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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Vauvenargues - Vedute.

durch welche er sich die Stellung eines der ersten deutschen Genremaler erwarb. Seine Werke sind durch Sicherheit der Zeichnung, eine Charakteristik von größter Mannigfaltigkeit, Tiefe und Feinheit, eine durchweg edle, vornehme Auffassung, ein stimmungsvolles Kolorit, welches sich der Komposition unterordnet, durch Tiefe und Wahrheit der Empfindung und, wo es der Stoff mit sich bringt, durch liebenswürdigen Humor ausgezeichnet. Die hervorragendsten und volkstümlichsten derselben sind: kartenspielende Bauern, von ihren Frauen überrascht (1862, im Museum zu Leipzig), der Sonntag in Schwaben, der Leichenschmaus (1865, Museum zu Köln), die erste Tanzstunde (1868, Nationalgalerie in Berlin), Bauer und Makler, Toast auf die Braut (1870, in der Kunsthalle zu Hamburg), ein Zweckessen (1871), das Begräbnis (1872), Abfahrt zur Hochzeitsreise (1875), Gemeinderatsversammlung (1876), auf dem Standesamt (1877), die Tanzpause (1878, Galerie zu Dresden), die Verhaftung (1879), Schwarzer Peter (1883), das entflohene Modell (1886), die bange Stunde (1887) und das neue Gemeindemitglied (1888). V. ist auch als Illustrator (Immermanns »Oberhof«, Auerbachs »Barfüßele« u. a. m.) thätig gewesen. Er lebt als königlicher Professor in Düsseldorf.

Vauvenargues (spr. wohw'nárgh), Luc de Clapier, Marquis de, berühmter franz. Moralist, geb. 6. Aug. 1715 zu Aix, ergriff die militärische Laufbahn, kämpfte 1734 in Italien, 1742 in Böhmen, quittierte infolge seiner geschwächten Gesundheit den Dienst und widmete sich mit großem Eifer dem Studium, wobei er in enge Verbindung mit Marmontel und Voltaire trat, starb aber schon 9. März 1747. Von tiefer Religiosität und festem Charakter, voll heißen Dranges nach der Wahrheit, ist V. eine der edelsten und moralischten Erscheinungen jener verderbten Zeit. Seine Schreibweise ist klar und einfach, oft fein und anmutig, seine Sprache nicht immer korrekt. Seinen Ruhm verdankt er dem Werk »Introduction à la connaissance de l'esprit humain« und den damit verbundenen »Réflexions et maximes« (1747). Hinsichtlich der Form steht es den »Caractères« von La Bruyère nach, übertrifft sie aber an Reinheit, Wärme und Adel der Gesinnung. Seine Werke wurden herausgegeben von Gilbert (Par. 1857, 2 Bde.) und Plon (das. 1874, 3 Bde.).

Vauvert (spr. wowähr), Stadt im franz. Departement Gard, Arrondissement Nîmes, an der Eisenbahn von Nîmes nach Aigues-Mortes, hat ein Schloß, eine protestantische Konsistorialkirche, Fabrikation von Likör und Hüten, ansehnlichen Handel mit Wein und Spirituosen und (1881) 3460 Einw.

Vauxhall (spr. wohx-hahl), früher öffentlicher Vergnügungsort in London, bei der jetzigen Vauxhallbrücke gelegen, wurde bald nach der Restauration (1660) eröffnet, erreichte um die Mitte des 18. Jahrh. seinen Höhepunkt als einer der Versammlungsorte der fashionabeln Welt, wurde aber 1835 geschlossen. Der Name stammt wahrscheinlich von seinem ursprünglichen Besitzer. Nach ihm sind ähnliche Lustorte in andern Städten genannt worden.

Vae victis! (lat.), »wehe den Besiegten!«, ein von Livius (5, 48) dem siegreichen Brennus (s. d.) zugeschriebener Ausruf.

Vay, Nikolaus, Baron, ungar. Staatsmann, geb. 29. April 1802 zu Alsó-Zsolcza, Borsoder Komitat, studierte an der Universität und am Polytechnikum in Wien, war 1831, zur Zeit des Choleraaufstandes, königlicher Kommissar für die Komitate Borsod, Hevés, Neográd, Gömör, Tarna und den Distrikt Jazygien, 1846 bevollmächtigter Zivil- und Militärkommissar zur Bewachung der nördlichen Grenze Ungarns während des galizischen Bauernaufstandes und 1848 königlicher Kommissar in Siebenbürgen. Die ihm 1850 von der Wiener Regierung angebotene Stelle eines Gouverneurs von Ungarn wies er zurück, wurde 1852 zum Güterverlust und zum Tod verurteilt, jedoch begnadigt und kurze Zeit in Haft gehalten. Seine Güter wurden seinen Kindern zurückgegeben. Aus der Zurückgezogenheit, in der er von da an lebte, trat er 1859 infolge des Protestantenpatents hervor, erwirkte die Zurücknahme desselben und die Wiedereinsetzung der protestantischen Kirche Ungarns in ihre Rechte und ward 1860 zum königlich ungarischen Hofkanzler ernannt, von welcher Stelle er jedoch 1861 zurücktrat. 1884 wurde er zum Präsidenten des ungarischen Magnatenhauses ernannt.

Vayu (Hayu), Himalajavolk in den Wäldern von Nepal. Vgl. Dalton, Descriptive ethnology of Bengal (Kalkutta 1872).

Vazieren (lat.), frei oder dienstlos sein.

Vecellio (spr. wetschéllio), Tiziano, s. Tizian.

Vechel (Veghel), Stadt in der niederländ. Provinz Nordbrabant, an der Aa und der Eisenbahn Boxtel-Wesel, Sitz eines Kantonalgerichts, hat ein Schloß (Frisselstein), ein schönes Rathaus, mehrere Kirchen, Ackerbau, Viehzucht, starke Holzschuhmacherei und (1887) 5549 Einw.

Vechelde, Dorf im braunschweig. Kreis Braunschweig, an der Linie Braunschweig-Hannover der Preußischen Staatsbahn, hat eine evang. Kirche, ein ehemaliges Schloß, ein Amtsgericht, eine Zuckerfabrik, Jute- und Flachsspinnerei und (1885) 1301 Einw.

Vecht, 1) (Holländische V.) ein Arm des Rheins in den niederländ. Provinzen Utrecht und Nordholland, geht bei Utrecht rechts ab, fließt nördlich und fällt bei Muiden in den Zuidersee. -

2) (Overysselsche V.) entspringt nordwestlich von Münster in Westfalen, fließt durch das Hannöversche, tritt südlich von Koevorden in die niederländische Provinz Overyssel über, berührt die Städte Hardenberg und Ommen, empfängt links die Regge und verbindet sich zwischen Hasselt und Zwolle mit dem Zwartewater (s. d.); 195 km lang.

Vechta, Amtsstadt im Großherzogtum Oldenburg, an der Vechta (Nebenfluß der Hase) und an der Linie Ahlhorn-V. der Oldenburgischen Staatsbahn, hat eine evangelische und eine kath. Kirche, ein Gymnasium, ein Schullehrerseminar, eine Strafanstalt, ein Amtsgericht, einen großen Pferdemarkt und (1885) 2366 Einw. V. war ehedem Festung und bildete mit der Umgegend eine eigne Herrschaft.

Veckerhagen, Flecken im preuß. Regierungsbezirk Kassel, Kreis Hofgeismar, an der Weser, 110 m ü. M., hat eine evang. Kirche, ein Schloß, ein Amtsgericht, eine Oberförsterei, eine Eisenhütte, Farbenfabrikation und (1885) 1581 Einw.

Vectigalĭa (lat.), bei den Römern ursprünglich die in die Staatskasse fließenden Erträge der Staatsdomänen; dann s. v. w. Steuern.

Vector (Radius vector), s. Radius.

Veda, s. Weda.

Vedetten (franz.), Vorposten von Kavallerie, s. Sicherheitsdienst.

Vedretta Marmolāta, s. Marmolata.

Vedūte (ital. veduta), in der Landschaftsmalerei s. v. w. Aussicht, Prospekt; dann überhaupt eine untergeordnete Gattung der Landschaftsmalerei, welche nur die Einzelheiten hervorhebt, ohne nach künstlerischer Auffassung zu streben.