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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Vulkane

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Vulkane (geographische Verbreitung, Entstehungstheorien).

Geographische Verbreitung der Vulkane.

^[Liste]

Festland von Europa 1

Mittelmeerinseln 6

Festland von Afrika 17

Afrikanische Inseln 10

Westindien 5

Arabien 1

Submariner Vulkan bei Ponditscherri 1

Kamtschatka 12

Alaska 3

Festland der Ver. Staaten 10

Mexiko 10

Zentralamerika 26

Ecuador 14

Peru und Bolivia 6

Chile 17

Feuerland 1

Neuguinea 5

Neuseeland 3

Alëuten 31

Kurilen 10

Japan 17

Zwischen Japan und Philippinen 8

Philippinen, Molukken, Sundainseln 49

Island 9

Jan Mayen 2

Azoren 6

Kanaren 3

Kapverdische Inseln 1

Antillen 6

Atlant. Ozean (submar.) 3

V. im Indischen Ozean 5

V. im Stillen Ozean 26

Südliches Eismeer 2

Summe der thätigen Vulkane: 326

Alle diese V. liegen mit wenigen Ausnahmen auf Inseln, die des Festlandes sämtlich in der Nähe der Küste. Denn die beiden in der Fuchsschen Originaltabelle als in »Zentralasien« existierenden blieben hier weg, weil es neuere Forschungen sehr wahrscheinlich machen, daß es sich nicht um V., sondern um Erdbrände handelt. Dieses Bild der Abhängigkeit in der Lage von der Nähe großer Wasserbecken ändert sich nicht, wenn die etwa 400 V. hinzugezogen werden, welche als erloschen zu betrachten sind, aber nach Natur und Lagerungsweise des Materials eine unbestreitbare Analogie mit den noch thätigen Vulkanen darbieten. So ist namentlich der Stille Ozean an fast allen seinen Küsten von Vulkanreihen garniert: im O. und S. die chilenischen V., denen sich nach N. die von Peru, Ecuador und Kolumbien anschließen; ihnen folgen die V. von Zentralamerika und Mexiko. Während die Westküste Nordamerikas nur hier und da Spuren der vulkanischen Thätigkeit aufweist, wird auf Alaska die Vulkanreihe wieder dichter, zieht sich über die Alëuten nach Nordasien hinüber, durch Kamtschatka hindurch über die Kurilen hin nach Japan, den Philippinen und Molukken bis zu dem Süden, wo Sumatra und Java an Vulkanen reiche Territorien besitzen. Hierzu kommen noch die Inseln des Stillen Ozeans, in erster Linie die Sandwichinseln.

Die Nähe des Wassers scheint demnach eine Grundbedingung für die Entwickelung der vulkanischen Thätigkeit zu sein. Über die letzten Ursachen der vulkanischen Erscheinungen waren und sind die Ansichten der Geologen geteilt. Waren für die Wernersche Schule die V. nur die oberflächlichen Signale unterirdischer Erd- und Kohlenbrände, so ist im Gegensatz hierzu nach der Ansicht Buchs und Humboldts die vulkanische Eruption das örtliche Symptom eines allgemeinen Zustandes der ganzen Erde. Humboldts oft citierte Definition: »Vulkanismus ist die Reaktion des noch flüssigen Erdinnern gegen die schon erstarrte Kruste« bringt, fußend auf der Laplace-Kantschen Hypothese über die Bildung unsers Planeten, Erdbeben, Lavenströme, heiße Quellen und die Erscheinung der Temperaturzunahme nach dem Erdinnern zu unter einen gemeinschaftlichen Gesichtspunkt, gegen dessen Richtigkeit freilich neuere Forschungen gewichtige Bedenken erhoben haben. Muß doch für alle besser studierten Erdbeben der Ausgangspunkt der Erschütterung viel oberflächlicher angenommen werden, als daß er in die Grenzebene zwischen Erdkruste und flüssigem Erdinnern sich verlegen ließe, und ist doch dieser feurig flüssige Zustand des Erdinnern selbst, das »Zentralfeuer«, neuerdings zu gunsten der Annahme eines festen Aggregatzustandes auch der zentralen Partien unsers Planeten stark angegriffen worden. So hat die Erklärung der V. als rein lokaler Erscheinungen, hervorgerufen durch chemische Prozesse, jetzt wieder mehr Anhänger erobert. Eine nähere Erforschung dieser Prozesse aber und des Mechanismus der Herauspressung des Materials bleibt als noch offene Frage zukünftigen Untersuchungen vorbehalten. Nur die hervorragende Mitwirkung des Wassers darf unter Hinweis auf den nie fehlenden Wasserdampf bei den Eruptionen und auf die Lage der weitaus meisten V. schon jetzt als erwiesen betrachtet werden und ist durch Hochstetter auch experimentell wahrscheinlich gemacht worden. Derselbe benutzt unter einem Druck von 2-3 Atmosphären und diesem entsprechender Temperatur (128° C.) mit Wasserdampf geschmolzenen Schwefel zur Herstellung kleiner Vulkanmodelle, welche je nach geringen, im Willen des Experimentators liegenden Modifikationen des Versuchs die verschiedenen Formen der V. (Stratovulkane, homogene V., Sommabildung) nach äußerm und innerm Bau und die Arten des Auswurfsmaterials (Lavenströme, Lavendecken, Bomben) im kleinen täuschend nachahmen. Für die Darstellung des Ausbruchs eines parasitischen Kegels und des wechselvollen Spiels im Krater selbst dienen die Bilder vom Ätna nach Sartorius v. Waltershausen (s. Tafel, Fig. 1-3). Zwei Bilder vom Vesuv (s. Tafel, Fig. 5 u. 6) stellen extreme Beispiele der Oberflächenbeschaffenheit frisch erkalteter Lavenströme (Gekröselava und Blocklava) dar.

Vgl. Humboldt, Über den Bau und die Wirkung der V. (Berl. 1824); Derselbe, Kosmos, Bd. 4 (Stuttg. 1858); v. Buch, Über Erhebungskrater und V. (das. 1835); v. Hoff, Geschichte der durch Überlieferung nachgewiesenen natürlichen Veränderungen der Erdoberfläche (Gotha 1822-42, 5 Tle.); Landgrebe, Naturgeschichte der V. (das. 1855, 2 Bde.); Derselbe, Mineralogie der V. (Kassel 1870); Reiß, Insel Palma (Wiesbad. 1861); Hartung, Betrachtungen über Erhebungskrater (Leipz. 1862); Fuchs, Die vulkanischen Erscheinungen der Erde (das. 1865); v. Seebad, Vorläufige Mitteilung über die typischen Verschiedenheiten im Bau der V. (Berl. 1866); die »Considerations on volcanoes« von Scrope (weiteres s. d.); Schmidt, Vulkanstudien (Leipz. 1874); Mallet, Über vulkanische Kraft (deutsch von Lasaulx, Bonn 1875; hierzu die ausführliche Kritik Langs in den »Göttinger gelehrten Anzeigen«

^[Abb.: Fig. 5. Die Wirkungen der Eruption des Krakatoa im August 1883.]