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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Wigwam; Wijbe Jans Water; Wijnendaele; Wikinger; Wilajet; Wilberforce; Wilberg; Wilbrandt

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Wigwam - Wilbrandt.

Wigwam, Indianerhütte, s. Indianer, S. 915.

Wijbe Jans Water (spr. weibe), s. Storfjord.

Wijnendaele (spr. weinendal), Ruinen eines ehemals den Grafen von Flandern gehörigen Jagdschlosses unweit Thourout in der belg. Provinz Westflandern, historisch merkwürdig durch die Schlacht 28. Sept. 1708 zwischen dem französischen General de la Mothe und dem britischen General Webb.

Wikinger, die alten nordischen Seehelden, s. Normannen.

Wilajet (türk.), Bezeichnung der Generalgouvernements, in welche um 1866 das osmanische Reich durch Fuad Pascha geteilt ward, und an deren Spitze ein Wali steht; s. Türkisches Reich, S. 923.

Wilberforce (spr. uilberfors), William, brit. Philanthrop, geb. 24. Aug. 1759 zu Hull, studierte in Cambridge und trat 1780 für seine Vaterstadt ins Unterhaus. Zuerst in der Sitzung von 1789 trug er mit Pitt auf Abschaffung des britischen Negerhandels an, brachte aber erst 1792 den Beschluß durch, daß der Sklavenhandel 1795 aufhören sollte. Der Krieg und die gefährdete Lage der Kolonien ließen indessen die Maßregel noch nicht zur Ausführung kommen. Doch hatten die Bestrebungen Wilberforces den Erfolg, daß 1807 ein neues Gesetz gegen den Sklavenhandel angenommen wurde: vom 8. Jan. 1808 an ward derselbe im britischen Machtbereich aufgehoben. W. richtete nun seine Bemühungen darauf, diese großartige Maßregel auch in der übrigen zivilisierten Welt zur Durchführung zu bringen. Auf seine Veranlassung brachte Castleragh die Angelegenheit auf dem Wiener Kongreß zur Sprache; er wachte nach dem Abschluß der Verträge, in welchen sich Frankreich, Spanien und Portugal zur Abstellung des Negerhandels verpflichteten, aufs sorgfältigste über deren Beobachtung. Nach Abschaffung des Sklavenhandels dachte W. an die Beseitigung der Sklaverei überhaupt. Schon 1816 stellte er im Parlament den Antrag auf Verminderung der Neger im britischen Westindien, und als die Regierung seit 1823 die völlige Emanzipation der Neger vorbereitete, entfaltete W. den größten Eifer und unterwarf mit Buxton die Frage im Unterhaus der gründlichsten Erörterung. Seit 1825 wegen Kränklichkeit zurückgezogen lebend, starb W. 29. Juli 1833 zu Chelsea. In seiner Schrift »Practical view of the prevailing religious systems of professed Christians« (Lond. 1797 u. öfter) bekundete er sich als entschiedenen Anhänger der Hochkirche. Sein Leben wurde von seinen Söhnen Robert Isaak und Samuel (»Memoirs of W. W.«, Lond. 1838, 5 Bde.), von Samuel W. (neue Ausg. 1889), Colquhoun (2. Aufl., das. 1867) und Stoughton (das. 1880) beschrieben; seine »Correspondence« erschien daselbst 1840 in 2 Bänden. Von seinen Söhnen traten William W. (geb. 1798, gestorben Ende Mai 1879) um 1854, Henry W. (gest. 23. April 1873 als einer der thätigsten Mitarbeiter der katholischen Presse) 1851 und Robert Isaak, Archidiakonus von York (geb. 1802, gest. 4. Febr. 1857 in Albano), 1854 zur katholischen Kirche über. Der vierte, Samuel W. (geb. 7. Sept. 1805, gest. 19. Juli 1873), Bischof von Winchester und Großalmosenier der Königin, hat sich als fruchtbarer theologischer Schriftsteller und eifriger Vertreter der ritualistischen Richtung bekannt gemacht. Vgl. seine Biographie von Ashwell und seinem Sohn Robert W. (2. Aufl., Lond. 1883, 3 Bde.).

Wilberg, Christian, Maler, geb. 20. Nov. 1839 zu Havelberg, war dort bis 1861 als Stubenmaler thätig, trat dann in das Atelier des Landschaftsmalers G. Pape in Berlin, nach anderhalb ^[richtig: anderthalb] Jahren in das des Dekorationsmalers P. Gropius daselbst, wo er sich namentlich dem Studium der Perspektive und Architektur widmete, und bildete sich seit 1870 bei Oswald Achenbach in Düsseldorf, auf Studienreisen in Norddeutschland und durch einen zweijährigen Aufenthalt in Italien zum Architektur- und Landschaftsmaler aus. Er ließ sich in Berlin nieder, wo er sich schnell durch eine Reihe von Innen-Ansichten italienischer Kirchen (Markuskirche in Venedig, Capella Palatina in Palermo) einen Namen machte. In der Wiedergabe der architektonischen Einzelheiten, des Marmors, der Steine und der Goldmosaiken entfaltete er eine große koloristische Meisterschaft, welche sich auch in der wirksamen Beleuchtung zeigte. Unter seinen Landschaften und architektonischen Ansichten sind die hervorragendsten: römische Landschaft mit der Grotte der Egeria, Parkeinsamkeit, Forum Romanum, Tempel der Juno bei Girgenti auf Sizilien, Blick auf Santa Maria della Salute in Venedig, Memento mori nach einem Motiv aus dem Sabinergebirge (in der Dresdener Galerie) und Villa Mondragone bei Frascati (in der Berliner Nationalgalerie). 1879 machte er eine Reise nach Pergamon, von welcher er außer zahlreichen Studien die Motive zu den Gemälden: Blick auf die Akropolis und Ansicht der Basilika zu Pergamon mitbrachte. Ein besonderes Geschick besaß er für die malerische Reproduktion antiker Architekturdenkmäler und Stadtteile (ein Cyklus römischer Landschaften mit Architektur im Café Bauer zu Berlin). W. hat auch fein gestimmte, poetisch aufgefaßte Aquarelle (Ansichten von Potsdam und Umgebung) gemalt. Er starb auf einer Reise 3. Juni 1882 in Paris.

Wilbrandt, Adolf von, Dichter und Schriftsteller, geb. 24. Aug. 1837 zu Rostock als der Sohn eines Universitätsprofessors, studierte Philologie und Geschichte in Rostock, Berlin und München, begann seine litterarische Laufbahn in letzterer Stadt, siedelte aber 1871 nach Wien über, wo er sich mit der Schauspielerin Auguste Baudius (s. d.) verheiratete, und wurde 1881 daselbst (als Dingelstedts Nachfolger) zum artistischen Direktor des Hofburgtheaters ernannt, von welcher Stellung er im Juni 1887 freiwillig zurücktrat. Wilbrandts litterarisches Debüt war die treffliche Monographie »Heinrich von Kleist« (Nördlingen 1863), welcher der goethisierende Roman »Geister und Menschen« (das. 1865) folgte. Später wandte sich der Dichter fast ausschließlich der Bühne zu. Mit dem Drama »Der Graf von Hammerstein« (1870) und den Lustspielen: »Die Vermählten« (1872), »Die Maler« (1872) und »Jugendliebe« (1873) debütierte er sehr glücklich. Während seines Wiener Aufenthalts entstanden die Tragödien: »Gracchus, der Volkstribun« (1873), wofür der Dichter 1875 den Grillparzer-Preis erhielt, »Arria und Messalina« (1874), »Giordano Bruno« (1874), »Nero« (1876), die Lustspiele: »Die Wege des Glücks« (1876), »Die Hochzeitsreise nach Riva« (1877), »Der Turm in der Stadtmauer« (1878), die Trauerspiele: »Kriemhild« (1877), »Robert Kerr« (1880), die Schauspiele: »Natalie« (1878), »Die Tochter des Herrn Fabricius« (1879), »Assunta Leoni« (1883) u. a., die zum Teil Sensationserfolg hatten, aber neben Szenen voll einfach poetischer Kraft eine bedenklich starke Hinneigung des Dichters zu dem vom Virtuosentum getragenen äußerlichen Bühneneffekt verrieten. Seine neueste Bühnendichtung ist das Schauspiel »Markgraf Waldemar« (1889). Rein poetische Wirkung erreichte der Dichter in seinen zum Teil klassischen Novellen, die unter den Titeln: »Novellen« (Berl. 1869), »Neue Novellen« (das. 1870), »Neues Novellenbuch« (Wien