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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Wechselschluß - Wechsler.

Wechselschluß (Wechselvorvertrag, Pactum de cambiando), derjenige Vertrag, welcher die Ausstellung oder Begebung eines Wechsels vorbereitet. Er enthält die vertragsmäßige Verpflichtung einer Person zur Lieferung eines richtigen und der bedungenen Form entsprechenden Wechsels. Die vertragschließenden Teile kommen also dahin überein, demnächst einen Wechselvertrag (s. d.) abzuschließen. In der Regel bezieht sich der W. auch auf die Valuta, d. h. auf diejenige Leistung, welche der Lieferer (Aussteller, Indossant, Acceptant) des Wechsels als Entgelt für den Wechsel erhalten soll. X. verspricht z. B. dem Z. einen Wechsel über 1000 Mk., zahlbar in drei Monaten, zu liefern, während Z. dem X. dagegen Waren in demselben Wertbetrag als Valuta verkauft. Der W. begründet keine wechselmäßigen, d. h. nach Wechselrecht klagbaren, Verpflichtungen, während dies bei dem Wechselvertrag, d. h. bei dem vertragsmäßigen Ausstellen und Begeben des Wechsels, selbst allerdings der Fall ist. Vgl. Wechsel.

Wechselseitiger Unterricht (gegenseitiger Unterricht), diejenige Einrichtung der Vorschulen, nach welcher die vorgerücktern Schüler unter Oberaufsicht eines Lehrers die schwächern unterrichten, wodurch es möglich wird, mit verhältnismäßig geringen Kosten eine ungewöhnlich große Anzahl Schüler unter Einem Lehrer zu beschulen. Der wechselseitige Unterricht, zu dem die Not in überfüllten Schulen in engern Grenzen schon immer gedrängt hatte, wurde durch den Schotten Andrew Bell (s. d. 1) und den Engländer Joseph Lancaster (s. d. 2) gegen Ende des vorigen Jahrhunderts fast gleichzeitig und übereinstimmend nach einem festen Plane neu gestaltet. Die Schüler werden in kleinere Klassen geteilt, deren jede durch einen geübtern Schüler in den nötigsten Fertigkeiten, wie Lesen, Schreiben, Rechnen, Auswendiglernen, so weit geübt wird, als dieser sie selbst vorher von dem Lehrmeister erlernt hat; die geübtesten und moralisch zuverlässigsten Schüler führen wieder als Obergehilfen die Aufsicht über die Unterlehrer und deren Klassen. Der Lehrer unterrichtet nur die Gehilfen, wacht über den planmäßigen Gang des Ganzen und handhabt die Zucht. Die Bell-Lancastersche Methode wurde im Anfang nach ihrem Hervortreten vielfach überschätzt; namentlich glaubte man in den Ländern, deren Schulwesen noch weit zurückstand, wie Portugal, Spanien, Griechenland, mit ihrer Hilfe der Volksbildung aufhelfen zu können. Bevorzugte Pflege fand der wechselseitige Unterricht in Dänemark unter Friedrich III. durch den Obersten Abrahamson und, mit wesentlicher Anbequemung an Pestalozzis Grundsätze, in Schleswig-Holstein (Normalschule zu Eckernförde). Aber auch in den übrigen deutschen Staaten sind durch Harnisch, Zerrenner, Stern u. a. vielfache Versuche angestellt worden, die wechselseitige Schuleinrichtung für die deutsche Volksschule fruchtbar zu machen. Heftig bekämpft ward sie von Diesterweg. Nach und nach ist man zu der richtigen Schätzung derselben zurückgekehrt. Die neuere Pädagogik hat aus ihr nur den sogen. Helferdienst der größern Schüler in überfüllten Klassen beibehalten. Vgl. Bell, An experiment in education (Lond. 1797; zuletzt u. d. T.: »Elements of tuition«, das. 1812; deutsch von Tilgenkamp u. d. T.: »Bells Schulmethode«, Duisb. 1808); Lancaster, Improvements in education (Lond. 1803) und »The British system of education« (das. 1810); Hamel, Der gegenseitige Unterricht (Par. u. Leipz. 1818); Natorp, Bell und Lancester (Essen 1817); Harnisch, Ausführliche Darstellung des Bell-Lancasterschen Schulwesens (Bresl. 1819); Zerrenner, Wesen und Wert der wechselseitigen Schuleinrichtung (Magdeburg 1832); Diesterweg, Bemerkungen und Ansichten auf einer pädagogischen Reise nach den dänischen Staaten (Berl. 1836). Über Spuren ähnlicher Einrichtungen im Altertum vgl. Grasberge Unterrichts- und Erziehungswesen der Griechen und Römer, Bd. 2, S. 147 ff. (Würzb. 1875).

Wechselskontro, s. Buchhaltung, S. 534.

Wechselstempel, s. Wechsel, S. 461.

Wechselstempelsteuer, s. Wechsel, S. 461.

Wechselstrenge, s. Wechselprozeß.

Wechselströme, galvanische oder Induktionsströme, welche in ihrer Richtung beständig und regelmäßig wechseln, so daß auf jeden positiven ein negativer und auf diesen wieder ein positiver folgt. Derartige W. benutzt man in der Telegraphie und auch sonst in der Elektrotechnik; Maschinen, welche W. hervorbringen, heißen Wechselstrommaschinen.

Wechselsumme, s. Wechsel, S. 460.

Wechselverjährung, Verjährung der Wechselklage (s. Wechsel, S. 461 f.).

Wechselvertrag, das in Wechselform (s. d.) gegebene Summenversprechen ohne Gegenversprechen. Der W. ist seiner äußern Erscheinung nach lediglich ein Formvertrag, bestehend im Geben und Nehmen der Wechselurkunde. Die Gegenleistung des Nehmers kommt wohl bei dem Wechselvorvertrag (s. Wechselschluß), nicht aber bei dem W. juristisch in Betracht. Der W. kommt in vierfacher Gestalt vor: 1) zwischen dem Trassanten und dem Wechselnehmer, 2) zwischen dem Indossanten und dem Indossatar (Begebungsverträge), 3) als Verpflichtung des Acceptanten (Acceptationsvertrag), 4) als Verpflichtung des Ausstellers eines eignen Wechsels. Der rechtliche Inhalt der Begebungsverträge ist das Versprechen der Regreßsumme, während bei den beiden andern Wechselverträgen die Zahlung der Wechselsumme den Gegenstand der Verpflichtung bildet. Aus dem W. ist eine im Wechselprozeß (s. d.) anzustrengende Wechselklage gegeben (s. Wechsel, S. 461).

Wechselvorvertrag, s. Wechselschluß.

Wechselwild, im Gegensatz zu Standwild (s. d.) dasjenige Wild, welches nur vorübergehend in einem Revier oder an gewissen Orten desselben sich aufzuhalten pflegt.

Wechselwinkel, s. Parallel.

Wechselwirkung (Mutuum commercium), das Verhältnis zweier Gegenstände oder Teile von Gegenständen, vermöge dessen sie gegenseitig im Verhältnis der Ursache und Wirkung zu einander stehen. So stehen die Glieder eines Organismus untereinander in W.

Wechselwirtschaft, s. Betriebssystem, S. 832.

Wechselzersetzung, chemische Zersetzung durch doppelte Wahlverwandtschaft, s. Chemische Verwandtschaft.

Wechsler (Geldwechsler), ein Kaufmann, der den Umtausch von Geldsorten gewerbsmäßig betreibt. Leute dieser Art gab es schon im Altertum; das römische Recht nennt sie Nummularii, und das Neue Testament thut ihrer Erwähnung. Der Geschäftskreis des heutigen Wechslers dehnt sich indessen viel weiter aus und deckt sich zum großen Teil mit demjenigen des Bankiers (s. d.). Gewöhnlich faßt man jedoch den Unterschied dahin, daß der Bankier nur mit seinen regelmäßigen Kunden arbeitet und deren Aufträge kommissionsweise ausführt, während der W. einen offenen Laden hält, in demselben eine Laufkundschaft erwartet, einen Vorrat von Geldsorten und