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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Westfälischer Kreis - Westindien.

Besitzstand von 1618 fest. Nur der Kaiser machte davon für seine Erblande eine Ausnahme. In der kirchlichen Frage bestätigte der Friede den Passauer Vertrag und den Augsburger Religionsfrieden und schloß die Reformierten in die den Augsburger Religionsverwandten gewährte Rechtsstellung ein. Beide Konfessionen, die katholische wie die evangelische, wurden vollkommen gleichgestellt; die evangelische Minorität durfte auf den Reichstagen in Religionssachen nicht majorisiert werden. Der Streit über die geistlichen Stifter und Güter wurde unter Aufhebung des Restitutionsedikts von 1629 dahin ausgeglichen, daß 1624 Normaljahr sein und der evangelische und katholische Besitzstand so bleiben oder restituiert werden sollte, wie er 1. Jan. 1624 gewesen. Doch wurden auch hiervon die kaiserlichen Erblande ausgenommen. Die Territorialhoheit der Reichsstände wurde ausdrücklich anerkannt, ja ihnen das Recht gegeben, zu ihrer Erhaltung und Sicherheit untereinander und mit auswärtigen Mächten Bündnisse zu schließen, nur nicht wider Kaiser und Reich. Die neue Verfassung des Reichs sollte auf einem zu berufenden Reichstag beraten werden.

Die Pläne der katholischen Reaktion und der habsburgischen Hauspolitik, den Protestantismus auszurotten und Deutschland einer absoluten Militärgewalt zu unterwerfen, waren unter Strömen Bluts, unter Vernichtung des Wohlstandes und der Bildung des deutschen Volkes vereitelt worden. Ja, der Kaiser mußte im Frieden auf den letzten Rest seiner Macht verzichten. Das Reich verlor durch den Frieden eine Ländermasse von mehr als 100,000 qkm mit 4½ Mill. Menschen und erhielt eine ganz zerstückelte, wehrlose Grenze gegen Frankreich. Die Befestigung der dreihundertfachen landesherrlichen Vielherrschaft und die Verwickelung so vielseitiger Grenz- und Hoheitsrechte mußten fortan den Gang der Verwaltung erschweren, sie mit Formen überladen und die Volksstämme feindselig auseinander reißen. Die Rechte der Landstände in den einzelnen Territorien wurden unterdrückt. Dagegen wurde Deutschland nun Gegenstand und Schauplatz der europäischen Staatshändel, seit die Fürsten das von Frankreich bei der Friedensverhandlung durchgesetzte Recht der Bündnisse geltend machten, Bayern, Brandenburg und andre deutsche Fürstenhäuser, welche bei den Säkularisationen geistlicher Stifter nicht bedacht worden waren, eine Stellung in dem europäischen politischen System annahmen und fremde Mächte, wie Schweden, in den Reichsverband eintraten, andre, wie Frankreich, als Garanten des Friedens sich stets in die innern Angelegenheiten Deutschlands einzumischen das Recht hatten. Daher wurden fortan die meisten europäischen Kriege auf deutschem Grund und Boden ausgefochten. Auch als Schutz des Protestantismus kann der Westfälische Friede nicht angesehen werden. Er konnte sich nicht weiter im Reich ausbreiten, und die aus den österreichischen Erblanden Vertriebenen und ihrer Güter Beraubten erhielten nicht einmal die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, geschweige denn Entschädigung. Österreich wurde aus dem Herzen des Reichs auf seine Erbstaaten zurückgedrängt und von der politischen und geistigen Verbindung mit dem übrigen Deutschland losgelöst. Der Westfälische Friede kann also als das traurige Ergebnis der noch traurigern, schrecklichen Zeit des Dreißigjährigen Kriegs bezeichnet werden. Vgl. Gärtner, Westfälische Friedens-Kanzley (Leipz. 1731-38, 9 Bde); J. G. ^[Johann Gottfried] v. Meiern, Acta pacis Westfalicae publica (Götting. 1734-36, 6 Bde.); »Correspondencia diplomatica de los plenipotenciarios españoles en el congreso de Munster« (Madr. 1885 ff.): Woltmann, Geschichte des Westfälischen Friedens (Leipz. 1808, 2 Bde.); dazu die staatsrechtlichen Schriften von J. J. ^[Johann Jacob] Moser (»Erläuterung des Westfälischen Friedens«, Erlang. 1775-76, 2 Bde.), Pütter (»Geist des Westfälischen Friedens«, Götting. 1795), Senckenberg (Frankf. 1804) u. a.

Westfälischer Kreis, s. Westfalen, S. 555.

Westflandern, belg. Provinz, s. Flandern.

Westfrancien, s. Neustrien.

West Galloway, s. Wigtownshire.

Westgotland (Westergötland), schwed. Landschaft zwischen dem Wener- und dem Wettersee, mit einer kurzen Küstenstrecke an der Mündung des Götaelf, ist unter drei Läns: Skaraborg, Elfsborg und Göteborg, geteilt, von denen das letztgenannte aber nur den kleinen südlichen Küstenstrich und die von den beiden Armen des Götaelf eingeschlossene Insel Hiesingen enthält (s. die einzelnen Läns).

Westgriqualand, s. Griqualand.

West-Ham, s. Ham.

Westhavelland, Kreis, s. Havelland.

Westhofen, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Arnsberg, Kreis Hörde, an der Ruhr u. der Linie Schwelm-Schwerte-Soest der Preußischen Staatsbahn, hat eine evang. Kirche, Glockengießerei, Bierbrauerei, Sandsteinbrüche und (1885) 1667 Einw.

Westhoughton (spr. -haut'n), Fabrikort in Lancashire (England), 6 km von Bolton, mit (1881) 9197 Einw.

Westindien (Westindische Inseln, hierzu Karte »Westindien und Zentralamerika«), der Archipel, welcher in einem großen, von SO. nach NW. gerichteten Bogen das große, Südamerika von Nordamerika trennende Binnenmeer nach O. zu abschließt und sich von der Mündung des Orinoko bis zu den Halbinseln Florida und Yucatan erstreckt. Da man anfangs diese Inseln für einen Teil von Indien hielt, so gab man ihnen den Namen W. Areal und Bevölkerung sind (nach neuester Feststellung) wie folgt:

Inseln QKil. QMeil. Einwohner Auf 1 QKil.

Große Antillen 216845 3938,0 3759000 17,3

Bahamainseln 14536 264,0 48000 3,3

Kleine Antillen: Inseln über dem Wind 11818 214,6 1031220 87,4

" " Inseln unter dem Wind 2200 40,0 69000 31,4

Zusammen: 245399 4456,6 4897000 20,0

Abgesehen von den niedrigen, aus Korallenkalkstein gebildeten Bahamainseln, sind fast sämtliche Inseln gebirgig und die größern von ihnen mit Thälern und Schluchten vielfach durchzogen. Die höchsten Berge findet man auf Cuba (2375 m), Jamaica (2341 m) und Haïti (2184 m), während die höchste der Kleinen Antillen, Dominica, nur bis 1900 m ansteigt. Die Küsten sind teilweise zerklüftet und vielfach von Korallenbänken umsäumt; an vorzüglichen Häfen ist kein Mangel. Viele der Bäche trocknen während der heißen Jahreszeit aus, überschwemmen aber nach heftigem Regen ihre Ufer. Auf den Großen Antillen herrschen kristallinische Gebilde, Jurakalk und Sandsteine vor, vielfach von jüngern Kreide- u. Kalksteinbildungen umlagert und selten von vulkanischen Gebilden durchbrochen. Die Kleinen Antillen sind dagegen fast ausschließlich vulkanischer Natur, und St. Vincent und Guadeloupe haben noch thätige Vulkane. Nur auf den Jungferninseln, St. Martin, Barbuda, St.-Barthélemy, Antigua und Barbados, die eine äußere Kette bilden, treten neben vulkanischem