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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Rüstung

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Rüstung.

Ketten, Metallplatten oder dicken, vernieteten Nagelköpfen häufig gitterförmig besetzte ärmellose Panzerjacke (Brünne, Brunnika oder Haubert genannt), die bis zur Hüfte reichte und mehrere Jahrhunderte lang noch von unbemittelten Edelleuten und Schildknappen getragen wurde, während vom Ende des 10. Jahrh. an der Ritter ein derartiges bis zum Knie reichendes Panzerhemd trug, dessen Ärmel anfänglich am Ellbogen aufhörten; später waren Rüstärmel und Rüsthosen mit demselben fest verbunden; ebenso saß eine Art Nacken und Kopf bedeckender Kapuze, Kamail, auch Helmbrünne genannt, daran. Ein aus mehreren Lagen gepolsterten und gesteppten Zeugs gefertigtes Wams, rautenförmig mit Lederstreifen, von aufgesetzten Ringen oder breitköpfigen Nägeln zusammengehalten (gegittertes Panzerhemd), benäht, war im Norden gebräuchlich. Die langen Panzerhemden hießen großer Haubert, zum Unterschied von der Panzerjacke, dem kleinen Haubert. Die Schuppenpanzer dieser Zeit wurden Jazerans oder Korazuns genannt. Aber schon vor dem 11. Jahrh. war in Mitteleuropa und im Norden das Maschenpanzerhemd, der Ringelpanzer, der geringelte Haubert mit Ringelkapuze oder ganze Brünne bekannt (s. Tafel "Kostüme I", Fig. 11 u. 12). Da die Ringe geschmiedet und genietet waren (es sind Reste solchen Panzers gefunden, deren Ringe nur 5 mm Durchmesser haben!), so gehörten die Ringelpanzer jener Zeit zu den kostbaren Rüstungen wohlhabender Ritter, und erst nach Erfindung des Drahtziehens (1306 durch Rudolf von Nürnberg) wurden sie allgemeiner und so dicht gefertigt, daß die Miserikordia und der Panzerbrecher (s. Dolch) nicht hindurchdringen konnten. Sie wurden in Frankreich über einem gesteppten Leder- oder Zeugwams, dem Gambesson (daher in Deutschland "Gambeis"), getragen. Über dem 25-30 Pfd. schweren Ringelpanzer trug der Ritter einen aus leichtem Stoff gefertigten und mit dem Wappen oder andern Merkzeichen gestickten Waffenrock. Auf dem Kopf trug der Ritter zunächst eine gepolsterte Zeugmütze, die Wattenkappe, Harnaschkappe oder Gugelhaube (Kugelhaube), deren dem heutigen Baschlik ähnliche Enden um den Hals geschlungen wurden. Die Gugelhaube war in der Regel das Geschenk einer Dame, von dieser in den ihrem Geschmack entsprechenden Farben geziert, daher es später bei den Rittern Gebrauch wurde, diese "Farben der Dame" frei zu tragen und auf den Schild zu übertragen. So ging aus der Gugelhaube die in der Wappenkunde so bedeutungsvolle Helmdecke (lambrequin) hervor. Sie steht in gewisser Beziehung zu der Zindelbinde, die ursprünglich zur Befestigung des "Kleinods" (cimier, daher "Ziemierde") auf dem Helm diente, später aber als Liebespfand nur um das Kleinod oder den Helm geschlungen mit flatternden Enden getragen wurde. Über der Wattenkappe wurde dann häufig die Ringelkapuze (Maschenkappe), unter

^[Abb.: Fig. 1 u. Fig. 2. Deutscher Harnisch aus der Zeit Maximilians I.

Erklärung der einzelnen Teile.

a Helm

b Visier

c Kinnstück

d Kehlstück

e Nackenschirm an demselben

f Halsberge

g Bruststück

h Rückenstück

i Vorder- und Hinterschurz

k Achselstücke

l Federstifte zum Festhalten der Achselstücke

m Ränder der Achselstücke

n Armzeug, Ober- und Unterarmschienen

o Ellbogenstücke (Ellbogenkacheln)

p Rüsthandschuhe mit Stulpen

q Rüsthaken zum Einlegen der Lanze

r Schenkelstücke (Dielinge oder Diechlinge

s Kniestücke

t Beinschienen (Beinröhren)

u Schienenschuhe (Bärenfüße)

v Panzerhemd (Ringelpanzer)]