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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Stephani - Stephansorden.

des Weltpostvereins. Er hat diese Bildung zuerst angeregt und sie mit umsichtiger und kräftiger Hand gefördert, so daß dieser Gemeinschaft jetzt mit geringen Ausnahmen alle zivilisierten Staaten der Erde angehören. Daneben hat S. in umfassendster Weise für Hebung der materiellen Lage und des geistigen Wohls der Post- und Telegraphenbeamten (Kaiser Wilhelm-Stiftung für die Post- und Telegraphenbeamten, Bewilligung von Stipendien für Studienreisen, Einrichtung der Postspar- und Vorschußvereine, deren Vereinsvermögen jetzt 14 Mill. Mk. beträgt, Errichtung der Post- und Telegraphenschule in Berlin mit akademischem Lehrkursus, Errichtung des Reichspostmuseums, Gründung von Amtsbibliotheken, Sonntagsruhe etc.) gesorgt. Bis in die neueste Zeit hinein hat S. die umfassendsten Umgestaltungen sowohl bei der Post als bei der Telegraphie durchgeführt; die Zahl der Postanstalten wurde von 5400 im J. 1871 auf 18,000 im J. 1888 erhöht. Das flache Land ist mit einem dichten Netz von Landbriefträgerverbindungen zu Fuß und zu Wagen durchzogen (Verstärkung der Zahl der Landbriefträger im Reichspostgebiet von 10,000 auf über 20,000), in den Städten machen die Fernsprecheinrichtungen zusehends Fortschritte; unterirdische Telegraphenleitungen sorgen für eine von atmosphärischen Störungen unabhängige Zuverlässigkeit des Verkehrs; überseeische Kabel und Postverbindungen haben sich von Jahr zu Jahr vermehrt, und seit 1886 haben die auf Stephans Initiative ins Leben gerufenen deutschen subventionierten Postdampfschiffe ihre Fahrten eröffnet. In den ersten zehn Jahren nach Gründung des Weltpostvereins lieferte die Verwaltung unter Stephans Leitung 180 Mill. Überschuß an das Reich ab. S. gründete im Verein mit Werner Siemens den Elektrotechnischen Verein in Berlin, welchem er seit seiner Errichtung als Ehrenpräsident vorsteht. Er ist Mitglied des preußischen Herrenhauses (seit 1872) und des preußischen Staatsrats, Ehrendoktor der Universität Halle und Ehrenbürger der Städte Stolp und Bremerhaven. Auch als Schriftsteller zeichnete sich S. aus. Außer einem "Leitfaden zur Anfertigung schriftlicher Arbeiten für junge Postbeamte" schrieb er: "Geschichte der preußischen Post" (Berl. 1859), "Das heutige Ägypten" (Leipz. 1872), "Weltpost und Luftschiffahrt" (Berl. 1874) sowie zahlreiche kleinere Essays. Er begründete das "Archiv für Post und Telegraphie" und gab das "Poststammbuch" (3. Aufl., Berl. 1877) heraus.

3) (Meister Stephan), s. Lochener.

Stephani, 1) Heinrich, verdienter Pädagog der Aufklärungszeit, geb. 1. April 1761 zu Gemünden im Würzburgischen, studierte zu Erlangen, ward 1808 bayrischer Kirchen- und Schulrat und 1818 Dekan in Gunzenhausen, trat aber 1834 infolge von theologischen Streitigkeiten vom geistlichen Amt zurück und starb 24. Dez. 1850 zu Gorkau in Schlesien. Er veröffentlichte zahlreiche ihrer Zeit angesehene theologische, kirchenrechtliche, pädagogische und methodologische Schriften. Sein bleibendes Verdienst besteht in der Ausbildung und Einführung der Lautiermethode beim ersten Leseunterricht, welche vom Lautwert der Buchstaben ausgeht, statt, wie die ältere Buchstabiermethode, von den Lautzeichen und Namen der Buchstaben.

2) Ludolf, Philolog und Archäolog, geb. 29. März 1816 zu Beucha bei Leipzig, studierte hier, erhielt auf Grund seiner kunstgeschichtlichen Schrift "Der Kampf zwischen Theseus und Minotaurus" (Leipz. 1842) durch Gottfr. Hermanns Empfehlung eine Hauslehrerstelle in Athen, gab diese aber bald auf, um zu wissenschaftlichen Forschungen eine Reise durch Nordgriechenland und Kleinasien zu unternehmen, die sich schließlich bis Unteritalien und Sizilien erstreckte. Nach seiner Rückkehr folgte er 1846 einem Ruf als Professor der Philologie an die Universität Dorpat und siedelte von da 1850 nach Petersburg über, wo er als Mitglied der Akademie der Wissenschaften und Konservator der klassischen Altertümer eine große und erfolgreiche Thätigkeit entwickelte. Er starb 11. Juni 1887 in Pawlowsk. Seine Hauptwerke sind: "Reise durch einige Gegenden des nördlichen Griechenland" (Leipz. 1843); "Über einige angebliche Steinschneider des Altertums" (das. 1851); "Der ausruhende Herakles" (das. 1854); "Antiquités du Bosphore Cimmérien" (Petersb. 1854, Prachtwerk mit Bilderatlas); "Nimbus und Strahlenkranz in den Werken der alten Kunst" (das. 1859); "Die Vasensammlung der kaiserlichen Eremitage" (das. 1869, 2 Bde); "Die Antikensammlung zu Pawlowsk" (das. 1872) etc. Zahlreiche Abhandlungen von S. enthalten die "Comptes rendus" der kaiserlichen Archäologischen Kommission.

Stéphanie, Louise Adrienne Napoléone, Großherzogin von Baden, Tochter des Grafen Claude de Beauharnais (s. Beauharnais 1) und Nichte der Kaiserin Josephine, geb. 28. Aug. 1789, war 1806 von Napoleon I. adoptiert, zur Fille de France und kaiserlichen Hoheit erklärt und 8. April mit Karl Ludwig Friedrich, Erbgroßherzog von Baden, vermählt, welcher ihr aber mehrere Jahre lang entschiedene Abneigung zu erkennen gab, da er nur gezwungen die Ehe eingegangen war. Seit 1811 Großherzogin, aber seit 1818 verwitwet, residierte sie in Mannheim und starb 29. Jan. 1860 in Nizza. Sie hinterließ zwei Töchter, Josephine, geb. 21. Okt. 1813, Witwe des Fürsten Karl Anton von Hohenzollern-Sigmaringen, und Maria, geb. 11. Okt. 1817, seit 1863 verwitwete Herzogin von Hamilton, gest. 18. Okt. 1888; ihre Söhne waren kurz nach der Geburt gestorben.

Stephanit, s. Sprödglaserz.

Stephanos, röm. Bildhauer zur Zeit Cäsars, durch eine Knabenstatue in Villa Albani bekannt, Schüler des Pasiteles (s. d.).

Stephanos von Byzanz, griech. Grammatiker, lebte in der ersten Hälfte des 6. Jahrh. n. Chr. und ward bekannt als Verfasser eines umfangreichen geographischen Wörterbuchs ("Ethnica"), das uns aber nur noch in einem Auszug des Grammatikers Hermolaos erhalten ist. Die besten Ausgaben sind die von Westermann (Leipz. 1839) und Meineke (Berl. 1849).

Stephansfeld, Irrenanstalt, s. Brumath.

Stephanskörner, s. Delphinium.

Stephanskraut, s. Delphinium.

Stephanskrone, s. Stephan 4).

Stephansorden. 1) Königlich ungarischer Zivilverdienstorden, von Maria Theresia als Pendant des Militär-Maria-Theresienordens 5. Mai 1764 gestiftet und unter den Schutz des heil. Stephan gestellt. Großmeister ist der König von Ungarn. Der Orden soll 100 Ritter und drei Grade haben. Die Dekoration besteht in einem achteckigen, grün emaillierten, goldgeränderten Kreuz mit der Stephanskrone; im rot emaillierten Mittelschild steht auf einer goldenen, auf einen grünen Berg gestellten Krone ein silbernes apostolisches Kreuz und zu beiden Seiten M. T. mit der Umschrift: "Publicum meritorum praemium"; auf dem Revers, umgeben von einem Eichenkranz: "STO. ST.R.I.AP." Das große