Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Olympia; Olympiade

385

Olympia - Olympiade.

Pisaten errichtet (um 450 v. Chr.); als Baumeister wird Libon genannt. Es war ein dorischer Peripteros, an Größe fast dem attischen Parthenon gleich, mit 6×13 Säulen, aus mit feinem Stuck überzogenem Muschelkalk, der Unterbau aus Kalkstein, dagegen das Dach, die Architektur im Innern der Cella sowie der plastische Schmuck der beiden Giebelfelder (im östlichen die Vorbereitungen zum Wettkampf zwischen Pelops und Önomaos von Päonios aus Mende, im westlichen der Kampf der Lapithen und Kentauren von Alkamenes) und der je sechs Metopen über dem Eingang zum Vortempel und zum Hinterhaus (Opisthodom), die Thaten des Herakles darstellend aus weißem Marmor. Das Innere enthielt in einem besondern Raum der Cella das größte und schönste Werk hellenischer Plastik, die berühmte Kolossalstatue des thronenden Zeus von Pheidias, aus Gold und Elfenbein nach der Schilderung Homers gearbeitet. In der Nähe des Opisthodoms stand der wilde Ölbaum, von dem ein Knabe mit goldenem Messer die Kränze für die Sieger abschnitt, und zwischen dem Tempel und dem großen Altar vier Säulen mit einem Dach, die eine Holzsäule als Rest vom Haus des Önomaos schützten. Von andern Baulichkeiten innerhalb der Altis sind durch die Ausgrabungen bloßgelegt worden: an der Nordwestecke das der Hestia geweihte Prytaneion, worin den Siegern ein Festmahl gegeben wurde; südlich davon das Philippeion, eine mit Bildsäulen geschmückte Rotunde, von Philipp von Makedonien nach der Schlacht bei Chäroneia errichtet, und an der Südseite der Altis das Buleuterion, das Sitzungslokal der Kampfrichter, mit einer Statue des Zeus Horkios (Schwurgott). Den östlichen Abschluß der Altis bildeten zwei von N. nach S. gestreckte Hallen, die sogen. Echohalle, 100 m lang, und die Südosthalle, welche Nero zu einem Wohnhaus für seinen berüchtigten olympischen Aufenthalt umbaute. Außerdem ist eine große Anzahl von Fußgestellen und größern Unterbauten für Siegerstatuen, Gruppen, Weihgeschenke etc. aufgedeckt worden. An der Nordseite der Altismauer lagen an dem vortretenden Fuß des Kronoshügels von W. nach Osten die Exedra des Herodes Atticus und zwölf Schatzhäuser verschiedener Städte: Sikyon, Metapontion, Megara, Gela. Letzteres grenzte im Osten an das Stadion, die Rennbahn für die Wettläufer (von W. nach Osten 192 m lang), von dem weiter östlich der Hippodrom, die doppelt so lange Anlage für Wettrennen und Wettfahrten mit Rossen und Wagen, sich erstreckte. In der Nähe des letztern stand ein Tempel der Demeter, dessen Priesterin das Ehrenrecht hatte, den Kampfrichtern gegenüber dem Kampf zuzuschauen. Von Bauten und Bauanlagen außerhalb der Altis sind entdeckt worden: an der Westseite nördlich das Gymnasion mit den Wohnungen und Übungslaufbahnen der Wettläufer, südlich davon die Palästra mit einem dorischen Binnenhof, dann ein Gebäudekomplex, in welchem ein Heroon, die Werkstätte des Pheidias, Priesterwohnungen und eine byzantinische Kirche enthalten sind, und ganz im S. der umfangreichste Profanbau von O., welcher für ein Absteigequartier für Ehrengäste in der römischen Zeit gehalten wird und mit dem von Pausanias erwähnten Leonidäon identisch sein soll. Der Eingang in die Altis, diesem Gebäude gegenüber, soll in der ältern Zeit das Hauptthor für die Prozessionen gewesen sein. Alle diese Bauten wurden nach dem Zerfall des römischen Reichs durch Verwüstungen und Plünderungen von Menschenhaß, durch Erdbeben, Überschwemmungen des Alpheios und andre Naturkatastrophen zerstört und verschüttet, so daß sie fast spurlos vom Erdboden verschwanden. Der erste, welcher der geweihten Stätte wieder Aufmerksamkeit zuwandte, war der Engländer Chandler, welcher in seinen "Travels in Greece" (1776) darüber berichtet. Winckelmann forderte zu Ausgrabungen daselbst vergeblich auf. Spätere Nachrichten brachten Dodwell, Gell und besonders Stanhope ("O.", 1824). Eine französische Expedition (1831) hatte wenig Erfolg; doch brachte sie mehrere Metopen vom Zeustempel heim, welche jetzt im Louvre aufgestellt sind. Seitdem ruhten die Forschungen auf dem Boden des alten O. gänzlich, bis 1852 E. Curtius den Plan zu Nachgrabungen daselbst von neuem anregte, dessen Verwirklichung durch die deutsche Reichsregierung nach Vereinbarung mit der griechischen Regierung mit einem Aufwand von 800,000 Mk. erfolgt ist. Die Ausgrabungen begannen im Oktober 1875 unter Leitung von E. Curtius und Baurat Adler und wurden 20. März 1881 abgeschlossen. Eine ausführliche Beschreibung der Örtlichkeiten Olympias gibt Curtius in seinem Vortrag "O." (Berl. 1852) und in dem Werk "Peloponnesos" (Gotha 1852, 2 Bde.). Doch sind alle ältern Forschungen durch die amtlichen Publikationen: "Die Ausgrabungen zu O." (Berl. 1875-81, 5. Bde. mit 118 Tafeln) und "Die Funde von O." (das. 1882, 40 Tafeln) überholt. Vgl. auch Bötticher, O., das Fest und seine Stätte (2. Aufl., Berl. 1886); Kaupert und Dörpfeld, O. und Umgegend. Zwei Karten und ein Situationsplan (das. 1882).

Die in O. gefundenen Skulpturen, Architekturteile, Terrakotten, Bronzen etc. sind Eigentum der griechischen Regierung geblieben, welche ein Museum in O. nach dem Plan Adlers (s. oben) zur Aufbewahrung der Funde von O. erbaut hat. Ein Teil der zahllosen Erzeugnisse der Kleinkunst (Terrakotten und Bronzen, meist Idole, Votivbilder, Waffen, Schmucksachen, Gefäße) ist in den Besitz der deutschen Regierung übergegangen, welche dieselben dem Berliner Museum überwiesen hat. Die deutsche Reichsregierung hat auch die Gipsabgüsse der hervorragendsten Werke der Bildhauerkunst hergestellt; sie sind in Berlin in einem besondern Museum vereinigt. Die hauptsächlichsten Bildwerke, die in O. gefunden wurden, sind: die Gruppen des Ostgiebels (s. Tafel "Bildhauerkunst III", Fig. 4) und Westgiebels (Fig. 1 und 2) des Zeustempels, mehr oder minder beschädigte Figuren und Köpfe aus Marmor, die Metopen des Zeustempels (Fig. 6), der Hermes des Praxiteles (Fig. 5), die Nike des Päonios (Fig. 3), das Giebelfeldrelief des Schatzhauses von Megara (Zeus im Gigantenkampf), der Marmorkopf einer Aphrodite, der Bronzekopf einer Siegerstatue (Fig. 7), der Bronzekopf eines Zeus und 43 marmorne Porträtstatuen von männlichen und weiblichen Mitgliedern des römischen Kaiserhauses.

Olympia, Hauptort des nordamerikan. Gebiets Washington, am obern Ende des Pugetsundes, mit 6 Kirchen, einem Kapitol und (1885) 3500 Einw.

Olympiade, bei den alten Griechen ein Zeitabschnitt von vier Jahren, nach der gewöhnlichen Wiederkehr der Olympischen Spiele (s. d.) benannt. Die Olympiadenära beginnt mit Juli 776 v. Chr., wo Koröbos den Sieg gewann, und schließt mit der 293. O. oder 394 n. Chr. Doch ging diese Zeitrechnung nicht in das bürgerliche Leben über, wurde vielmehr nur von den Schriftstellern, zuerst um 260 v. Chr. durch den Geschichtschreiber Timäos aus Sizilien, gebraucht und ist jetzt noch in der griechischen Kunstgeschichte üblich.