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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Spinnendistel; Spinnentiere

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Spinnendistel - Spinnentiere.

ergänzt und 1775 durch Wasserkraft betrieben, woher ihre Bezeichnung Watermaschine rührt. Um dieselbe Zeit erfand Hargreaves in Standhill die nach seiner Tochter genannte Jennymaschine, die statt der Streckwalzen die sogen. Presse (zwei zusammengepreßte horizontale Latten) besaß, welche das Band festhielt, während die nach Art des Handrades konstruierten Spindeln vertikal auf einem bewegten Wagen standen, das Ausziehen und Drehen besorgten und beim Rückwärtsfahren das gedrehte Produkt aufwickelten. Im J. 1779 endlich vereinigte Crompton in Firnwood das Streckwerk der Watermaschine mit dem Spinnwerk der Jennymaschine zu jener Maschine, welche unter dem Namen Mule (Maulesel, als Bastard zwischen der Water- und Jennymaschine), später, namentlich von Roberts zu Manchester 1825, als Selfaktor ausgebildet, als die größte Erfindung auf dem Gebiet der Spinnerei zu gelten hat, da sie das S. der feinsten Garne gestattet, wozu die Watermaschine ungeeignet ist. Um das Jahr 1830 erfand Jenks in Amerika die sogen. Ringspindel, welche die Grundlage der immer mehr in Aufnahme kommenden Ringspindelbank bildet. Erst nachdem die mechanische Baumwollspinnerei zu hoher Entwickelung gekommen war, vollzog sich ein ähnlicher Prozeß auf den Gebieten der Flachs- und Wollspinnerei, wenn auch viel langsamer, weil die Beschaffenheit dieser Materialien bezüglich der mechanischen Verarbeitung bedeutend größere Schwierigkeiten bietet, die zum Teil noch jetzt nicht überwunden sind. Die wichtigste Erfindung machte hier Girard in Paris durch Lösung der von Napoleon I. 1810 gestellten Aufgabe, "den Flachs auf Maschinen zu spinnen", indem er noch in demselben Jahr ein Patent auf eine Flachsfeinspinnmaschine erhielt, welche in der Anwendung von Hechelkämmen zum Ausziehen als auch in der Benutzung von Wasser (Naßspinnen) die Lösung des Problems darbot und in der Grundlage unverändert geblieben ist. In der Kammwollspinnerei war die Erfindung der Kämmmaschine epochemachend, welche nach unzähligen, zum Teil beachtenswerten Versuchen erst 1829 von Opelt zu Hartau und Wieck zu Schlema brauchbare Gestalt annahm, bis einerseits Lister und Donisthorpe (1850), anderseits Heilmann und Schlumberger zu Mühlhausen (1851) die schwierige Aufgabe des Maschinenkämmens auf zwei verschiedenen Wegen glänzend lösten. Vgl. B. Nieß, Baumwollspinnerei (2. Aufl., Weim. 1885); Leigh, Science of modern cotton spinning (3. Aufl., Lond. 1875, 2 Bde.); Grothe, Technologie der Gespinstfasern, Bd. 1 (Berl. 1877); Lohren, Kämmmaschinen (Stuttg. 1875); Kronauer, Atlas der Spinnerei und Weberei (2. Aufl., Hannov. 1878); Marshall, Der praktische Flachsspinner (deutsch, Weim. 1888); Pfuhl, Die Jute und ihre Verarbeitung (Berl. 1888); Hoyer, Spinnerei und Weberei (2. Aufl., Wiesb. 1888).

Spinnendistel, s. Cnicus.

Spinnentiere (Arachniden, Arachnida, hierzu Tafel "Spinnentiere"), Klasse der Gliederfüßler (Arthropoden), meist kleine Tiere von sehr mannigfacher Gestalt. Kopf und Brust sind bei ihnen gewöhnlich zu Einem Stück, dem sogen. Cephalothorax, verschmolzen. Die vordern, als Kiefer verwendeten Gliedmaßen des Kopfes, die Kieferfühler, entsprechen vielleicht den Fühlern der Insekten, dienen aber nicht als solche, sondern als Kiefer und enden oft mit einer Schere (Skorpione) oder Klaue (Spinnen); auch das zweite Gliedmaßenpaar, die Kiefertaster, hat im allgemeinen ähnlichen Bau und ähnliche Verwendung. Es folgen dann vier Paar Beine, von denen nur selten das erste als Taster und Kiefer zugleich fungiert, gewöhnlich jedoch gleich den übrigen zum Laufen dient. Diese Beine bestehen aus sechs oder sieben Gliedern. Der Hinterleib ist äußerst verschieden und hat seine Zusammensetzung aus Ringen (Segmenten) nur noch bei den Skorpionen und ihren nächsten Verwandten bewahrt, ist bei den Spinnen einfach rundlich und durch einen dünnen Stiel mit dem Cephalothorax verbunden, bei den Milben sogar mit diesem verschmolzen. Er trägt keine Beine. Auch der innere Bau ist bei den einzelnen Ordnungen der S. sehr verschieden. Das Nervensystem ist meist in Gehirn und Bauchmark geschieden, letzteres auch wohl in eine Reihe Nervenknoten (Ganglien) getrennt, gewöhnlich jedoch zu einer einzigen Nervenmasse verschmolzen. Die Augen sind unbeweglich und stehen, 2-12 an der Zahl, auf der Oberseite des Cephalothorax; Gehörorgane sind nicht mit Sicherheit bekannt; zum Tasten dienen die Kiefertaster und die Enden der Beine. Der Darmkanal läuft meist geradlinig vom Mund zum After und zerfällt in eine engere Speiseröhre und einen weitern, meist mit seitlichen Blindsäcken versehenen Darm; häufig läßt sich an letzterm der Anfang als Magen unterscheiden. Speicheldrüsen, Leber und Harnorgane in verschiedener Form sind fast immer vorhanden. Kreislaufsorgane fehlen nur bei den niedersten Milben, bei den übrigen liegt das Herz gewöhnlich als mehrkammeriges Rückengefäß im Hinterleib; es besitzt seitliche Spaltöffnungen zum Eintritt des Bluts und häufig Arterienstämme am vordern und hintern Ende. Besondere Atmungsorgane fehlen gleichfalls bei manchen Milben völlig und sind im übrigen Tracheen (s. d.), in welche die Luft durch Luftlöcher (Stigmen) eintritt. Mit Ausnahme der Tardigraden (s. unten) sind die S. getrennten Geschlechts. Die Männchen, oft durch äußere Merkmale unterschieden, besitzen paarige Hodenschläuche, aber in der Regel keine eignen Begattungsorgane, so daß mitunter so entfernt gelegene Gliedmaßen wie die Kiefertaster der Spinnen die Übertragung des Samens auf das Weibchen übernehmen. Letzteres hat einen unpaaren oder paarige Eierstöcke, deren Eileiter meist gemeinschaftlich am Anfang des Hinterleibs ausmünden. Die meisten S. legen Eier, die sie zuweilen in Säcken bis zum Ausschlüpfen der Jungen mit sich herumtragen. Letztere haben meist schon die Form der ausgewachsenen Tiere; wenige durchlaufen eine wahre Metamorphose. Die Lebensdauer der S. ist nicht wie die der Insekten eine beschränkte; sie häuten sich auch noch nach Eintritt der Zeugungsfähigkeit in bestimmten Zeiträumen und sind zu wiederholten Malen fortpflanzungsfähig. Sie besitzen ein zähes Leben, so daß manche monatelang ohne Nahrung existieren können, und eine bedeutende Reproduktionskraft, welche sich z. B. im Wiederersatz verlorner Beine äußert. Sie nähren sich meist vom Raub andrer Gliedertiere, besonders der Insekten, die sie meist nur aussaugen; unter den niedrigsten Formen leben einige parasitisch an Wirbeltieren; wenige nähren sich von pflanzlichen Säften. Fast sämtlich sind sie Landtiere, welche sich vielfach am Tag verborgen halten und nur nachts auf Raub ausgehen. Sie sind über den ganzen Erdkreis verbreitet, doch finden sich in den heißern Zonen die meisten und größten Arten. Die nicht besonders zahlreichen fossilen Arten gehen bis in das Steinkohlengebirge zurück (z. B. die Skorpiongattung Cyclophthalmus, s. Tafel "Steinkohlenformation I").

Man teilt die S. in sechs oder mehr Ordnungen ein (die früher hierher gestellten Krebsspinnen, Pan-^[folgende Seite]