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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Schwedische Litteratur

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Schwedische Litteratur (17. und 18. Jahrhundert).

wie die ihrer Zeitgenossen und nächsten Nachfolger, nach Form und Inhalt mißlungen sind.

Größere Intensität erhielt das wissenschaftliche Interesse in Schweden erst unter Gustav II. Adolf, besonders durch den blühenden Zustand, in welchen seine Freigebigkeit die Universität Upsala versetzte, während gleichzeitig die Richtung, welche er der schwedischen Politik gab, eine lebhaftere Berührung mit dem Ausland und der Litteratur desselben veranlaßte. Dessenungeachtet wird diese ganze Litteraturperiode durch eine gewisse Armut charakterisiert, wozu auch teils die damalige streng orthodoxe, intolerante Richtung der Theologie, teils das scholastische Gepräge der philosophischen Studien viel beitrug. Auf dem Gebiet der Theologie wurde, von dem vortrefflichen Bibelwerk der beiden Gezelius, Vater (gest. 1690) und Sohn (gest. 1718; das Neue Testament gedruckt 1711 und 1713, 2 Bde.; das Alte Testament 1724-1728, 4 Bde.), abgesehen, eigentlich nur in homiletischen und katechetischen Arbeiten etwas Verdienstvolles geleistet. Doch verdient Johan Terserus (gest. 1678) rühmliche Erwähnung, der mit großer Energie einer freiern Richtung in der schwedischen Kirche, im Gegensatz zur starren Orthodoxie, Eingang zu verschaffen suchte. Die Kräfte, welche auf andern Gebieten der Litteratur thätig waren, zersplitterten sich in allzu viele verschiedene Richtungen. Dies war auch der Fall mit dem Polyhistor G. Stjernhjelm (gest. 1672) und in noch höherm Grad mit Olof Rudbeck (gest. 1702), der durch die abenteuerliche Hypothesenmacherei, welcher er in seinem großen Werk "Atland eller Manhem" huldigte, der Geschichtsforschung auf Dezennien hinaus eine schiefe Richtung gab. Für ihre Zeit haben sich Girs (gest. 1639) und Tegel (gest. 1636) um das Studium der schwedischen Geschichte bis Erich XIV. Verdienste erworben; König Gustav Adolf selbst schrieb in schönem, reinem Schwedisch eine Geschichte seines Vaters Karl IX. und der Reichshistoriograph Widekindi (gest. 1678) eine Geschichte Gustav Adolfs sowie Pufendorf (gest. 1699) seine berühmte "Inledning till svenska historien" und die Geschichte Karls XII. Als Kuriosum ist Bångs Kirchengeschichte (1675) zu erwähnen, die, in wilden Träumereien sich ergehend, nicht bis auf Christus kam und unter anderm behauptete, Adam sei Bischof in dem schwedischen Städtchen Kälkstad gewesen. Die Rechtswissenschaft wurde unter Gustav II. Adolf vielfach bearbeitet, doch nimmt Stjernhöök (gest. 1675) mit seiner Arbeit über die altschwedischen Rechtsinstitutionen unter allen den ersten Platz ein. Um das Studium der nordischen Altertümer, namentlich der Runen, machte sich Johan Bure (gest. 1652), um die heimatliche Sprache besonders Nils Tjällman durch die erste schwedische Sprachlehre (1696) verdient.

Die Dichtkunst hatte wegen der geringen Entwickelung der Sprache und des Mangels an Vorbildern große Schwierigkeiten zu überwinden. Stjernhjelm zuerst lehrte in seinem altklassischen Mustern nachgebildeten Lehrgedicht "Hercules" und der humoristischen Dichtung "Bröllopsbesværs ihugkommelse" ("Erinnerung an die Hochzeitsbeschwerden") die Musen "schwedisch reden" und wird deshalb als der "Vater der schwedischen Dichtkunst" gepriesen. Unter seinen Nachfolgern sind Samuel Columbus (gest. 1679), genannt der "schwedische Flaccus", und Peter Lägerlöff (gest. 1699), Verfasser der lange Zeit bewunderten Dichtung "Elisandra", zu erwähnen. Daneben machte sich eine andre, mehr romantische Richtung geltend, die ihre Vorbilder aus Italien nahm, und als deren Hauptvertreter Gust. Rosenhane (gest. 1684) und der talentvolle Dahlstjerna (gest. 1709) zu nennen sind. Andre namhafte Dichter jener Zeit sind Lasse Lucidor (erstochen 1674), der Satiriker Samuel Triewald (gest. 1743), der Finne Jak. Frese (gest. 1729) etc. Auch ist Spegel (gest. 1714 als Erzbischof) zu erwähnen, dessen "Guds verk och hvila" ("Gottes Werk und Ruhe") sich selten zu einem höhern Flug erhebt, wogegen seine Kirchenlieder sich durch religiöses Gefühl und tadellose Form auszeichnen.

Das Dalinsche und Gustavianische Zeitalter.

Die sogen. Freiheitszeit (1718-72) war den Wissenschaften keineswegs ungünstig, wenn auch erst in der Zeit Gustavs III. ein höheres und freieres Aufblühen der Litteratur begann. Am meisten wurden die Naturwissenschaften gefördert, obgleich auch in den meisten andern Disziplinen ausgezeichnete Männer auftraten, z. B. in der Philosophie Anders Rydelius (gest. 1738), in der Jurisprudenz Ehrenstråle (1769) und Calovius (gest. 1817), in der Medizin Johan Rosén (gest. 1773) und Rosenblad (gest. 1796), in der Theologie der Mystiker Eman. Swedenborg (gest. 1772). Als Botaniker erwarb sich Karl v. Linné (gest. 1778) einen weltbekannten Namen und bildete in Hasselquist (gest. 1752), Sparrman (gest. 1820), Thunberg (gest. 1828) u. a. Schüler heran, welche die Pflanzen- und Tierwelt der fernsten Länder aufsuchten. In der Zoologie erwarben sich Karl de Geer (gest. 1778), in der Astronomie Anders Celsius (gest. 1744), in der Physik O. Bergman (gest. 1784), in der Chemie Wallerius (gest. 1785) und Gahn (gest. 1818), besonders aber Scheele (gest. 1786) große Verdienste. Die Geschichte trat allmählich in ein andres Stadium ein: sie ward jetzt mit größerer kritischer Genauigkeit und nach gesündern Grundsätzen geschrieben. Dazu wurde der Weg besonders gebahnt durch O. v. Dalin in "Svea rikes historia" (Stockh. 1743 ff., 3 Bde.), mehr noch durch Lagerbring (gest. 1787) in seiner "Svea rikes historia", die beide jedoch nur bis 1457 reichen, Anders af Botin (gest. 1790, "Utkast till svenska folkets historia") und A. J. ^[Anders Johan] v. Höpken (gest. 1789), genannt der "schwedische Tacitus". Als hervorragende Sprachforscher sind Johan Ihre (gest. 1780), Sven Hof (gest. 1786), der oben erwähnte Botin ("Svenska språket i tal och skrift") und Abrah. Sahlstedt (gest. 1776) namhaft zu machen.

Auch die Dichtkunst erhielt einen neuen Aufschwung durch Olof von Dalin (gest. 1764), der zuerst einen Namen gewann durch die Herausgabe der ihrer Zeit berühmten Zeitschrift "Argus", späterhin auch mit großem Glück als Dichter, hauptsächlich als Gelegenheitsdichter, auftrat, und dessen Produkte sich durch eine vortreffliche Behandlung der Sprache auszeichnen. In seine Fußstapfen traten die durch ihre lyrische Wärme anziehende Frau Nordenflycht (gest. 1763), Gust. Philipp Creutz (der Verfasser des Idylls "Atis och Camilla", gest. 1785) und mehrere Mitglieder der Gesellschaft "Utile dulci". Auch die ersten schwedischen Romanschriftsteller, Henrik Mörk (gest. 1763, "Adalrik und Göthilda" und "Thekla") und Jak. Wallenberg (gest. 1768; "Min son på galejen"), sind hier anzuführen.

Unter Gustav III., der durch die Stiftung der schwedischen Akademie (1786) eine neue Epoche in der schwedischen Litteratur einleitete, traten mehrere bedeutende Dichter auf. Leider war aber Gustav ein unbedingter Bewunderer der klassischen französischen Poesie wie des französischen Geistes überhaupt und richtete darum seine Akademie vollständig nach dem Muster der Pariser ein. Die Folge davon war, daß