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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Wolle; Wollen; Wollerau; Wollfengel; Wollgarn; Wollgras; Wollīn; Wollkrabben; Wollkraut; Wolllaus; Wollmaus; Wollmesser

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Wolle - Wollmesser.

Die Vereinigten Staaten hatten 1884/85 eine Wollproduktion von 308, eine Einfuhr von 70,6 und eine Ausfuhr don 3,1 Mill. engl. Pfd. Der Wollverbrauch betrug in Frankreich 180, Großbritannien 160, Deutschland 117, europäisches Rußland 100, Belgien 42, Österreich-Ungarn 38, Italien und die übrigen Staaten Europas 45, in den Vereinigten Staaten 170, zusammen 872 Mill. kg. In der industriellen Verarbeitung der W. stehen Großbritannien, Frankreich und die Vereinigten Staaten am höchsten, doch haben die Menge und der Wert der englischen Wollmanufaktur in der neuern Zeit eine Einschränkung erfahren, während dieser Industriezweig in den Vereinigten Staaten einen mächtigen Aufschwung genommen hat. Ebenso bestehen Deutschland, Frankreich und Österreich die Konkurrenz mit England gegenwärtig erfolgreicher als früher. Deutschland importierte 1885: 21,200 u. exportierte 204,550 metr. Ztr. Wollwaren. Der Wert der Einfuhr betrug 16,054, der der Ausfuhr 155,890 Mill. Mk.

Man ist darauf bedacht gewesen, die Bestandteile des Wollschweißes zu verwerten, und hat die rohe W. (ohne vorhergegangene Pelzwäsche) mit Wasser ausgezogen, um die Lauge auf kohlensaures Kali zu verarbeiten (s. Pottasche) oder als Dünger zu benutzen. Die Schwefelkohlenstoffextraktion dagegen bezweckt die Gewinnung des Fettes und muß in der Weise ausgeführt werden, daß der benutzte Schwefelkohlenstoff von der W. und dem Fett getrennt und ohne zu großen Verlust wiedergewonnen werden kann. Das erhaltene Fett dient zur Seifenfabrikation, zum Ölen der Felle in der Sämischgerberei etc. Statt des Schwefelkohlenstoffs hat man auch Benzin, Petroleum, Amylalkohol (Fuselöl) und Äther angewandt, letztern in der Weise, daß die W. zuerst mit Wasser, dann mit Alkohol und zuletzt mit Äther extrahiert wird, worauf man letztern durch Alkohol und diesen durch Wasser verdrängt. Um die Bestandteile der Wollwaschwasser zu verwerten, sammelt man dieselben in Bassins, fällt sie mit Kalkmilch, sammelt die abgeschiedene Kalkseife und benutzt diese als Brennmaterial, zur Darstellung von Leuchtgas oder zur Gewinnung von Fett, indem man sie mit Salzsäure zersetzt. Über die Verarbeitung der W. s. Spinnen.

Vgl. außer der im Art. »Schaf« angeführten Litteratur noch Jeppe, Terminologie der Schafzucht und Wollkunde (Rost. 1847); Rohde, Beiträge zur Kenntnis des Wollhaars (Berl. 1857); Reißner, Beiträge zur Kenntnis der Haare des Menschen und der Säugetiere (Bresl. 1854); Bohne, Wollkunde (Berl. 1873); Grothe, Die W. (das. 1874, volkswirtschaftlich); Sella, Studien über die Wollenindustrie (Wien 1876); v. Nathusius-Königsborn, Das Wollhaar des Schafs (Berl. 1866); Settegast, Bildliche Darstellung des Baues und der Eigenschaften der Merinowolle (das. 1869); Janke, Wollproduktion (Bresl. 1864); Burnley, History of wool and woolcombing (Lond. 1889).

Wolle, in der Jägersprache das Haar des Hasen, des Kaninchens und des Fuchses.

Wollen, das mit der Vorstellung der Erreichbarkeit des Begehrten verbundene Begehren (s. Wille).

Wollerau, schweizer. Ort, s. Höfe.

Wollfengel, ein Eierauflauf mit Mandeln, Vanille und Eierschnee.

Wollgarn, s. Garn.

Wollgras, Pflanzengattung, s. Eriophorum.

Wollīn, zum preuß. Regierungsbezirk Stettin gehörige Insel an der Ostsee, ist im Westen von der Insel Usedom, mit der sie den Kreis Usedom-W. bildet, durch die Swine, im O. vom Festland durch die Dievenow getrennt und umfaßt 245 qkm (4,45 QM.) mit ungefähr 14,000 Einw. Die Oberfläche ist eine von den Lebbiner Bergen (s. Lebbin) unterbrochene sandige Ebene, in die nur zahlreiche Seen und Waldungen einige Abwechselung bringen. Die Küste ist mit Dünen und Hügeln von Flugsand besetzt, die ihre Gestalt oft verändern. Hier und da sind gute Weideplätze, in dem Forst Warnow auch ein Schwefelkieslager. Hauptbeschäftigung der Einwohner sind Viehzucht und Fischerei. - Die gleichnamige Stadt, an der Dievenow, durch drei Brücken mit dem Festland verbunden, hat 3 evang. Kirchen, ein ehemaliges Cistercienser-Nonnenkloster, ein Realprogymnasium, ein Amtsgericht, Schiffahrt, Schiffbau, Fischerei, Fischhandel, Vieh- und Pferdemärkte und (1885) 5097 Einw. - W., wahrscheinlich das alte Julin, seit 1125 Sitz eines Bistums, das 1170 nach Kammin verlegt wurde, ward 1183 von Knut VI. von Dänemark zerstört, bald aber wiederhergestellt und erhielt vor 1264 Stadtrecht. Nach Safarik sind Fulin, Fumne, Fomsburg und Vineta (»Wendenstadt«) nur verschiedene Namen desselben Ortes. Unter den Dörfern der Insel treten besonders hervor: Misdroy (s. d.), mit besuchtem Seebad; Ostswine, Swinemünde gegenüber; Pritter, an einem Arm der Swine (Aalfang), und Lebbin (s. d.). Vgl. W. v. Raumer, Die Insel W. (Berl. 1851).

Wollkrabben, s. Krabben, S. 130.

Wollkraut, s. Verbascum.

Wolllaus, s. Blattläuse.

Wollmaus, s. Chinchilla.

Wollmesser (Eriometer, Eirometer), Instrument zur Messung der Dicke eines Wollhaars. Von den zahlreichen Konstruktionen ist die von Dollond jedenfalls die beste. Der Dollondsche W. besteht aus einem zusammengesetzten Mikroskop, vor dessen Objekitvlinse ein Zerstreuungsglas angebracht ist. Dies ist mittels eines durch seinen Mittelpunkt gehenden geraden Schnittes in zwei gleiche Hälften geteilt, welche sich nebeneinander in der Richtung des Schnittes verschieben lassen. Diese Verschiebung geschieht durch eine feine Verzahnung und wird mittels eines Nonius bis auf 0,127 mm genau gemessen. Das zu messende Wollhaar spannt man von dem Zerstreuungsglas so aus, daß es rechtwinkelig gegen den Schnitt steht. Blickt man durch das Mikroskop, so erscheint das Bild des Haars 50fach vergrößert, und zwar ist dies Bild einfach, wenn die Hälften des Zerstreuungsglases unverschoben sind. Verschiebt man aber die Teile des Glases, so erscheinen zwei Bilder nebeneinander, und die Verschiebung beträgt genau so viel wie die Breite des einfachen Bildes (d. h. wie der 50fache Durchmesser des Haars), wenn man die Hälften des Glases so stellt, daß die beiden Bilder ohne Zwischenraum, aber auch ohne sich teilweise zu decken, nebeneinander erscheinen. In diesem Zustand wird die Größe der Verschiebung auf dem Nonius abgelesen. Ein jeder Teil des letztern drückt hierbei 0,00254 mm aus und wird ein Grad genannt. Wolle, welche am Eriometer z. B. 5° zeigt, hat also 0,0127 mm Durchmesser. Andre Konstruktionen rühren von Daubenton, Ledebours, Voigtländer, Skiadan, Grawert, Köhler, Young her. In der Praxis begnügt man sich aber meist mit Schätzungen nach dem Augenmaß (z. B. auf schwarzem Tuch) oder mit Zählungen der Bogen (s. Wolle, S. 735). Der Erfahrung nach findet man auf 26 mm folgende Anzahl Bogen: bei Wolle von 4-5° Dollond 28-32, bei 6° D. 26-28, bei 7° D. 24-26, bei 8° D. 22-24, bei 9° D. 20-^[BINDESTRICH!]