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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Schaf

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Schaf (Rassen des Hausschafs).

In derselben bedeuten die kleinern Ziffern die Milchzähne, die größern Ziffern die Ersatz- und die von vornherein als bleibend auftretenden Zähne. Gute Ernährung läßt den Wechsel etwas früher, schlechte dagegen später eintreten. Die Entwickelung der Schafe geht sehr schnell vor sich, oft genug sind sie vor dem Ablauf des ersten Jahrs geschlechtsreif; ausgewachsen sind Tiere der frühreifen Rassen mit 2-2½, andre mit 3½ Jahren. Die Dauer der Trächtigkeit beträgt 145-158, im Mittel 147 Tage oder 21 Wochen. Bei guter Haltung bleiben die Schafe bis zum zehnten Jahr fruchtbar. Merinos und englische Schafe bringen in der Regel nur ein Junges, die gewöhnlichen Landschafe mancher Gegenden meist Zwillinge, selbst Fünflinge. Die Lebensdauer kann 10-15 Jahre betragen. Böcke sind im allgemeinen 1/3-½mal, Hämmel 1/5-¼mal schwerer als Mutterschafe. Letztere erreichen je nach der Rasse ein Gewicht von 14-100 kg.

Man hat die Rassen des Hausschafes in solche, welche kein Wollhaar, sondern nur das kurze, straffe Stichelhaar tragen, und in solche, deren Kleid ein wolliges ist (Grannenhaar tragende, Flaumhaar tragende, mischwollige), dann in gehörnte und ungehörnte, in kurz- und in langschwänzige oder in schmal- und in breitschwänzige, in Marsch-, Höhen-, Berg- und Heideschafe, endlich nach den geographischen Heimatsbezirken eingeteilt. Fitzinger unterscheidet von dem zahmen S. 6 außereuropäische und 4 europäische Rassen; bei der nachfolgenden Darstellung ist dessen Einteilung zu Grunde gelegt.

I. Außereuropäische Schafe: 1) Das Fettsteißschaf (O. steatopyga) hat eine oft 15-20 kg schwere Fettablagerung um den sehr kurzen, aus 3-4 Wirbeln bestehenden Schwanz. Die Wolle ist grob und filzig, die Farbe in der Regel weiß, aber auch schwarz und braun. Das S. wirft regelmäßig 2-5 Junge. Das Fell der Lämmer wird zu wertvollem Pelzwerk verarbeitet. Es findet sich in ganz Mittelasien bis China, eine Varietät ist das ungehörnte chinesische oder Ongtischaf. 2) Das Stummelschwanzschaf (O. brachycerca) ist ebenfalls mit großer Fettmasse um den behaarten Schwanz versehen. Der Körper trägt markhaltige Haare, nicht eigentliche Wollhaare. Die Farbe ist weiß, nur der Kopf und der angrenzende Teil des Halses sind schwarz. Das südliche Asien und Nordafrika sind seine Heimat; man hält es zur Gewinnung von Milch, Fleisch und Fett. 3) Das breitschwänzige oder Fettschwanzschaf (Dumba, O. platyura) hat einen reichlich mittellangen Schwanz, der mit Wolle bewachsen u. entweder ganz oder größtenteils, mit Ausnahme der Spitze, eine Ablagerung bedeutender Fettmassen zeigt. Die Wolle ist ziemlich grob u. lang und besitzt ein kürzeres Unterhaar (Flaumhaar). Diese Schafe sind verbreitet über Kleinasien, Persien, Nordafrika, das Kap der Guten Hoffnung, Südfrankreich, Makedonien, Südrußland und Süditalien. Die Nutzung besteht in Fleisch, Fett, Milch, Wolle und Pelzen (Lämmerfelle, Baranken, Astrachan, Krimmer). 4) Das langschwänzige S. (O. dolichura) hat gleichfalls auf dem Schwanz eine enorme Fettablagerung. Kopf, Ohren und Beine sind mit kurzen, glatten, straff anliegenden Haaren besetzt; die Wolle auf dem Rumpf und Schwanz ist mittellang und ziemlich dicht, die Farbe des Vlieses schmutzigweiß. Seine Heimat ist Syrien (um Aleppo und Damaskus), doch wird es auch in Oberägypten und Abessinien angetroffen. 5) Das hochbeinige S. (Guineaschaf oder Morvan, O. longipes), von ziegenähnlichem Aussehen, mit kurzen, steifen, markhaltigen Haaren, kommt in verschiedenen Teilen Afrikas vor. 6) Das Dinka- oder Mähnenschaf (O. africana) lebt in dem südlichsten Teil von Nubien, hat plumpen Körper und kurze Beine, dürren Schwanz u. mähnenartigen Besatz der Schultern, Brust u. Halsgegend bei sonst kurzhaarigem Körper.

II. Europäische Schafe: 1) Das kurzschwänzige S. (O. brachyura) kommt in kleinen gehörnten

^[Abb.: Zustand des Gebisses in verschiedenen Altersperioden]

^[Abb.: Skelettteile des Schafes]