Dieser Übelstand und der starke Fadenverbrauch, verbunden mit der beträchtlichen Komplikation der Maschine, schließen sie für die gewöhnliche Näharbeit aus, weshalb hier auch auf die betreffenden Maschinen nicht näher eingegangen werden kann.

Die Spannung des Fadens ist auf die regelrechte Bildung der Schlinge und infolgedessen auf das Gelingen der ganzen Naht von großem Einfluß. Es sind daher bei allen Nähmaschinen Vorkehrungen zu treffen, um dem Faden, welcher auf einem Röllchen aufgespult zur Verwendung kommt, durch Einschaltung eines Widerstandes mehr oder weniger Spannung zu erteilen. Zu diesem Zweck wird in der Regel der Faden zwischen zwei kreisförmigen Metallplatten s (s. Tafel, Fig. 17) hindurchgeleitet, welche durch eine Feder stärker oder schwächer gegeneinander gepreßt werden können. Auch dem Unterfaden bei den Zweifadenmaschinen muß eine gewisse Spannung erteilt werden, was bei den Schiffchenmaschinen dadurch erreicht wird, daß der Faden durch eine Anzahl in der Schiffchenwand befindlicher Löcher geleitet wird, ehe er das Schiffchen (Fig. 3) verläßt, bei den Wilsonschen Maschinen mit stehender Spule hingegen durch das in Fig. 8 angedeutete Bürstchen f. Der Stoffrücker (Fig. 18 J), welcher dazu dient, den Stoff nach jedem Stich um dessen Länge automatisch vorwärts zu schieben, besteht im wesentlichen aus einem unterhalb der Nähplatte liegenden und mittels einseitig stehender Zähne, die durch einen Spalt der Platte hindurchreichen, auf den Stoff wirkenden Schlitten, welchem die zur Vorwärtsbewegung des Stoffes nötige veränderliche Bewegung auf verschiedene Weise erteilt wird. Als Beispiel sei hier nur eine der einfachsten Anordnungen, wie sie bei der Kettenstichmaschine von Wilcox u. Gibbs ausgeführt wird, mitgeteilt. In Fig. 15 ist a der Stoffrücker, welcher mit einem länglichen Loch zur Aufnahme des an der Haupttriebwelle sitzenden Kurbelzapfens b versehen ist, der durch seine Drehung um die Wellenachse den Stoffrücker aufwärts, abwärts und nach links bewegt, während die Rechtsbewegung durch eine hinter dem Stoffrücker liegende Feder bewirkt wird. Diese letztere Bewegung, welche man gewissermaßen das Ausholen des Stoffrückers nennen könnte, da bei derselben die Zähne nicht auf den Stoff wirken, wird durch eine exzentrische Scheibe c begrenzt und zwar je nach deren Stellung früher oder später. Entsprechend wird dann auch bei der folgenden Linksbewegung, während deren die Kurbel den obern Bogen beschreibt, also die Zähne des Stoffrückers in den Stoff eindrückt, der Weg kleiner oder größer ausfallen. Die exzentrische Scheibe c dient also hier zur Stichstellung. Der Zapfen d bildet eine zweite Führung des Stoffrückers. Der Stoffdrücker e kann bei allen Maschinen zum Einlegen und Ausnehmen der Näharbeit bequem gehoben und gesenkt werden. Bei der Schiffchenmaschine erfolgt die Bewegung des Stoffrückers nach Figur 4 durch die Stange b c, welche bei a einen viereckigen Rahmen besitzt, in dem sich der punktiert gezeichnete Exzenter dreht, so daß b c nicht nur hin- und hergeschoben, sondern bei b auch gedreht wird. Bei c tritt diese Stange in einen Einschnitt des Stoffrückers ein, der hierdurch die passende Bewegung erhält und durch die Feder f beim Rückgang vom Zeug fern gehalten wird. Die Stichlängenveränderung findet durch Verlegung des Drehpunktes b statt, der zu dem Zweck an dem Schieber d sitzt, welcher von einem Knopf auf der obern Fläche der Nähplatte verschoben und festgestellt wird. Auf Tafel "Nähmaschinen" sind zwei Nähmaschinen (System Singer und System Wheeler-Wilson) dargestellt, welche sowohl in der Form als in der Einrichtung typisch geworden und geblieben sind. Fig. 4 und 16 zeigen die Singer-Maschine, Fig. 4 von unten, Fig. 16 von der Seite gesehen. Hier erkennt man in P die Nähplatte, in A einen hohlen Arm zur Aufnahme einer Welle, welche, bei n durch das Zahnrad m des Handrades H angetrieben, vermittelst eines exzentrischen Zapfens die Nadelstange s vertikal bewegt. Der Faden F wickelt sich von der Spule G ab, wird vor der Platte x gespannt und in die Nadel N eingefädelt. Der Knopf p sitzt an dem Stichsteller d (Fig. 4); u ist eine Vorrichtung zum Aufspulen der Schiffchenspule. Von der Achse des Handschwungrades H wird durch ein Kegelräderpaar die Bewegung auf die vertikale Welle y (Fig. 4) übertragen. Da das Rad H eine Nute hat, so kann die Maschine auch durch einen Fußtritt oder eine Transmissionsschnur angetrieben werden. Fig. 17 ist die Seiten-, Fig. 18 die Vorderansicht mit abgenommener Nähplatte A einer Wheeler-Wilson-N. Der feste Arm B trägt den Stoffdrücker d, der durch den Knopf k gehoben werden kann. Man sieht bei E E' E'' die Welle mit dem Greifer G, bei D den Antriebsriemen vom Fußtritt, bei M die Brille zum Festhalten der Spule und bei J J den Stoffrücker, welcher von einer mit der Welle sich drehenden

^[Abb.: Fig. 14. Knotenstich.]