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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Samosata; Samosatenianer; Samostje; Samoswanez; Samothrake; Samotschin; Samowár

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Samosata - Samowar.

empörte sich dann und wurde 440 von Perikles unterworfen, spielte aber gegen Ende des Peloponnesischen Kriegs noch eine wichtige Rolle, indem die attische Flotte daselbst längere Zeit ihr Hauptquartier hatte. Da S. den Athenern bis nach der Schlacht bei Ägospotamoi treu blieb, eroberte Lysandros 404 die Insel und setzte dort eine oligarchische Regierung nebst einem spartanischen Harmosten ein. In den folgenden Jahrzehnten finden wir S. abwechselnd unter spartanischem, attischem und persischem Einfluß. 365 eroberte der attische Feldherr Timotheos nach zehnmonatlicher Belagerung die Hauptstadt, vertrieb die gesamte Bevölkerung und besetzte die Insel mit attischen Kleruchen, welche hier, wie neuerdings gefundene Inschriften zeigen, ein eignes Gemeinwesen mit besondern Beamten bildeten. Erst nach Alexanders d. Gr. Tod wurde die Insel durch Perdikkas den Samiern zurückgegeben (322). Später gehörte sie zeitweilig zu Ägypten, kämpfte mit Antiochos d. Gr. und Mithridates gegen Rom und wurde 84 v. Chr. mit der römischen Provinz Asien vereinigt. Unter den Kaisern hatte sie ihre Bedeutung schon eingebüßt. - Die alte gleichnamige Hauptstadt lag an der Südostküste, wo heute Chora und Tigani liegen, und in der Ebene westsüdwestlich davon (mit der Stadt durch eine Heilige Straße verbunden) der berühmte Heratempel, von welchem noch eine Säule aufrecht steht. Der Tempel war im ionischen Stil von Rhökos begonnen, aber nie ganz vollendet worden. Die Perser verbrannten ihn, doch wurde er wieder aufgebaut; Seeräuber, später Verres und M. Antonius plünderten ihn. Von der Stadt S. ist noch die nördliche Umfassungsmauer auf steilem Bergesabhang und ein Teil der östlichen mit Türmen und Thoren erhalten; sie ist teils in kyklopischer Bauart (wohl aus der Zeit des Polykrates), teils in regelrechtem Quaderbau aufgeführt. Die Burg Astypaläa lag im O. nahe beim Meer. Dem Polykrates wird ferner die Anlage der Hafendämme (bei Tigani noch jetzt unter der Oberfläche des Meers sichtbar) und einer vielbewunderten unterirdischen Wasserleitung zugeschrieben. Außerdem sind Reste von einer einst 7 Stadien langen Wasserleitung aus römischer Zeit, einem Theater, alten Felswohnungen und Gräbern sowie von Bäderanlagen erhalten. 1550 wurde S. von den Türken erobert und geplündert und stand seitdem unter deren Herrschaft. Im griechischen Freiheitskampf 1824 errangen hier die Griechen unter Kanaris einen bedeutenden Seesieg über die Türken. Nach dem Londoner Protokoll von 1827 ward S. jedoch 1830 den Türken zurückgegeben und 11. Dez. 1832 zur Hauptstadt eines tributpflichtigen Fürstentums gemacht.

Die Insel S. gehört gegenwärtig zum türkischen Wilajet Dschesair, genießt aber als tributäres Fürstentum eine exzeptionelle Stellung. Die Pforte ernennt nur den (nicht erblichen) Fürsten griechischer Nationalität (gegenwärtig Alexander Karatheodori) und erhebt eine bestimmte jährliche Abgabe (300,000 Piaster), deren Umlage sowie die Erledigung andrer allgemeiner Angelegenheiten unter Beteiligung von Repräsentanten der Einwohner stattfindet. Die Einwohnerzahl wird für 1886 auf 41,156 (8880 Männer, 9712 Weiber, 22,564 Kinder), für 1887 auf 41,832 angegeben, mit Ausnahme von 24 Personen nur Griechen. Ackerbau, Handel und Schiffahrt sind Haupterwerbszweige der Einwohner. Die Ausfuhr wurde 1886 auf 15,256,201 Piaster (besonders Rosinen, Wein, Öl und Häute), die Einfuhr (Getreide, Mehl, Kolonialwaren, Gewebe) auf 17,471,413 Piaster angegeben; der Schiffsverkehr belief sich auf 422 Dampfer und 3644 Segler. Die Handelsmarine zählte 252 Schiffe von 4964 Ton. Die Einnahmen des Fürstentums betrugen 1875: 3,046,508, die Ausgaben 3,028,336 Piaster. Für den Unterricht wird durch ein Gymnasium, 7 Sekundärschulen, 4 Mädchen- und 33 Kommunalschulen mit 58 Lehrern und Lehrerinnen (und 4157 Schülern) gut gesorgt. Hauptstadt ist Vathy am gleichnamigen Hafen, in Kato- und Ano-Vathy zerfallend, jenes mit 400, dieses mit 1100 kleinen Häusern, dem Palast des Fürsten und einem Hafenkai, der wichtigste Ort für den Außenverkehr von S. (auch Sitz eines deutschen Konsuls). Eine Chaussee verbindet Vathy mit Mytilini (700 Häuser) und Chora (335 Häuser). Im W. sind Karlovasi, mit 519 Häusern und einem Hafen, und Marathokambos, mit 900 Häusern, zu nennen. Vgl. Guérin, Description de l'île de Patmos et de l'île de S. (Par. 1856).

Samosata (syr. Schamischat), im Altertum Residenz der Könige von Kommagene (s. d.) vom Verfall des Seleukidenreichs an bis 73 n. Chr., am westlichen Ufer des Euphrat gelegen, Vaterstadt Lukians und im 3. Jahrh. Sitz des ketzerischen, auf dem Konzil zu Antiochia verdammten Bischofs Paulus von S. Überreste bei dem heutigen Samsat.

Samosatenianer, s. Paulus von Samosata.

Samostje (poln. Samosz), befestigte Stadt im russisch-poln. Gouvernement Lublin, hat ein großes Schloß, ein Arsenal und (1885) 8147 Einw. und ist eine der wichtigsten Festungen Polens. S. wurde vom Kanzler Zamojski erbaut und 1813 von den Russen genommen.

Samoswanez (russ., von ssamyj, "selbst", und swat, "nennen", d. h. einer, der sich selbst beruft), Bezeichnung eines Thronprätendenten in Rußland.

Samothrake, Insel im Ägeischen Meer, 40 km von der thrakischen Küste entfernt, der Mündung des Hebros gegenüber, mit dem 1600 m hohen Berg Saoke (heute Phengari), ist von ovaler Gestalt, 177 qkm (3,2 QM.) groß, besteht aus kristallinischen und darübergelagerten jüngern Gesteinen und war im Altertum wenig fruchtbar. Sie soll nach Herodot von Pelasgern, nach andern von Dardanos mit Arkadiern und Troern kolonisiert worden sein. In der politischen Geschichte hat sie nie Bedeutung gewonnen. In der Schlacht bei Salamis kämpften ihre Bewohner auf seiten der Perser, später waren sie tributpflichtige Bundesgenossen der Athener. Während der Kämpfe in Makedonien war die Insel eine Art von Asyl. Zu Sullas Zeit ward ihr an Weihgeschenken reicher Tempel von Seeräubern geplündert. Berühmtheit erlangte S. durch seinen Mysterienkultus, welcher in die ältesten Zeiten zurückreicht und dem eleusinischen an Ansehen gleichstand. Jetzt gehört die seit 1457 türkische Insel (Samathraki, türk. Semadrek) zum Wilajet Dschesair. Die alte Stadt S. lag auf der Nordküste; landeinwärts davon nach Süden liegt der heutige Hauptort Kastro, mit 2500 Einw. Die Ausgrabungen A. Conzes haben in der alten Stadt namentlich die Reste eines dorischen Marmortempels und eines Rundbaues aus dem 3. Jahrh. v. Chr. aufgedeckt. Vgl. Conze, Archäologische Untersuchungen auf S. (mit Hauser und Benndorf, Wien 1875 u. 1880).

Samotschin (Samoczin), Stadt im preuß. Regierungsbezirk Bromberg, Kreis Kolmar, am Netzebruch, hat eine evang. Kirche, eine Dampfmahl- und Ölmühle und (1885) 2099 Einw. (Deutsche).

Samowár ("Selbstkocher"), in Rußland allgemein