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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Riedenburg - Rieger.

den bayrischen Staatsdienst, ward seit 1859 als Hilfsarbeiter im Ministerium des Innern verwendet und zum Ministerialrat ernannt, 1872 bayrischer Bevollmächtigter beim Bundesrat, in dem er Mitglied der Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Justizwesen war und an den gesetzgeberischen Arbeiten des Reichs hervorragenden Anteil nahm, und 26. Nov. 1877 nach dem Rücktritt Berrs Finanzminister. Er veröffentlichte Erläuterungen des bayrischen Heimatgesetzes (5. Aufl., Nördling. 1881), des bayrischen Armengesetzes (3. Aufl., das. 1883) und des bayr. Polizeistrafgesetzbuches (3. Aufl., das. 1875); ferner "Die Reichsverfassungsurkunde und die wichtigsten Administrativgesetze des Deutschen Reichs" (das. 1871).

Riedenburg, Flecken im bayr. Regierungsbezirk Oberpfalz, Bezirksamt Beilngries, an der Altmühl, hat 2 Kirchen, ein altes Bergschloß, ein Klarissinnenkloster, ein Amtsgericht, ein Forstamt, eine Holzpappenfabrik und (1885) 1467 kath. Einwohner. In der Nähe die Ruinen Tachenstein und Rabenstein.

Riedgras, Pflanzengattung, s. Carex.

Riedgräser, s. Cyperaceen.

Riedhuhn, s. Ralle.

Riedinger, Maler, s. Ridinger.

Riedkamm, in der Weberei s. v. w. Kamm.

Riedlingen, Oberamtsstadt im württemb. Donaukreis, an der Donau und der Linie Ulm-Sigmaringen der Württembergischen Staatsbahn, hat eine kath. Kirche, ein Amtsgericht, Wollwarenfabrikation, Getreidemärkte und (1885) 2261 Einw.

Riefstahl, Wilhelm, Maler, geb. 15. Aug. 1827 in Neustrelitz, bezog 1843 die Berliner Akademie, wo er sich an W. Schirmer anschloß, und zeichnete 1848 die architektonischen Illustrationen zu Kuglers Kunstgeschichte. Die Eindrücke seiner ersten Studienreise nach Rügen wirkten nachhaltig auf ihn und bestimmten ihn, in der Landschaftsmalerei das Stimmungsbild zu pflegen. Später bereiste er Westfalen, den Rhein, Oberbayern und die Schweiz. Seitdem malte R. hauptsächlich Motive aus dem Hochgebirge. 1869 ging er nach Rom, wurde dann als Professor an die Kunstschule in Karlsruhe berufen, welches Amt er aber schon 1873 niederlegte; doch nahm er, nachdem er die Zwischenzeit in Rom verbracht, 1875 die Stelle des Direktors an derselben Anstalt an, welche er jedoch 1877 wieder aufgab, um später nach München überzusiedeln, wo er 11. Okt. 1888 starb. Seine künstlerische Eigentümlichkeit liegt vornehmlich in der glücklichen Verbindung von Landschaft mit Figuren oder architektonischen Hintergründen und Interieurs mit Figuren. Dabei besaß er eine hervorragende Begabung für malerische Behandlung, die sich in einer außerordentlichen Klarheit der Farbe ausspricht. Von seinen Bildern sind hervorzuheben: Prozession von Kapuzinermönchen; Brautzug im Passeierthal; Feldandacht Passeirer Hirten (1864, Nationalgalerie in Berlin); Allerseelentag in Bregenz (1869, ebendaselbst); Rückkehr von der Taufe; Leichenbegängnis auf der Meglisalp (1873); Refektorium eines schwäbischen Klosters (1873); Trauerversammlung vor einer Kapelle im Appenzeller Gebirge (1873); Leichenzug vor dem Panthéon (Dresdener Galerie); Forum Romanum (1879); Segnung der Alpen (1881); Das anatomische Theater zu Bologna (1883); Glaubensboten in den Rätischen Alpen (1884). Er besaß die große goldene Medaille der Berliner Ausstellung und war Mitglied der Berliner Akademie.

Riege, s. v. w. Reihe, besonders für eine gemeinsam unter einem Vorturner an demselben Gerät turnende Abteilung gebräuchlich.

Riegel, Herman, Kunstschriftsteller, geb. 27. Febr. 1834 zu Potsdam, studierte anfänglich Rechtswissenschaft, widmete sich dann der Kunstwissenschaft, war 1869-71 Direktor des städtische Museums zu Leipzig und wurde dann Direktor des herzoglichen Museums und Professor am Polytechnikum zu Braunschweig. Er schrieb: "Cornelius, der Meister der deutschen Malerei" (Hannov. 1866); "Deutsche Kunststudien" (das. 1868); "Italienische Blätter" (das. 1871); "Grundriß der bildenden Künste" (3. Ausg., Leipz. 1875); "Geschichte des Wiederauflebens der deutschen Kunst im 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts" (das. 1876); "Kunstgeschichtliche Vorträge und Aufsätze" (Braunschw. 1877); "Geschichte der Wandmalerei in Belgien seit 1856" (Berl. 1882); "Peter Cornelius" (das. 1883); "Beiträge zur niederländischen Kunstgeschichte" (das. 1882, 2 Bde.). Auch gab er Carstens' Werke (Leipz. 1869-84, 3 Bde.) heraus und begründete 1885 den Allgemeinen deutschen Sprachverein, dessen "Zeitschrift" er auch herausgibt.

Riegelhaube, gestickte leinene Frauenhaube, welche in einigen Gegenden Bayerns getragen wird.

Riegelwand, s. Fachwerk.

Rieger, 1) Philipp Friedrich von, württemberg. General, geb. 2. Okt. 1722 zu Stuttgart, studierte die Rechte, trat sodann als Auditeur in preußische Dienste, wurde, nach Württemberg zurückgekehrt, 1755 Hauptmann und Regimentsquartiermeister, 1757 Major und 1760 Oberst. Von angenehmem Äußern, liebenswürdigem Wesen, klug, gewandt und thätig, erlangte er die Gunst des Herzogs Karl Eugen, dem er unterwürfig schmeichelte, und in dessen Interesse er keine Rechtsverletzung, keine Gewaltthat scheute, während er sonst uneigennützig und unbestechlich war. Als der Herzog 1757, um am Siebenjährigen Krieg teilzunehmen, Truppen brauchte, preßte R. dieselben mit rücksichtsloser Gewalt und wußte auch das erforderliche Geld herbeizuschaffen. Von dem Premierminister Grafen Montmartin, der auf seinen Einfluß eifersüchtig war, der landesverräterischen Verbindung mit Preußen beschuldigt, wurde er 28. Nov. 1762 auf dem Paradeplatz (jetzigen alten Schloßplatz) in Stuttgart vor allem Volk vom Herzog selbst, der ihm seine Orden abriß, degradiert und auf den Hohentwiel geschleppt, wo er vier Jahre in einem elenden Kerker, die ersten 16 Monate ohne den Anblick eines menschlichen Antlitzes, saß, bis er 1766 auf Verwendung der Stände freikam. 1775 nahm ihn der Herzog wieder in Dienst und ernannte ihn 1776 zum Kommandanten von Hohenasperg, wo R. die Gefangenen, z. B. Schubart, grausam quälte. Er starb als General 15. Mai 1782. Schiller, dessen Pate er war, hat sein Geschick in der Erzählung "Spiel des Schicksals" in etwas freier dichterischer Behandlung wiedergegeben.

2) Franz Ladislaus, tschech. Parteiführer, geb. 10. Dez. 1818 zu Semil im Kreis Gilschin, studierte in Prag die Rechte und trat sehr früh als Dichter und Schriftsteller in tschechische Sprache auf. 1848 war er Mitglied des Nationalausschusses und nahm an den Vorbereitungen für den Slawenkongreß thätigen Anteil. Von sieben Bezirken in den österreichischen Reichstag gewählt, erwies sich R. als einer der begabtesten Wortführer der slawischen Partei. Von längern Reisen nach Prag zurückgekehrt, wirkte er als Schriftsteller für die slawische Sache und schrieb französisch: "Les Slaves d'Autriche" (Par. 1860). Eine große Bedeutung erlangte die 1859 von ihm in Verbindung mit Kober in das Leben gerufene böhmische Nationalencyklopädie, der "Slowník naučny" (Prag 1859-74, 11 Bde.; im Auszug von Malt),