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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Peru

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Peru (Tier- und Pflanzenwelt).

Diese Region entspricht der europäischen gemäßigten Zone; sie ist fruchtbar, ohne üppig zu sein, und für den Anbau aller europäischen Gemüse, Frucht- und Getreidearten geeignet. Außer Kartoffeln, welche in vorzüglicher Qualität und im Überfluß hier wachsen, werden von Knollenarten besonders noch die Ulluco (Ullucus tuberosus), die Oca (Oxalis crassicaulis) und die Maca (eine Tropaeolum-Art) mit Erfolg kultiviert. Ein gutes Nahrungsmittel gewährt außerdem die Quinoa (Chenopodium Quinoa). Wald fehlt; Bauholz wird durch Agaven ersetzt, welche mit Daturen und Kakteen vorherrschen. Die Fauna hat nichts Eigentümliches; die Papageien hören schon im untern Teil dieser Region auf. Die Kordillerenregion, welche die höchsten Teile des Gebirges, am Westabhang von 3550 m, am Ostabhang von 4550 m an, umfaßt, ist wildes Gebirge mit kahlen Felsen, ewigem Schnee, einer Nachttemperatur von +2° im Winter (Regenzeit) und -7° im Sommer und einer Tagestemperatur von +7,5° im Winter und +11° im Sommer. Die Vegetation, aus niedrigen Kakteen, Kruciferen und Dryadeen bestehend, steigt bis zu 4900 m an. Auf der Ostabdachung folgt nun zunächst die ausgebreitete Punaregion, welche das etwa 3900 m hohe, zwischen der Küsten- und Binnenkordillere sich ausbreitende Plateau von P. einnimmt. Die Eingebornen unterscheiden die noch getreidereiche Puna von der rauhern Puna brava. Zahlreiche kleine Seen, kristallhelle Bäche und weite Sümpfe wechseln mit spärlich bewachsenen Flächen ab. Kalte West- und Südwestwinde wehen das ganze Jahr hindurch, und furchtbare Gewitter, denen in der Regel in der Nacht ein Schneegestöber folgt, entladen sich fast täglich. Vom Mai bis Oktober ist der Himmel heiter. Die mittlere Tagestemperatur ist im Winter +9°, im Sommer +12° C., der Unterschied der Temperatur an einem Tag aber oft 20-25°. Gräser haben hier die Oberhand, besonders das binsenartige Ichu (Stipa Ichu), das grüne Futter der Lamas und Schafe. Von Gemüsen kommt nur noch die Maca fort; Gerste wird bis zu 4200 m gesäet. Wald fehlt, nur hier und da begegnet man einzelnen verkrüppelten Bäumen der Quinoa; große Strecken bedeckt der die Ratanhawurzel liefernde Strauch der Krameria. Diese Region ist das Heimatland des Lama, des Huanako, des Alpako und der Vicuña; außer diesen sind charakteristisch der Punahirsch, das Reh, das Viscacha (Lagidium peruvianum) und die kaninchenartigen Chinchillas. Von Raubtieren kommt der Atoc (Canis azarae) und manchmal auch der Kuguar vor. Die Vögel sind meist Sumpf- und Wasservögel, so die Huachua, das rebhuhnartige Pishaca und der Ingahuallapa, der nachts mit monotonem Ruf die Stunden verbindet. Von Raubvögeln sind der Kondor, der Huarahuau oder Aloi zu nennen. Amphibien sind spärlich, noch seltener Insekten. Weiter östlich hinabsteigend, gelangt man in die östliche Sierraregion, welche aus den sanft nach O. sich neigenden Thälern zwischen 3600 und 2600 m Höhe besteht, die von der Punaregion meist durch schroff abfallende Felsenrücken getrennt sind. Die mittlere Tagestemperatur beträgt hier im Winter +14°, im Sommer +17° C. Der Winter oder die Regenzeit beginnt im Oktober, und der Regen hört dann wochenlang nicht auf; Gewitter sind häufig und zwar oft von Hagel, aber nie von Schnee begleitet. Im Mai beginnt der Sommer und mit ihm nächtlicher Frost. Wie in der westlichen Sierra, fehlen auch hier Waldungen; nur eine Weide (Salix Humboldtii) und der Quinoabaum treten vereinzelt auf; die Abhänge sind von Kakteen und Agaven bedeckt. Weizen reift bis zu 3500 m Höhe, die Kartoffel und die Quinoa sogar über 3600 m hinaus; auch Mais, Gerste und Luzernklee gedeihen in dieser Region sehr üppig. Europäische Obstbäume kommen wenig vor und tragen kleine und fade Früchte; dagegen gibt die Rebe reichen Ertrag, und prachtvolle Orangenbäume sowie die köstliche Cherimoya finden sich in großer Vollkommenheit, z. B. im Thal von Huanuco. Die Fauna hat in dieser Region, in welcher die Bevölkerung am meisten zusammengedrängt ist, nichts Eigentümliches. Die letzte Region ist die Waldregion, welche durch die östliche Abdachung der Binnenkordillere des mittlern und südlichen P., das Längenthal des Huallaga zwischen der mittlern und östlichen Kordillere und die Ostabdachung dieser letztern in Nordperu gebildet wird. Man unterscheidet noch die obere Wald- oder Cejaregion, zwischen 2600 und 1800 m Höhe, und die eigentliche Waldregion unterhalb jener. In dem obern Teil der Cejaregion herrscht ein sehr rauhes Klima; nachts liegt ein dichter Nebel auf der Gegend, der vom Morgenwind verjagt wird, oft aber auch sich in gewaltige Regengüsse verwandelt; doch ist die plötzliche üppige Entwickelung der Vegetation in dieser Region auffallend. Sträucher und niedrige Bäume beginnen schon bei 3100 m, nehmen dann rasch an Größe und Zahl zu, bis man beim Übergang in die untere Zone in hochstämmigen Urwald tritt. An der untern Grenze dieser Cejaregion treten Cinchonen (Fieberrindenbäume) in mehreren Spezies auf. Für die Kultur ist diese naßkalte Region wenig geeignet, weder Mais noch Cerealien gedeihen; nur die Kartoffel gibt reiche Ernte. Die Fauna ist sehr arm; unter den Vögeln sind bemerkenswert der Turqui (Rupicola peruviana) und der Toropisju (Cephalopterus ornatus), die sich beide durch widerwärtiges Geschrei auszeichnen. Die untere, eigentliche Waldregion (la Montaña und los Bosques) dehnt sich von 1800 m Höhe abwärts in die großen Ebenen aus. Die mittlere Temperatur ist hier nach Tschudi zu 30° C. anzunehmen, nachts sinkt sie bis 19° C. Im Oktober beginnt die Regenzeit, die bis März und April anhält; auch außer derselben kommen Regen und Gewitter nicht selten vor. Die Vegetation hat den eigentümlich düstern Charakter der tropischen Urwälder, hier treten auch namentlich die herrlichsten Palmen auf. Die Kultur ist fast noch gar nicht in diese Region vorgedrungen. Das Tierleben gestaltet sich hier am mannigfaltigsten. Zahlreiche Affen bevölkern den Wald; auch die Fledermäuse (darunter das große Phyllostoma hastatum und die als Blutsauger gefürchtete Blattnase, Ph. erythromos) sind zahlreich. Unter den Raubtieren sind die bemerkenswertesten: der schwarze Hucumari, der Omeyro, mehrere Katzen, wie die Yaguarundi, Oscollo, Uturunco und die gelbgraue Tigerkatze; unter den Nagern: die kaum zolllange Baummaus, die Stachelratte, das Aguti. Die Edentaten werden durch das Faultier, das Armadill und den Ameisenbär, die Pachydermen durch den Tapir und das Nabelschwein repräsentiert. Außerordentlich zahlreich sind die Vögel. Adler, Weihen und Falken, Eulen und Ziegenmelker teilen sich in den unermeßlichen Urwald; daneben finden sich Fliegenschnäpper und Würger, der kleine Organista oder Flautero (Troglodytes leucophrys), Finken, blendende Schmuckvögel (Ampelidae), bunte Spechte und Baumläufer, Beutelstare, Töpfervögel, glänzende Kolibris und der schwerfällig Seidenkuckuck (Trogon heliothrix), grüne Papageien in dichten Zügen, ver-^[folgende Seite]