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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Wissenbacher Schiefer; Wissende; Wissenschaft; Wissenschaftslehre; Wissenseid; Wißmann

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Wissenbacher Schiefer - Wißmann.

links und W. rechts der Ruhr, hat eine evang. Kirche, ein Amtsgericht, ein Eisenhüttenwerk, Eisen-, Blei- und Kupfererzgruben und (1885) 2071, bez. 2722 Einwohner.

Wissenbacher Schiefer, s. Devonische Formation.

Wissende, s. Femgerichte, S. 125.

Wissenschaft, zunächst das Wissen selbst als Zustand des Wissenden, sodann der Inbegriff dessen, was man weiß; im engern und eigentlichen Sinn der vollständige Inbegriff gleichartiger, systematisch, also nach durchgreifenden Hauptgedanken, geordneter Erkenntnisse. Diese an sich bilden den Stoff, die Materie einer bestimmten W.; durch die systematische Form wird er zum wissenschaftlichen Gebäude (Lehrgebäude), welches, regelrichtig und den Gesetzen der Logik gemäß aufgeführt, System (s. d.) heißt. Auf dieser Grundlage wächst die W. im strengen Sinn als eine Erklärung und Zurückführung der Lehrsätze auf ihre tiefern Gründe und Zusammenhänge hervor und gelangt zu gewissen letzten Prinzipien und Grundsätzen, aus denen erklärt wird, die sich aber nicht weiter erklären lassen. Je nachdem bei einer W. mehr entweder ihre Begründung oder ihre Anwendung in Betracht kommt, unterscheidet man reine und angewandte W.; je nachdem das Wissen, das deren Stoff ausmacht, empirisches oder rationales, reales oder normales, Erfahrungs- oder philosophisches ist (vgl. Wissen), werden die Wissenschaften selbst in empirische und rationale, oder Real- und Formal-, oder Erfahrungs- und philosophische Wissenschaften eingeteilt. Aber nirgends stehen die einzelnen Wissenschaften so getrennt voneinander, daß nicht ein Eingreifen der einen Art in die andre möglich, ja sogar notwendig wäre; einzelne Wissenschaften bestehen sogar nur in dieser Vermischung (gemischte Wissenschaften). Eine Klassifikation der Wissenschaften ist häufig (z. B. von Bacon in dessen »Globus intellectualis«, von d'Alembert in der »Einleitung zur Encyklopädie«) versucht, jedoch durch den Fortschritt der Erkenntnis (insbesondere der Erfahrung) immer wieder als unzureichend befunden worden. Der Versuch, das gesamte menschliche Wissen überhaupt nach seinen verschiedenen Richtungen und Gegenständen als ein geordnetes System darzustellen, führt zu dem Begriff einer systematischen Encyklopädie oder Wissenschaftskunde (s. Encyklopädie).

Wissenschaftslehre, im Sinn Fichtes die ganze Philosophie als wissenschaftliche Lehre nicht bloß vom Zustandekommen des Wissens, sondern als Konstruktion des Wissens selbst, d. h. als Inbegriff alles Wissens; im Sinn der Logik derjenige (angewandte) Teil derselben, der von dem Begriff der Wissenschaft, der Zerlegung des Wissens in besondere Wissenschaften und von der Darstellung jener und dieser in wissenschaftlichen Lehrbüchern handelt. Vgl. Bolzano, Wissenschaftslehre (Sulzbach 1837, 4 Bde.); Storz, Handbuch der W. (Tübing. 1886).

Wissenseid, s. Eid, S. 367.

Wißmann, Hermann, Afrikaforscher, geb. 4. Sept. 1853 zu Frankfurt a. D., trat, im Kadettenkorps vorgebildet, 1873 als Fähnrich in ein mecklenburgisches Infanterieregiment und wurde 1874 Leutnant in demselben. Mit dem Afrikaforscher Pogge näher bekannt geworden, bereitete er sich seit 1880 zu einer Reise nach Afrika vor und wurde 1881 im Dienste der Afrikanischen Gesellschaft nach Afrika entsandt. Mit Pogge verließ er 1881 Loanda, gelangte über Malansche nach Kimbundo und nach Überschreitung des Kassai in das Gebiet der Tuschilange am Lulua. Von dort kamen sie zum Mukambasee, der auf seine wahre Ausdehnung zurückgeführt wurde, dann zu den kunstfertigen Bassongo, passierten den Lubilasch oder Sankuru und setzten nach Erreichung des angeschwollenen Lufubu die Reise in Booten zum Lualaba fort. In Nyangwe trennten sich die Forscher, Pogge kehrte nach der Westküste zurück, W. aber ging ostwärts weiter und erreichte in Begleitung des Sklavenhändlers Tippu Tip die Ostküste Afrikas 15. Nov. bei Saadani. Er kehrte dann über Sansibar und Ägypten nach Deutschland zurück. Nun gewann ihn der König Leopold von Belgien zu einer Forschungsreise in das südliche Congobecken. Am 16. Nov. 1883 verließ er, begleitet von den Leutnants Brüdern Müller und François und Dr. Ludw. Wolf, Hamburg, um zunächst in Malange seine Expedition zu organisieren, was ihm durch die Übernahme von Pogges sämtlichen Leuten schnell gelang, so daß er 17. Juli 1884 aufbrechen konnte. Er stellte die verfallene Station Lubuku wieder her, gründete am Lulua unter 5° 57' südl. Br. u. 22° 20' östl. L. v. Gr. die Station Luluaburg und entsandte, während für die Thalfahrt auf dem Lulua gerüstet wurde, Leutnant François ostwärts zum Häuptling Mona Tende und Wolf auf eine Exkursion nach N. Die Fahrt wurde 28. Mai angetreten auf den zu diesem Zweck erbauten zehn größern Kähnen und zehn Kanoes der Eingebornen, welche außer W., François, H. Müller (Fr. Müller war inzwischen gestorben) und Wolf 48 Träger und 150 Baluba trugen. Am 5. Juni wurde der Zusammenfluß mit dem Kassai erreicht, 16. Juni die Mündung des Sankuru passiert. Vom 24. Juni an hatte die Expedition eine Reihe von erbitterten Kämpfen zu bestehen, bis sie 9. Juli Kwamouth und 16. Juli nach 50tägiger Fahrt Léopoldville erreichte. Die längst vermutete Zugehörigkeit des Kassai zum Congogebiet war damit festgestellt. W. begab sich darauf zu Erholung nach Madeira, kehrte aber nach kurzem Aufenthalt zum Congo zurück, um die Erforschung des Gebiets im NO. des Lulua wieder aufzunehmen. Nachdem er einen vergeblichen Vorstoß in das Gebiet der feindseligen Baluba am Buschimanei, einem Zufluß des Lubilasch, gemacht hatte, ging er nordostwärts, überschritt den Sankuru, mußte aber vor dem dichten und sumpfigen Urwald zurückweichen und sich südwärts wenden und gelangte über Nyangwe, den Tanganjika und Nyassa auf einer neuen Route nach Mosambik und von dort über Sansibar und Ägypten nach Europa. Nachdem W. den Winter 1887-88 in Madeira zu seiner Erholung zugebracht und dort seine Reisen bearbeitet hatte, ging er im Auftrag des Königs der Belgier nach Ägypten und kehrte darauf nach Deutschland zurück, um eine hier geplante Expedition zum Entsatz Emin Paschas zu übernehmen. Inzwischen waren ernste Unruhen in Deutsch-Ostafrika ausgebrochen, so daß sich das Deutsche Reich entschließen mußte, einzugreifen, um den deutschen Besitzzustand zu retten, den zu schützen jene Gesellschaft sich zu schwach erwiesen hatte. Der Reichskanzler berief W., welcher die Beförderung zum Hauptmann erhielt, zum Reichskommissar, der Reichstag bewilligte eine Summe von 2 Mill. Mk., 21 deutsche Offiziere, Ärzte und Beamte und 40 Unteroffiziere wurden für den Dienst in Afrika angeworben und aus Somal, Zulu und Sudanesen eine Kolonialtruppe gebildet. Zur Beförderung seiner Truppen von einem Küstenplatz zum andern und zur Verbindung der Küstenplätze untereinander wurden fünf Dampfer angekauft. Das bei Sansibar stationierte deutsche Kreuzergeschwader leistete bei den sofort eröffneten Operationen gegen die Aufständischen wirk-^[folgende Seite]