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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Volkssouveränität - Volkswirtschaftslehre.

tionnaire de pédagogie, etc. (Par. 1878-87, 4 Bde.); Hauffe, Volksschulwesen u. Lehrerbildung in Österreich (Gotha 1887); Schröder, Das Volksschulwesen in Frankreich (Köln 1884-87, 2 Bde.); Jolly, Die französische V. unter der dritten Republik (Tübing. 1884); Lauer, Entwickelung des niederländischen (seit 1857) und des belgischen (seit 1842) Volksschulwesens (beide Berl. 1885); »Pädagogischer Jahresbericht« (Leipz., seit 1847; jetzt hrsg. von Richter).

Volkssouveränität, s. Republik.

Volkstedt, Dorf im Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt, Landratsamt Rudolstadt, an der Saale, bekannt durch den Aufenthalt Schillers l788, hat eine evang. Kirche, eine große Porzellanfabrik, eine Porzellanmalereianstalt, eine Mahl-, Schneide- u. Gipsmühle und (1885) 955 Einw.

Volkstheater, ein Nebentheater in großen Städten, das mehr für die Sphäre der niedern Stände berechnet ist und deren Begriffen angemessene Stücke gibt. Seit der 1869 eingetretenen Gewerbefreiheit haben die V. eine schrankenlose Erweiterung erfahren; sie haben zum Teil selbst das klassische Repertoire mit Glück in ihren Bereich gezogen, im allgemeinen aber sich auf eine Spezialität: Operette oder Posse, geworfen. Infolge einseitiger Bevorzugung der letztern Gattung trat schnell ein allgemeiner Verfall der V. ein, und es machten sich dem gegenüber Bestrebungen geltend, welche das V. zu einer wirklichen Bildungsstätte für die unbemittelten Klassen des Volkes machen und das V. der geschäftlichen Ausbeutung von Theaterunternehmern entziehen wollen. Diese Bestrebungen fanden eine lebhafte Förderung durch die volksmäßig organisierten und von Dilettanten unternommenen Lutherspiele von Herrig, Devrient, Henzen und Trümpelmann und durch lokale Festspiele (der Meistertrunk in Rothenburg a. T., Hutten-Sickingen-Spiel von Bungert in Kreuznach) sowie durch Versuche, wirkliche V. zu gründen, von denen bis jetzt (1889) zwei ins Leben getreten sind: das von March in Berlin erbaute Volks- und Festtheater in Worms und das im September 1889 eröffnete V. in Wien (geleitet von E. v. Bukovics). Ein »Verein zur Begründung deutscher Volksbühnen« besteht seit 1889 in Berlin. Vgl. Herrig, Luxustheater und Volksbühne (Berl. 1886); Schoen, Ein städtisches V. und Festhaus in Worms (Worms 1887).

Volksthing (Folkething), s. Dänemark, S. 506.

Volkstracht, s. v. w. Nationaltracht (s. d.).

Volkstribun, s. Tribunen.

Volksvermögen, s. Vermögen.

Volksversammlung, s. Vereinswesen.

Volksvertretung (Volksrepräsentation), die Stellvertretung des gesamten Volkes durch hierzu berufene Vertreter (Abgeordnete, Deputierte, Landstände, Mandatare, Repräsentanten, Landtag, Gesetzgebender Körper), durch welche die Regierten das Recht der Mitwirkung ausüben, welches ihnen der Regierung gegenüber in Ansehung wichtiger Regierungshandlungen, namentlich bezüglich der Gesetzgebung, zusteht. Die V. der modernen Repräsentativverfassung (Repräsentativsystem) in der konstitutionellen Monarchie unterscheidet sich von dem ständischen System, welches früher verbreitet war, dadurch, daß nach letzterm nur Vertreter gewisser Stände (»Landstände«), und zwar meistens nur mit beratender Stimme, von der Regierung zugezogen wurden (landständisches System), während die V. im Sinn und nach den Bestimmungen der neuern Verfassungsurkunden eine Vertretung des Volkes in seiner Gesamtheit bezweckt, so daß die Abgeordneten keineswegs nur als Vertreter ihres Standes oder ihres Wahlkreises erscheinen, auch an Instruktionen seitens ihrer Wähler nicht gebunden sind (parlamentarisches, konstitutionelles System). Dasselbe gilt von der repräsentativen Demokratie (s. d.) im Gegensatz zur unmittelbaren (antiken) Demokratie, in welch letzterer das Volk selbst unmittelbar in der Volksversammlung die Regierungsgewalt ausübt. In den größern Staaten besteht dabei nach dem Vorgang Englands die Einteilung der V. in zwei repräsentative Körperschaften (Zweikammersystem, im Gegensatz zum Einkammersystem der Kleinstaaten), von denen nur die Zweite Kammer (Unterhaus, Abgeordnetenhaus, Volkskammer) lediglich aus Wahlen der Staatsbürger hervorgeht, während die Erste Kammer (Oberhaus, Herrenhaus, Pairskammer) auf Grund von Ernennungen seitens der Krone, auf Grund ständischer Wahlen und besonderer Notabilität oder vermöge erblichen Rechts (Standesherren) zusammengesetzt wird. So bildet die letztere ein konservatives Gegengewicht der Zweiten Kammer gegenüber, indem zugleich durch das Zweikammersystem dem Bedürfnis einer gründlichen und wiederholten Erörterung der politischen Fragen durch zwei verschiedene Körperschaften, der Wahrung begründeter ständischer Interessen Rechnung getragen und das Majoritätsprinzip, welches der Abstimmung in den Kammern selbst zu Grunde liegt, gemildert werden soll. Die deutsche Reichsverfassung hat das Zweikammersystem trotz des Dualismus von Bundesrat und Reichstag nicht angenommen, da die Mitglieder des Bundesrats lediglich Vertreter der verbündeten Staatsregierungen sind. Obgleich übrigens das ständische System aufgegeben, ist doch die Bezeichnung Stände (Landstände) für die Landtage geblieben, deren Angehörige auch als Landboten im Gegensatz zu den Reichsboten, d. h. den Mitgliedern des Reichstags, bezeichnet werden. Die Art und Weise, wie die Wahlen zur V. zu erfolgen haben, ist durch besondere Wahlgesetze bestimmt (s. Wahl). Über die Volksvertretungen der einzelnen Staaten vgl. die betreffenden Artikel (z. B. Frankreich, Preußen etc.) und den Artikel »Reichstag«.

Volkswirtschaft (Nationalökonomie), s. Wirtschaft und Volkswirtschaftslehre.

Volkswirtschaftlicher Kongreß, eine 1858 zum erstenmal in Gotha zusammengetretene Wanderversammlung, welche sich die Agitation im Sinn der wirtschaftlichen Freiheit zur Aufgabe gestellt hat. In den ersten Jahren seines Bestehens wirkte er hauptsächlich für Gewerbefreiheit und Freizügigkeit sowie für Förderung des Genossenschaftswesens. Seit den Ereignissen von 1866 wandte er seine Aufmerksamkeit vorzugsweise der Gestaltung des Bank- und Münzwesens zu. Seine Beschlüsse von 1871 waren ausschlaggebend für die Goldwährung, diejenigen von 1874 für die Beschränkung der Banknoten. Der 1872 in Eisenach gegründete Verein für Sozialpolitik trat ihm anfangs gegnerisch entgegen, doch wurde 1875 zwischen beiden Vereinen eine 1880 wieder rückgängig gemachte Verabredung getroffen, nach welcher in jedem Jahr nur einer der beiden Vereine abwechselnd tagen und die Mitglieder des andern an demselben teilnehmen sollten. Die Mitgliedschaft am volkswirtschaftlichen Kongreß steht gegen ein mäßiges Eintrittsgeld jedermann offen. Vorsitzender ist fast seit Beginn Karl Braun (s. d. 8). Die Berichte über die Verhandlungen erschienen seit 1861 regelmäßig im Druck.

Volkswirtschaftslehre (Nationalökonomie, Nationalökonomik, nach der griechischen Benennung