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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Stößer - Stoy.

Errichtung von Vorschußvereinen eifrig thätig war und zu den Führern der deutschen Partei gehörte. Nachdem er 1866-69 den Posten eines Stadtdirektors von Heidelberg bekleidet hatte, wurde er zum Rat im Ministerium des Innern und zum Landeskommissar für die Kreise Mosheim, Heidelberg und Mosbach befördert. Seit 1871 Mitglied der Zweiten Kammer, wurde er 1876 zum Präsidenten des Ministeriums des Innern an Jollys Stelle ernannt. Nachdem er das Gemeindesteuerwesen zum Abschluß gebracht hatte, legte er Anfang 1880 der Zweiten Kammer einen Gesetzentwurf über die Prüfungen der katholischen Geistlichen vor, der aber nicht den Beifall der liberalen Mehrheit der Kammer fand und erst in veränderter Gestalt angenommen wurde. Bei Gelegenheit der Vereinfachung der badischen Staatsverwaltung ward daher S. 20. April 1881 seines Ministerpostens enthoben u. zum Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts ernannt und mit der Leitung des evangelischen Oberkirchenrats beauftragt.

Stößer, s. v. w. Habicht.

Stoßfuge, beim Vermauern von Steinen die senkrechte Fuge im Gegensatz zur wagerechten Lagerfuge; bei Bogen die mit der Bogenlinie konzentrische Fuge. Vgl. Gewölbe, S. 311.

Stoßheber, s. Hydraulischer Widder.

Stoßherd, s. Aufbereitung, S. 53.

Stoßmaschine, s. Hobelmaschinen, S. 588, und Lochen.

Stoßvogel, s. v. w. Habicht.

Stoßwerk, s. v. w. Prägmaschine, s. Münzwesen, S. 895.

Stötteritz, Dorf in der sächs. Kreis- u. Amtshauptmannschaft Leipzig, südöstlich bei Leipzig, hat Eisengießerei und Maschinenfabrikation, Dampfbierbrauerei, Zigarrenfabrikation, Ziegelei u. (1885) 4980 Einw. In der Nähe die Irrenanstalt von Thonberg (s. d.).

Stottern und Stammeln, Bezeichnung der fehlerhaften Sprachweisen, regelwidrigen Lautbildungen und Lautverbindungen, welche nicht auf einem Mangel in dem anatomischen Bau der Sprachorgane, sondern lediglich auf mangelhafter Beherrschung derselben durch den Willen beruhen. Dieser Fehler ist namentlich bei jüngern Individuen sehr häufig. Er tritt zurück oder verschwindet, wenn das stotternde Individuum für sich allein spricht, wenn es singt, mit Pathos deklamiert etc. Sobald aber diese den Stotternden unbefangen machenden Einflüsse wegfallen, so tritt ein Mißverhältnis zwischen den Bewegungen ein, welche zur Lautbildung, und denjenigen, welche zur Ausatmung dienen. Der Stotternde verweilt nämlich bei seinen Sprechversuchen unwillkürlich auf der jeweiligen Artikulation der Sprachorgane zu lange und vermag den Vokal nicht unmittelbar anzufügen, so daß der exspiratorische Fluß der Sprache durch die zur Lautbildung erforderlichen Muskelaktionen nicht momentan, wie im normalen Sprechen, sondern anhaltend unterbrochen wird. Merkel bezeichnet daher das Stottern einfach als einen Sprachfunktionsfehler, der darin besteht, daß die Muskelkontraktionen, die wir zum Zweck der Lautbildung vornehmen, nicht von den Ausatmungsbewegungen überwunden werden können, wie es eigentlich geschehen sollte. Das Mißverhältnis beruht wahrscheinlich zum großen Teil auf einem angebornen Moment, welches wir nicht näher kennen, zum Teil aber sicher auch in einer falschen Erziehung und Gewöhnung der für die Sprache thätigen Muskelgruppen. Die Beseitigung des Stotterns erfordert immer längere Zeit und Geduld, zumal wenn das Übel schon lange gedauert hat und der Stotternde über die erste Jugend hinaus ist. Der Stotternde muß tief einatmen, mit voller Lunge und mit enger Stimmritze ausatmen lernen; die gewaltsame Aktion der lautbildenden Organe muß mechanisch verhindert und der Fluß der Rede durch rhythmische Hilfsmittel herbeigeführt und erhalten werden. Zu diesem Zweck müssen besondere sprachgymnastische Übungen unter der Leitung eines mit der Natur des Stotterns vertrauten Lehrers angestellt werden. Abgesehen von dem eigentlichen Stottern, gibt es auch noch eine Unfähigkeit, gewisse Sprachlaute zu bilden; diesen Sprachfehler pflegt man als Stammeln zu bezeichnen. Die Fehler, welche man hierzu rechnen muß, sind fast so zahlreich, als es verschiedene Buchstaben gibt. Bemerkenswert ist ein Stammeln, welches in fehlerhafter Verbindung von Silben und Wörtern besteht und bei Kindern, namentlich bei Mädchen von 9-10 Jahren, öfter als Symptom des Veitstanzes vorkommt. Gebildetere Personen, welche in der Jugend an einem solchen Fehler litten, lernen zuweilen allmählich den Fluß der Rede dadurch herstellen, daß sie beliebige fremdartige Töne, Silben oder selbst Wörter (in welchen besonders der Laut ng und gn vorwaltet) stellenweise ihrer Rede beimischen und damit die Pausen und Unterbrechungen ausfüllen, welche sonst entstehen würden. Vgl. Merkel, Anthropophonik (Leipz. 1856); Kußmaul, Die Störungen der Sprache (2. Aufl., das. 1881); Gutzmann, Das Stottern (2. Aufl., Berl. 1887); Coën, Therapie des Stammelns (Stuttg. 1889); Derselbe, Das Stotterübel (das. 1889).

Stotternheim, Dorf im sachsen-weimar. Verwaltungsbezirk I (Weimar), an der Linie Sangerhausen-Erfurt der Preußischen Staatsbahn, hat eine evang. Kirche, eine Saline (Luisenhall) mit Solbad und (1885) 1301 Einw.

Stou, 2239 m hoher Berggipfel der Karawanken in Kärnten.

Stour (spr. staur), Name mehrerer Flüsse in England, deren wichtigster bei Harwich in die Nordsee fällt.

Stourbridge (spr. staur-bridsch), Stadt im nördlichen Worcestershire (England), südwestlich von Dudley, am Stour, hat wichtige Fabrikation von Glas und Glaswaren, Töpferwaren, feuerfesten Ziegeln und Schmelztiegeln, Eisenwerke und (1885) 9757 Einw.

Stourdza, s. Sturdza.

Stourport (spr. staur-port), Fabrikstadt in Worcestershire (England), an der Mündung des Stour in den Severn, mit Spinnerei, Teppichweberei und (1881) 3358 Einw.

Stout (engl., spr. staut), in England gebrautes starkes, dunkles Bier, wird vielfach gemischt mit dem hellern Ale oder Bitter getrunken ("s. and bitter").

Stowe (spr. stoh), Harriet Eliz., s. Beecher 2).

Stowmarket (spr. stohmarket), Stadt in der engl. Grafschaft Suffolk, am schiffbaren Gipping, hat Fabrikation von Kunstdünger und landwirtschaftlichen Geräten und (1881) 4052 Einw.

Stoy, Karl Volkmar, namhafter Pädagog, geb. 22. Jan. 1815 zu Pegau, studierte in Leipzig und Göttingen Theologie, habilitierte sich 1843 als Privatdozent der Philosophie in Jena, wo er zugleich ein pädagogisches Seminar sowie eine Erziehungsanstalt gründete, ward 1845 Professor der Philosophie, 1857 Schulrat; 1865 folgte er einem Ruf an die Universität zu Heidelberg, begab sich mit Urlaub 1867 nach Bielitz, um dort ein Lehrerseminar nach seinen Grundsätzen einzurichten, und kehrte 1868 nach Heidelberg zurück. Seit 1874 wirkte er wieder als Professor und Schulrat in Jena und starb daselbst 23. Jan. 1885.