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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Wesserling; Wessex; Wessjegonsk; Wessobrunn; West; Westafrica-Settlements; Westaustralien

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Wesserling - Westaustralien.

seiner Ansichten in Rom nichts änderte. In seiner männlichen, gesetzmäßigen Haltung gegen die römische Kurie ward W. noch durch den Großherzog von Baden bestärkt, der auch die mit offiziellen Aktenstücken 1818 herausgegebene Denkschrift »Über das neueste Verfahren der römischen Kurie gegen den Bistumsverweser v. W.« an den deutschen Bundestag brachte. Nachdem infolge der Gründung der »oberrheinischen Kirchenprovinz« (s. d.) das Bistum Konstanz aufgelöst worden war, lebte W. hier als Privatmann und wirkte als Abgeordneter der Ersten badischen Kammer (1819-33), dann als Schriftsteller und Wohlthäter der Armen und Mäcen aufstrebender Künstler. Er starb 9. Aug. 1860 in Konstanz. Von seinen Schriften sind hervorzuheben: »Die Elementarbildung des Volks« (2. Aufl., Konstanz 1835); »Die Bergpredigt Christi« (6. Aufl., St. Gallen 1861); »Die christlichen Bilder« (Konstanz 1827, 2 Bde.); »Über Schwärmerei« (Heilbr. 1834); »Die großen Kirchenversammlungen des 15. und 16. Jahrhunderts in Beziehung auf Kirchenverbesserung« (Konstanz 1840, 4 Bde.); »Gott und die Welt« (Heidelb. 1857, 2 Bde.); »Die Eintracht zwischen Kirche und Staat« (hrsg. von Beck, Aarau 1869). Seine »Sämtlichen Dichtungen« erschienen in 7 Bänden (Stuttg. 1834-55). Vgl. Beck, Freiherr I. H. v. W. (2. Aufl., Karlsr. 1874), und J. ^[Johann] Friedrich (in Weechs »Badischen Biographien«, Bd. 2, das. 1875).

Wesserling, Fabrikort im deutschen Bezirk Oberelsaß, Kreis Thann, an der Thur, in den Vogesen und an der Eisenbahn Mülhausen-W., zur Gemeinde Hüseren-W. gehörig, hat eine evang. Kirche, ein Schloß, bedeutende Baumwollspinnerei, -Weberei und Kattundruckerei und mit Hüseren (1885) 1057 Einw. In dem großartigen Thal von St. Amarin gelegen, bildet W. den Ausgangspunkt zahlreicher schöner Partien in die Vogesen.

Wessex (Westsex, »Westsachsen«), angelsächsisches Reich, umfaßte die jetzigen Landschaften Cornwall, Devon, Dorset, Wilts, Berks, Hants, die Insel Wight und Surrey. Der Gründer von W. war der Sage nach Cerdik, welcher 494 landete. Das Königreich wurde mit der Zeit so mächtig, daß es bis 827 unter König Egbert (s. d.) fast alle andern unter seine Oberherrschaft brachte; s. Angelsachsen.

Wessjegonsk, Kreisstadt im russ. Gouvernement Twer, an der Mündung der Rena in die Mologa, hat eine große Lichtefabrik, bedeutenden Handel, einen vielbesuchten Jahrmarkt und (1885) 2629 Einw.

Wessobrunn, Dorf im bayr. Regierungsbezirk Oberbayern, Bezirksamt Weilheim, hat eine kath. Kirche und (1885) 484 Einw. Die ehemalige berühmte Benediktinerabtei daselbst wurde 753 gestiftet; von 955 bis 1065 besaßen sie die Augustiner, worauf Kaiser Heinrich IV. die Benediktiner wieder einsetzte. Die an Handschriften reiche Klosterbibliothek, die sich jetzt in München befindet, enthält das altdeutsche, nach diesem Kloster benannte Wessobrunner Gebet aus der zweiten Hälfte des 8. Jahrh., welches von Wackernagel (»Das Wessobrunner Gebet«, Berl. 1827), von Müllenhoff (»De carmine Wessofontano«, das. 1861) u. a. herausgegeben wurde. Es ist zu zwei Dritteln in allitterierenden Versen abgefaßt, der Schluß ist prosaisch, mit rohen und flüchtigen, aber kunsthistorisch interessanten Federzeichnungen verziert. Die erste Hälfte des poetischen Teils mag einem ältern und größern poetischen Werk, einer Bearbeitung der Schöpfungsgeschichte, entlehnt sein und ist aus dem Niederdeutschen übersetzt. 1877 ließ Professor Sepp einen altertümlichen Denkstein in W. errichten, auf welchem dieses älteste süddeutsche Sprachdenkmal eingemeißelt ist. Vgl. J. Grimm, Die beiden ältesten deutschen Gedichte (Kassel 1812); Maßmann, Erläuterungen zum Wessobrunner Gebet (Berl. 1824); Wackernagel, Die altsächsische Bibeldichtung und das Wessobrunner Gebet (»Zeitschrift für deutsche Philologie«, Bd. 1, 1868).

West (Westen), s. Abend.

West, 1) Benjamin, engl. Maler, geb. 10. Okt. 1738 zu Springfield in Pennsylvanien, ging 1760 nach Rom und 1763 nach England, wo er 1768 die königliche Kunstakademie gründen half, deren Präsident er später wurde. Er starb 11. März 1820 in London. Während in seinen frühern Werken der Einfluß der Antike und der klassischen Erzeugnisse der italienischen Schule vorwiegt, tragen seine spätern Gemälde das Gepräge akademischer Kälte und leiden unter dem Mangel an tiefer Empfindung und Naturanschauung. Sein berühmtestes Gemälde ist der Tod des Generals James Wolfe in der Grosvenor-Galerie zu London, sein größtes Christus vor Pilatus, eins der schönsten Orestes und Pylades, welche als Opfer vor Iphigenia gebracht werden (Nationalgalerie zu London). In der Hofkapelle zu Windsor sind mehrere Altarbilder von ihm. Zu den Fenstergemälden fertigte er die Kartons, welche Forest von 1792 bis 1796 ausführte. Für die Audienzzimmer des Schlosses schuf er sechs große Gemälde, deren Gegenstände der Geschichte des Königs Eduard III. entnommen sind, jetzt samt vielen andern Bildern Wests in einem Saal zu Hamptoncourt vereinigt. Ein Altarbild in der Hospitalkirche zu Greenwich von W. stellt St. Paulus auf Melite vor, wie er die Viper von sich schleudert. Andre berühmte Bilder sind: eine Darstellung aus der Apokalypse, der Tod auf dem fahlen Pferd; Moses, die Gesetztafeln haltend; W. Penn, mit den Indianern unterhandelnd; der Tod des Admirals Nelson; Christus, die Lahmen heilend, und das Abendmahl, beide in der Nationalgalerie zu London. Von den Kirchengemälden Wests in London ist noch die Steinigung des heil. Stephan in der Kirche des Heiligen hervorzuheben. Die Grosvenor-Galerie besitzt unter anderm die Schlacht von La Hougue und The battle of the Boyne. Auch die Stafford Galerie besitzt eins der besten Bilder von W.: Alexander d. Gr. mit seinem Arzt. In Burleigh House ist ein andres Hauptbild von W.: Agrippina mit der Asche des Germanicus. Vgl. Galt, Life and studies of Benj. W. (Lond. 1820).

2) Thomas und Karl August, Pseudonym für J. ^[Joseph] Schreyvogel (s. d.).

Westafrica-Settlements, bei den Engländern Bezeichnung für sämtliche englische Besitzungen an der Westküste Afrikas, umfaßt die Kolonien Gambia, Sierra Leone, Goldküste, Lagos und die unter britischem Protektorat stehenden Nigerdistrikte.

Westaustralien, britisch-austral. Kolonie, den westlich vom 129. Längengrad gelegenen Teil des australischen Kontinents umfassend und 2,527,283 qkm (45,898,1 QM.) groß. Den einförmigen Küsten sind zahlreiche, aber unbedeutende, meist wüste Inseln und Inselgruppen vorgelagert, wie Bigge, die Bathurstinseln, die Bukaniergruppe, der Dampierarchipel, die Montebelloinseln, Barrow, Bernier, Dorre, Dirk Hartog, Rottnest, Wallaby, Pelsart, Eclipse, der Reterchearchipel. Hinter dem niedrigen, sandigen Strand erhebt sich das Land rasch zur Hochebenenformation. Diese Strandebenen sind im S. und SW. schmal, im NW. und N. aber von ungeheurer Ausdehnung. Bedeutendere Bergzüge sind im SW. die