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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Winkel - Winkelried.

dann π = 3,1415927 (s. Kreis) statt 180°, π/2 = 1,5707963 statt 90°, 0,0174533 statt 1°, 0,0002909 statt 1', 0,0000048 statt 1'', 1 statt 57° 17' 44,8'' = 206,264,8''. Die zur Zeit der ersten französischen Revolution in Frankreich eingeführte, 1869 wieder in der Pariser Akademie empfohlene Einteilung des rechten Winkels in 100 Grad mit dezimaler weiterer Teilung wird jetzt wieder mehrfach angewandt. Um einen W. zu halbieren, gibt man sich auf seinen Schenkeln zwei Punkte A und B in gleichen Abständen vom Scheitel O an (Fig. 5) u. beschreibt um diese beiden Punkte mit gleicher Zirkelöffnung Kreisbogen, die sich in C schneiden; OC halbiert dann den W. W. zweier nicht in einer Ebene gelegener, sich nicht schneidender (windschiefer) Geraden ist der W. zweier von einem Punkt ausgehender Parallelen zu diesen zwei Geraden; W. zweier krummer Linien der W., den die im Schnittpunkt an beide gelegten Tangenten einschließen. Der Neigungswinkel zweier Ebenen wird eingeschlossen von zwei Geraden, die in einem beliebigen Punkte der Schnittlinie beider senkrecht auf dieser errichtet worden sind, und von denen die eine in der ersten, die andre in der zweiten Ebene liegt. Neigungswinkel einer Geraden gegen eine Ebene ist der W. zwischen der erstern und ihrer senkrechten Projektion. Über Zentri- und Peripheriewinkel s. Kreis; über korrespondierende W., Wechselwinkel etc. s. Parallel. Ein körperlicher W. (Körperwinkel) wird gebildet von drei oder mehr in einem Punkt sich schneidenden Ebenen; als Maß kann man das zwischen diesen Ebenen liegende Stück einer Kugel betrachten, deren Mittelpunkt die Spitze des Winkels ist. An Polygonen (auch in der Kriegsbaukunst) unterscheidet man ausgehende (ausspringende) und eingehende (einspringende) W., je nachdem die Schenkel nach der Innen- oder Außenseite auseinander gehen. Außerdem unterscheidet man bei einem Polygon Innenwinkel, welche auf der Innenseite von je zwei Seiten gebildet werden, und Außenwinkel (s. d.).

^[Abb.: Fig. 5. Halbierung des Winkels.]

Winkel (Langenwinkel), Flecken im preuß. Regierungsbezirk Wiesbaden, Rheingaukreis, rechts am Rhein und an der Eisenbahn Frankfurt a. M.-Niederlahnstein-Lollar der Preußischen Staatsbahn, hat eine kath. Kirche, ein Schloß (Vollraths), eine chemische Fabrik, vorzüglichen Weinbau (Schloß Vollrathsberger und Winkler Hasensprung) und (1885) 2028 meist kath. Einwohner. Unweit davon Schloß Johannisberg (s. d.). - W., das Vinicella der Römer, gehörte im Mittelalter zu Kurmainz. In W. hatte bis zur Mitte des 12. Jahrh. ein Adelsgeschlecht seinen Sitz, nach dessen Aussterben Ministerialen den Namen sich beilegten, die sonst auch Herren von Greifenklau zu Vollraths genannt wurden. Hier errichtete Hrabanus Maurus (um 850) eine Schule. Goethe verweilte im Landhaus der Familie Brentano öfters daselbst.

Winkeladvokat, s. Rechtskonsulent.

Winkelblech, Karl Georg, Nationalökonom, geb. 11. April 1810 zu Ensheim bei Mainz, studierte in Gießen Chemie, habilitierte sich als Privatdozent in Marburg, wurde 1839 Professor an der höhern Gewerbeschule in Kassel, wo er 10. Jan. 1865 starb. Seit 1843 beschäftigte sich W. vorzüglich mit nationalökonomischen Studien. Als Ergebnis derselben veröffentlichte er unter dem Pseudonym Karl Marlo ein größeres Werk: »Untersuchungen über die Organisation der Arbeit oder System der Weltökonomie« (Tübing. 1850; 2. Aufl., 1884-86, 4 Bde.).

Winkelbörsen, s. Börse, S. 234.

Winkeleisen, Stabeisen von L-förmigem Querschnitt; ein eisernes Winkelmaß; eine eiserne Schiene zur Befestigung zweier Holz- oder Metallstücke unter einem Winkel.

Winkelgeschwindigkeit, s. Geschwindigkeit.

Winkelhaken, ein Werkzeug des Schriftsetzers, s. Buchdruckerkunst, S. 558; auch s. v. w. Winkelmaß.

Winkelmann, Eduard, Historiker, geb. 25. Juni 1838 zu Danzig, studierte in Berlin und Göttingen Geschichte, promovierte 1859 in Berlin, ward Mitarbeiter an den »Monumenta Germaniae histor.«, 1860 Oberlehrer an der Ritter- und Domschule in Reval, habilitierte sich 1865 als Dozent der Geschichte an der Universität Dorpat und ward russischer Hofrat, folgte aber 1869 einem Ruf als Professor der Geschichte nach Bern und 1873 einem solchen nach Heidelberg. Er veröffentlichte: »Geschichte Kaiser Friedrichs II. und seiner Reiche 1212-35« (Berl. u. Reval 1863-65, 2 Bde.); »Bibliotheca Livoniae historica« (Petersb.; neue Ausg., Berl. 1878); »Philipp von Schwaben und Otto IV. von Braunschweig« (Leipz. 1873, Bd. 1); »Petrus de Ebulo, liber ad honorem Augusti« [Heinrich VI.] (das. 1874); »Acta imperii inedita seculi XIII. et XIV.« (Innsbr. 1880 bis 1885, 2 Bde.); »Geschichte der Angelsachsen« (Berl. 1883); »Urkundenbuch der Universität Heidelberg« (Heidelb. 1886, 2 Bde.); »Kaiser Friedrich II.« (in den »Jahrbüchern der deutschen Geschichte«, Leipz. 1889 ff.) u. a.

Winkelmaß (Winkelhaken, Winkel), Werkzeug zum Messen oder Anzeichnen eines rechten Winkels, besteht aus zwei rechtwinkelig aneinander gefügten Linealen.

Winkelmesser, s. Meßinstrumente; im besondern s. v. w. Astrolabium.

Winkelrecht, einen rechten Winkel bildend, rechtwinkelig, lotrecht, senkrecht.

Winkelried, Arnold von, ein Schweizer aus dem Kanton Unterwalden, entschied nach der gewöhnlichen Überlieferung durch seine Aufopferung den Sieg der Schweizer bei Sempach 9. Juli 1386, indem er mit dem Ruf: »Eidgenossen, ich will euch eine Gasse machen, sorgt für mein Weib und meine Kinder!« mehrere der entgegenstarrenden Lanzen der österreichischen Ritter mit seinen starken Armen umfaßte, sich in die Brust stieß und im Fall eine Lücke in die feindliche Schlachtreihe riß, in welche die Eidgenossen eindrangen. Ein prächtiges Denkmal in Stans verherrlicht diese That. Das Stillschweigen der österreichischen sowie der übrigens nur kurz berichtenden ältesten schweizerischen Chroniken über Winkelrieds That veranlaßte zuerst Lorenz (»Leopold III. und die Schweizerbünde«, Wien 1860), dann Kleissner (»Die Quellen zur Sempacher Schlacht und die Winkelriedsage«, Götting. 1873) u. Hartmann (»Die Schlacht bei Sempach«; »Nochmals zur Sempachfrage«, Frauenf. 1886 u. 1887), die Authentizität der Überlieferung zu bestreiten. Von schweizerischer Seite wird dieselbe aufrecht erhalten, weil eine Züricher Chronik um 1440 die That erzählt, freilich ohne Winkelrieds Namen zu nennen, und kein Grund vorliegt, die Hauptquelle der Erzählung, das große Sempacher Lied, das uns allerdings erst in Abschriften aus dem 16. Jahrh. vorliegt, dem sich selbst nennenden Autor Halbsuter, welcher 1431-80 zu Luzern lebte, abzusprechen. Vgl. außer