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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Wilkes; Wilkes' Barre; Wilkie

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Wilkes - Wilkie.

Wilkes (spr. uilks), 1) John, engl. Publizist, geb. 17. Okt. 1727 zu London, studierte in Leiden und trat 1761 für Aylesbury in das Unterhaus. Nach der Thronbesteigung Georgs III. ward er der erklärte Gegner des Ministers Bute, der sein Nachsuchen um ein auswärtiges Amt nicht gewährt hatte, und griff denselben in mehreren Flugschriften schonungslos an. Zugleich gab W. seit Juni 1762 die Zeitschrift »North Briton« heraus, in der er die Politik des Ministeriums scharf geißelte und selbst die Person des Königs nicht schonte. Der Staatssekretär Halifax erließ hierauf einen gegen die Habeaskorpusakte verstoßenden Haftbefehl, der nicht gegen eine bestimmte Person, sondern gegen die Urheber des Blattes im allgemeinen gerichtet war. W. wurde darauf verhaftet; das Gericht aber ordnete seine Freilassung an, und er gewann sogar eine Entschädigungsklage gegen den Staatssekretär. Dieser Ausgang war für ganz England insofern wichtig, als fortan die Haftbefehle ohne Namen beseitigt blieben. W. veranstaltete darauf einen Neudruck des »North Briton« und entzog sich der Aburteilung vor dem Gericht, wo er nun in ordnungsmäßiger Weise angeklagt ward, durch die Flucht ins Ausland, nachdem er vorher mit einem Mr. Martin, der gleichfalls in der Zeitschrift angegriffen war, ein Duell ausgefochten hatte. Das von dem Ministerium ganz abhängige Unterhaus erklärte den »North Briton« für eine Schmähschrift und stieß 1764 den Redakteur aus dem Parlament. 1768 nach England zurückgekehrt, stellte sich W. dem Gericht und wurde zu 22 Monaten Gefängnis und 1000 Pfd. Sterl. Geldbuße verurteilt. Der König lehnte seine Begnadigung gegen den Wunsch des Ministeriums ab; aber während W. eingekerkert wurde, wählte ihn ein Londoner Wahlkreis abermals ins Parlament. Indessen das Unterhaus stieß ihn abermals aus, erklärte, als er 16. Febr. 1769 wiedergewählt wurde, die Wahl für ungültig und W. für unfähig, im Parlament zu sitzen, und berief, als die Wähler ihm im April 1769 dennoch treu blieben, seinen unterlegenen Gegenkandidaten als Parlamentsmitglied ein. Infolge dieser Vorgänge, die in London gewaltige Aufregung hervorriefen, war die Popularität von W., dessen Haftzeit 1770 zu Ende ging, nur noch mehr gesteigert; er wurde 1771 zum Sheriff, 1774 sogar zum Lord-Mayor von London erwählt und erwarb sich in diesen Ämtern so allgemeine Achtung, daß die Regierung bei den Parlamentswahlen von 1784 seiner Kandidatur nicht mehr entgegenzutreten wagte. Er starb 20. Dez. 1797. Almon gab die »Correspondence of W.« (Lond. 1805, 5 Bde.) heraus. Vgl. Rae, W., Sheridan, Fox, the opposition under George III. (Lond. 1874).

2) Charles, nordamerikan. Admiral, geb. 3. April 1798 zu New York, trat 1818 in die Marine und erhielt 1838 das Kommando einer Expedition zur Erforschung des Stillen und Antarktischen Ozeans und der Nordwestküste von Amerika. Er umschiffte das Kap Hoorn, entdeckte im Südpolarmeer den nach ihm Wilkesland genannten Kontinent, untersuchte dann Borneo und die Sandwichinseln, die Küsten von Oregon und Kalifornien und kehrte im Juni 1842 nach New York zurück. Vgl. »Narrative of the United States exploring expedition« (New York 1845, 5 Bde.; deutsch, Stuttg. 1850, 2 Bde.). Seit 1845 stationierte er längere Zeit an der Westküste von Amerika und lebte darauf in New York. 1855 rückte er zum Kapitän auf. Nach Ausbruch des Bürgerkriegs 1861 zum Befehlshaber der Kriegskorvette San Jacinto ernannt, nahm er 8. Nov. 1861 im Kanal von Bahama die südstaatlichen Gesandten Slidell und Mason, die nach Europa gehen wollten, auf dem englischen Schiff Trent gefangen, was zu scharfen Protesten von seiten Englands führte. 1862 zum Kommodore befördert, befehligte W. die Flottille im James River und zerstörte 28. Aug. 1862 City Point, worauf er zum Rear- (Konter-) Admiral aufrückte, aber 1866 in den Ruhestand versetzt wurde. Er starb 8. Febr. 1877. Weitere Schriften von ihm sind: »Western America« (1849) und »Theory of the winds« (1856).

Wilkes' Barre (spr. ŭilks), Stadt im nordamerikan. Staat Pennsylvanien, im Wyomingthal und am Susquehannafluß, hat Eisenhütten, Kohlengruben und (1880) 23,339 Einw. Es besteht dort ein Verein für Geschichte und Geologie. W. wurde 1773 gegründet.

Wilkie (spr. ŭilki), David, engl. Maler, geb. 18. Nov. 1785 zu Cults in der schottischen Grafschaft Fife, bildete sich seit 1799 auf der Akademie zu Edinburg und ging 1805 nach London, wo er, durch die Bilder: die Dorfpolitiker (1806), der blinde Fiedler (in der Nationalgalerie daselbst), die Kartenspieler (1808), der verwundete Finger und die Pachtzahlung bekannt geworden, 1811 zum Mitglied der königlichen Akademie u. 1823 zum schottischen Hofmaler ernannt wurde. Bekannte Bilder aus jener Zeit sind: die Kinder auf der Rattenjagd, der Jagdhüter, die Dorfkirmes (1812, in der Nationalgalerie), das Blindekuhspiel, Duncan Gray (1812), die Auspfändung (1815), das Kaninchen an der Wand (1816), das Frühstück (1817), der kleine Bote, die Familie Walter Scotts (1818), die Pfennighochzeit (1819), die Testamentseröffnung (in der Pinakothek zu München, 1820), Erratet, wer? (1821), die Invaliden in Chelsea, die Nachricht von der Schlacht bei Waterloo lesend (in Apsley House, 1821), König Georgs IV. Ankunft in Leith (1822), die Predigt des John Knox in der Kathedrale zu St. Andrews, der Büttel des Kirchspiels (1824) und die Gebirgsfamilie (1825). Zur Wiederherstellung seiner Gesundheit lebte er 1825-28 in Italien und Spanien, wo er eine Reihe Szenen aus dem Krieg auf der Pyrenäischen Halbinsel 1808-14 malte. W. schloß sich an die Kunstweise Hogarths an, mit dem er die große Mannigfaltigkeit, Feinheit und Schärfe der Beobachtung des Charakteristischen in der Natur, in vielen seiner Bilder auch das vorwaltend Dramatische des Inhalts gemein hat, ist aber auch von den holländischen Genremalern wesentlich bestimmt worden. Die nach seiner Rückkehr aus Spanien entstandenen Bilder sind mehr von Tizian und Velazquez beeinflußt. Zu den Bildern aus dieser zweiten Periode gehören ferner: der Herr ist ausgegangen (1834) und Christoph Kolumbus (1835). 1830 ward W. zum ersten Hofmaler ernannt. In dieser Eigenschaft malte er viele Porträte, auch aus der königlichen Familie. Ferner entstanden die historischen Gemälde: der Papst Pius VII. in Fontainebleau, dem Kaiser Napoleon I. die Unterzeichnung des Konkordats verweigernd, die Flucht der Maria Stuart aus dem Schloß Lochleven (1837), Sir David Baird, den Leichnam des Tippu Sahib auffindend (1839), Paul III. und Benvenuto Cellini. 1837 malte W. die Kaiserin Josephine von Frankreich vor der Wahrsagerin. In diesen Bildern zeigt sich W. minder vorteilhaft als in seinen Sittenbildern aus dem englischen, schottischen und irischen Volksleben, von denen noch die später entstandenen: die einzige Tochter (1839), Peep-o'day-boys-cabin, der Samstagabend des Tagelöhners, das Tischgebet, der Tod des Rothirsches und die irische Whiskybrennerei (in der Eremitage zu St. Petersburg), durch gemütvolle und naive Auffassung an seine beste Zeit