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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Uria - Urkunde.

Dennoch fühlten sie sich von seiten Österreichs bedroht und schlossen mit Schwyz und Unterwalden das ewige Bündnis vom 1. Aug. 1291. Im J. 1309 empfing U. von Heinrich VIII die Bestätigung seiner Reichsfreiheit, wurde aber von Friedrich dem Schönen 1315 mit Schwyz und Unterwalden in die Acht erklärt und half den Sieg bei Morgarten erfechten (über die Sage von Tell und Geßler s. d.). Die Rechte der Abtei und der übrigen Grundherren wurden nach und nach losgekauft. Reibereien zwischen U. und Mailand führten seit 1403 zu einer Reihe von Feldzügen, deren Resultat die Erwerbung des Leventinathals als eines urnerischen Unterthanenlandes war (1440). In der Reformationszeit schloß sich U. stets der streng katholischen Politik von Schwyz und Luzern an. Nur unwillig fügte es sich der helvetischen Verfassung von 1798, welche es mit Schwyz, Unterwalden und Zug in einem Kanton Waldstätten verschmolz. 1799 wurde das Thal durch einen Aufstand, den Soult mit großem Blutvergießen dämpfte, dann durch die Kämpfe der Franzosen unter Lecourbe und Loyson mit den Österreichern und hernach der Russen unter Suworow in eine Wüste verwandelt. Nachdem die Mediationsakte 1803 U. wieder als selbständigen Kanton, aber ohne das Livinenthal, hergestellt, nahm es stets Anteil an den Sonderbestrebungen der ultramontanen Kantone und machte im Sonderbundskrieg einen siegreichen Einfall in sein früheres Unterthanenland Tessin, kapitulierte jedoch nach dem Fall von Luzern (27. Nov. 1847). Am 5. Mai 1850 gab sich U. seine erste Verfassung, die es 1888 revidierte. Nachdem durch die eidgenössische Volksabstimmung vom 18. Mai 1879 das Verbot der Todesstrafe aus der Bundesverfassung entfernt worden, war U. der erste Kanton, der dieselbe wieder einführte. Vgl. Schmid, Geschichte des Freistaats U. (Zug 1788-90, 2 Bde.); Lusser, Der Kanton U. (St. Gallen 1834); Derselbe, Geschichte des Kantons U. (Schwyz 1862).

Uria, Lumme.

Uriage (spr. uriahsch), Badeort im franz. Departement Isère, Arrondissement Grenoble, hat eine schwefel- und kochsalzhaltige Quelle (27° C.), ein restauriertes Schloß aus dem 13.-16. Jahrh. mit Antiquitäten- und Gemäldesammlung und Park, Reste römischer Bauten und 1900 Einw.

Urias (Uria), Name mehrerer alttestamentlicher Personen, unter welchen am bekanntesten geworden ist der Chetiter, mit dessen Frau Bathseba David Ehebruch trieb (2. Sam. 11); derselbe ward von David mit einem Schreiben an den Oberbefehlshaber Joab geschickt, worin diesem aufgegeben war, U. aus dem Weg zu räumen. Daher bedeutet Uriasbrief einen Brief, welcher dem Überbringer Unheil bringt. Die biblische Erzählung lieferte Alfred Meißner den Stoff zu einer Tragödie (»Das Weib des U.«).

Uridrosis, s. Urämie.

Uriel (»Gottes Licht«), zuerst in der Apokalypse des Esra vorkommender Name eines der sieben Erzengel, welche um Gottes Thron stehen.

Urim und Thummim (hebr., »Glanz und Wahrheit«), bisher als ein mit dem Brustschild (Choschen) des Hohenpriesters in Verbindung stehendes Orakel, welches auf geheimnisvolle Weise den Willen Gottes offenbaren sollte, gedeutet, neuerdings (Grätz, Jüdische Geschichte, Bd. 1, Note 20) erklärt als Name für die zwölf Gemmen des priesterlichen Brustschildes, die nach ihrem Glanz »Urim«, nach der von ihnen erwarteten Wirkung: höherer Spruch in zweifelhaften Lagen, »Thummim« genannt wurden.

Urin (lat. urina), Harn.

Urinatores, nach Sundevall Ordnung der Vögel, welche Taucher, Alken und Pinguine umfaßt.

Urinfistel, ein widernatürlicher, längerer oder kürzerer, geschwüriger Gang, durch welchen eine abnorme Verbindung der Harnwege mit der äußern Körperoberfläche vermittelt wird, so daß der Urin durch diese geschwürigen Gänge abträufeln kann. Die äußere Öffnung der U. kann am Damm, zwischen den Hinterbacken, am männlichen Glied, in dem Mastdarm oder in der Scheide, ja sogar in der Lendengegend (Nierengegend) liegen. Die innere Öffnung der Fistel entspringt aus der Niere, den Harnleitern, der Blase oder der Harnröhre und liegt oft weit von der äußere Fistelöffnung entfernt. Verbindet die U. die Blase mit dem Mastdarm, so entsteht die Blasenmastdarmfistel, welche bei Männern namentlich nach der Operation des Steinschnitts auftritt. Öffnet sich dagegen die Fistel von der Blase nach der Scheide, so entsteht die Blasenscheidenfistel. Diese entsteht infolge von Zerreißungen bei schweren Geburten und ist eine der lästigsten unheilbaren Begleiterscheinungen beim Gebärmutterkrebs. In der Behandlung der Blasenscheidenfisteln feiert die moderne Chirurgie einen ihrer glänzendsten Triumphe. Während dieselben noch vor wenigen Jahrzehnten als gänzlich unheilbar galten, mißlingt in den Händen eines geschickten Operateurs kaum je die Heilung.

Urinös (lat.), harnstoffhaltig. Urinöse Infiltration, Durchtränkung der Gewebe mit Harn; bei Zerreißung der Harnleiter oder Beckenbrüchen vorkommende Komplikation, welche zu brandiger Zerstörung der Gewebe, Verjauchung und Blutvergiftung führen kann.

Urinsäure, s. v. w. Harnsäure oder Hippursäure.

Uri-Rothstock, s. Titlis.

Uriya (Orija), s. Orissa.

Urk, Insel im Zuidersee, 80 Hektar groß, mit gutem Hafen, Leuchtturm, Fischerei und 2416 Einw. Der westliche (diluviale) Teil liegt 8 m, der östliche (alluviale) nur 1-3 dm über dem Pegel von Amsterdam. Früher ward Bernstein, allerdings in geringer Menge, auf U. gefunden.

Urkalk, körniger Kalt, der als ein untergeordnetes Glied des sogen. Urgebirges (s. d.) auftritt. In ähnlichem Sinn spricht man von Urdolomit, Urgips, Urgneis, Urschiefer etc.

Urkornalge, s. Protococcus.

Urkunde (Instrumentum, Documentum), im weitesten Sinn jeder äußere Gegenstand, durch den eine Thatsache bewiesen werden soll, also auch Zeugen und Sachverständige; in engerer Bedeutung ein lebloser Gegenstand, dessen Beschaffenheit die Einwirkung menschlicher Thätigkeit erkennen und daraus auf diese Thätigkeit selbst schließen läßt. Hiernach gehören nicht nur schriftliche und gedruckte Aufsätze, von denen man das Wort U. im engsten Sinn gebraucht, sondern auch Grenzzeichen, Denkmäler, Münzen, Bilder, alte Inschriften etc. zu den Urkunden. Man teilt die Urkunden ein in öffentliche (actes authentiques) und Privaturkunden. Unter den öffentlichen Urkunden (instrumenta publica) sind solche Urkunden zu verstehen, die von einem Gericht oder einer andern Staatsbehörde oder sonst von einer mit öffentlicher Glaubwürdigkeit versehenen Person, z. B. einem Notar, Gerichtsvollzieher, Zivilstandesbeamten oder Pfarrer, in ihrer Amtsfunktion errichtet sind. Privaturkunden (instrumenta privata, actes sous seing privé) sind diejenigen, welche bloß von Privatpersonen ausgestellt sind. Ferner teilt man die Urkunden ein in Originalurkunden (Urschriften)