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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Pflaumenbaum

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Pflaumenbaum.

arbeiten benutzt. Aus dem Stamm fließt Gummi (s. Kirschgummi); aus den stets bittern Samen gewinnt man durch Pressen ein mildes, fettes Öl; bei Destillation mit Wasser geben sie bittermandelartig riechendes, blausäurehaltiges Wasser. Die syrische oder Damaszener Pflaume (Damaszene, P. syriaca Borkh.), mit weniger festem, oft brüchigem Holz, dicken, aber auch längern, reichbehaarten Trieben, elliptischen, mehr gekerbten, besonders auf der Unterseite weichhaarigen Blättern, weichhaarigem Blattstiel mit zwei Drüsen am obern Ende und meist gepaarten, blendend weißen Blüten, macht wenig oder gar keine Ausläufer, verwildert aber sehr leicht und bildet dann einen sparrigen, auch dornigen Strauch. Sie stammt aus Syrien und bildet dort kleine Wälder. Die Früchte sind in Form und Farbe ungemein verschieden; es gehören hierher alle Damaszener Pflaumen, aber auch manche damaszenenartige Zwetschen. Die Krieche (Haferschlehe, Spilling, P. insititia L.) wird bisweilen als Stammpflanze der vorigen, mit mehr Recht als eine verwilderte Form derselben betrachtet. Sie bildet einen hohen, oft dornigen Strauch in Vor- und Laubwäldern, treibt starke Wurzelausläufer, hat weichhaarige Triebe, breit elliptische, gesägte bis doppelt gesägte, besonders auf der Unterseite stark behaarte Blätter, auf schlanken, behaarten Stielen meist zu zweien stehende, weiße Blüten und hängende, runde, schwarzblaue Früchte mit weichem, süßem, am Steine nicht wenig herbem und fest anhängendem Fleisch. Sie findet sich durch ganz Europa und wird zum Teil als kleine Damaszener oder Johannispflaume kultiviert. In Gärten kommt sie mit gefüllten Blüten (oft unter dem Namen gefüllte Schlehe) vor. Die Reineclaude (P. italica Borkh.) ist ein niedriger Baum mit abgerundete Krone, ziemlich dicken und langen, sehr bald unbehaarten Trieben, großen, runzeligen, elliptischen, tief, meist doppelt gesägten Blättern, zwei Drüsen am obern Ende des Blattstiels, meistens zu zweien auf unbehaarten Stielen stehenden, weißen Blüten und rundlicher, gelblicher, grünlicher oder rötlicher bis violettblauer Frucht mit grünlichweißem, härtlichem Fleisch. Das Vaterland der Reineclaude ist unbekannt, vielleicht ist sie durch Kreuzung der Zwetsche und Damaszener Pflaume entstanden. Hierher gehören aber auch viele der zwetschenartigen Damaszener Pflaumen. Die Kirschpflaume (Myrobalane, türkische Pflaume, P. cerasifera Ehrh.) ist ein am Stamme meist weit herab verästelter Baum mit eirund-länglicher Krone, ohne Ausläufer, mit weißem Holz, bei schlechter Kultur dornig, mit unbehaarten Trieben, länglichen, nach der Basis zu verschmälerten, seltener elliptischen, meist nur längs des Mittelnervs auf der Unterseite behaarten Blättern, meist einzeln stehenden, weißen Blüten auf ziemlich langen, unbehaarten Stielen und runden, heller oder dunkler braunroten Früchten mit süßlichem, etwas festem und gelbem Fleisch. Die kleinern, schließlich gelbrötlichen Früchte heißen speziell Kirschpflaumen, die fast doppelt so großen, dunklern, braunroten Myrobalanen. Die Kirschpflaume wird zuerst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. genannt; sie wurde wohl aus dem Orient (sicher nicht aus Amerika) eingeführt, und von ihr stammen auch wahrscheinlich mehrere unsrer kultivierten Pflaumen ab. Der Schlehendorn (P. spinosa L., Schwarzdorn), ein sparriger Strauch mit zum Teil in Dornen auswachsenden Zweigen, elliptischen Blättern an schwach behaarten Zweigen, vor den Blättern ungemein zahlreich erscheinenden einzeln stehenden, weißen Blüten mit kurzen, unbehaarten Stielen und blauer, rundlicher, fleischiger, aufrecht stehender Frucht. Der Schlehendorn findet sich in Europa und Asien, gehört vielleicht mit zu der Stammpflanze der zwetschenartigen Damaszenen, eignet sich trefflich als Heckenpflanze, wird auch als Zierstrauch in mehreren Varietäten kultiviert, liefert Dornwerk für die Gradierhäuser, Knotenstöcke und Nutzholz für Drechslerarbeiten. Blüten (flores Acaciae), Rinde und Früchte waren früher offizinell; auch bereitet man aus letztern wohl ein Mus und einen Fruchtbrei und benutzt die Blätter als Surrogat des chinesischen Thees. Von einer Abart, P. fruticans Weihe, in Gärten, werden die Früchte eingemacht und auf Wein verarbeitet.

Die pomologische Einteilung der Pflaumen bietet besondere Schwierigkeiten dar. Lucas teilt die Pflaumen in zehn Familien: 1) Rundpflaumen, runde Damaszenen. Frucht rund, Längen- u. Breitendurchmesser gleich, als Tafelfrucht brauchbar. Fleisch saftreich, weich. Haut im Kochen säuerlich, zum Dörren untauglich. Sommertriebe kahl oder behaart. 2) Ovalpflaumen, längliche Damaszenen. Frucht oval, Längendurchmesser größer als der Breitendurchmesser, sonst wie bei Familie 1. 3) Eierpflaumen, Frucht eiförmig, groß und sehr groß, nach dem Stiel merklich verjüngt; Fleisch pflaumenartig, weich, nicht zum Dörren gut. Sommertriebe kahl oder behaart. 4) Edelpflaumen (Reineclauden), rund u. rundlich, von sehr edlem, erhabenem Zuckergeschmack, mit etwas konsistentem Fleisch. 5) Wachspflaumen (Mirabellen), kleine, runde und rundliche Früchte, Fleisch konsistent, sehr süß, zum Dörren sehr brauchbar. Wuchs sparrig, vielästig. 6) Zwetschen, längliche, nach dem Stiel und Stempelpunkt hin verjüngte Früchte; Fleisch süß, fest, Schale ohne Säure, Sommertriebe meist kahl, mitunter behaart; zum Dörren sehr gut. 7) Halbzwetschen, Früchte von ovaler Form und zwetschenartigem Fleisch, nach Stiel und Stempelpunkt hin gleichmäßig abgerundet; Sommertriebe kahl oder behaart; zum Dörren brauchbar. 8) Dattelzwetschen, sehr lange, elliptisch geformte Früchte von mehr pflaumen- als zwetschenartigem Fleisch, Sommertriebe glatt; zum Dörren nicht brauchbar. 9) Haferpflaumen, runde Pflaumen, die als Tafelobst nicht brauchbar sind. 10) Spillingspflaumen, längliche Pflaumen, als Tafelobst ebenfalls nicht brauchbar. Jede Familie zerfällt in fünf Ordnungen: blaue, rote, gelbe, grüne, bunte Früchte; jede Ordnung in drei Unterordnungen: Fleisch am Stein gut, halb, nicht ablöslich. Zum Anbau sind besonders zu empfehlen: A. Rundpflaumen oder Damaszenen: bunter Perdrigon, Kirkes' Pflaume, Braunauer aprikosenartige Pflaume, Lepine; B. Oval- oder Königspflaumen: Königspflaume von Tours, Esperens Goldpflaume, Washington, Jefferson, Lucas' Königspflaume; C. Eierpflaumen: Nienburger Eierpflaume, violette Jerusalemspflaume; D. Edelpflaumen oder Reineclauden: frühe Reineclaude, große Reineclaude, Althanns Reineclaude, Meroldts Reineclaude, Reineclaude von Jodoigne; E. Wachspflaumen oder Mirabellen: Rangheris Mirabelle, gelbe Mirabelle, frühe von Bergthold; F. Zwetschen: Hartwiß' gelbe Zwetsche, Fürsts Frühzwetsche, große Zuckerzwetsche, italienische Zwetsche, Wangenheims Frühzwetsche, Eßlinger Frühzwetsche, Hauszwetsche (Bauernpflaume); G. Halbzwetschen: Biondecks Frühzwetsche, violette Diapré, Königin Viktoria, Frankfurter Pfirsichzwetsche, Freudenberger Frühpflaume. - Die Pflaumen enthalten: