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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Zahnkuppelung; Zahnküste; Zahnlücker

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Zahnkuppelung - Zahnlücker.

heit. Im Alter pflegt sich in der Regel weit mehr Zahnstein an den Zähnen anzusetzen als in der Jugend. Um seinen übeln Wirkungen vorzubeugen, muß man ihn mittels besonderer Instrumente ablösen, nie durch Säuren auflösen. Der Wiedererzeugung desselben begegnet man am besten durch sorgfältige Reinhaltung des Mundes und Anwendung passenden Zahnpulvers (s. unten). Noch verderblicher als der Zahnstein ist der grüne Ansatz, der aus pflanzlichen Parasiten besteht, und dessen Beseitigung unerläßlich ist. Neurosen sind der Zahnschmerz (s. d.) und der Gesichtsschmerz (s. d.). Die hauptsächlichsten Verletzungen der Zähne sind: die Zahnfissur, der Zahnbruch, Dislokationen oder Verschiebungen der Zähne infolge der Einwirkung mechanischer Gewalt und Abnutzung der Zähne infolge längern Gebrauchs derselben. Eigentümliche Entartungen der Zähne werden bedingt durch Rachitis und ererbte Syphilis. Die Fehler der ersten Bildung sind sehr mannigfach. Hierher gehören die sogen. Risszähne, Zähne mit parallelen, quer laufenden Streifen im Schmelz, die Verwachsung mehrerer Zähne zu einem (s. Zähne), der Schiefstand der Zähne, die überzähligen Zähne.

Die Hauptgrundsätze der Zahnpflege (Zahndiätetik) kommen auf folgendes hinaus. Man soll zuvörderst den Zähnen nicht Leistungen zumuten, für welche sie die Natur nicht geschaffen hat. Man zerbeiße daher nicht Nüsse, Holz und andre harte Gegenstände, genieße keine scharf sauren Substanzen; man vermeide ferner plötzliche Temperaturwechsel in der Mundhöhle, raschen Übergang von warmen zu kalten Speisen und Getränken, weil, wie erwähnt, die Erhaltung des Zahnschmelzes allein vor dem sogen. Stocken der Zähne und vor Erkrankungen der Pulpa schützt. Dies führt auf die Hauptregel aller Zahndiätetik zurück, daß man stets für die gründlichste Reinhaltung des Mundes Sorge tragen und sich zu diesem Behuf solcher Mittel bedienen soll, welche etwa vorhandene Säuren unschädlich machen. Zum Reinigen der Zähne bediene man sich im allgemeinen einer mehr weichen Bürste. Man reinige damit die Zähne nicht nur des Morgens nach dem Aufstehen, sondern auch des Abends vor dem Schlafengehen. Nach jeder Mahlzeit entferne man die zwischen den Zähnen sitzengebliebenen Speisereste sorgfältig mit dem Zahnstocher und spüle den Mund aus. Als säurewidrigen Mittels bediene man sich eines Zahnpulvers, weniger einer (reinen) Seife. Zweckdienliche Bestandteile des Zahnpulvers sind: Schlämmkreide (creta praeparata alba), kohlensaure Magnesia (magnesia carbonica), präparierte Austernschalen (conchae praeparatae) etc. Man pulverisiere diese Substanzen, menge sie zu gleichen Gewichtsteilen und füge etwas pulverisierte Kalmuswurzel hinzu, die auf das Zahnfleisch wohlthätig einwirkt, außerdem einige Tropfen ätherischen Öls. Zahnpulver, welche die Zähne schnell weiß machen, sind verwerflich, da sie die Glasur angreifen. Auch das vielgebrauchte Kohlenpulver ist trotz seiner fäulniswidrigen Wirkungen nicht empfehlenswert, da sich die Kohlenteilchen unter dem Zahnfleisch festsetzen und Kohle nach und nach ebenfalls der Glasur Eintrag thut. Durch leichtes Bluten des Zahnfleisches lasse man sich vom Gebrauch der Bürste nicht abhalten; zweckmäßig sind in diesem Fall der Reinigung durch die Bürste folgende Spülungen mit aromatischen, leicht adstringierenden Flüssigkeiten, z. B. Myrrhentinktur, welche mit viel Wasser gemischt wurden. Beim Reinigen der Zähne mit der Bürste führe man diese in der Richtung der Zähne vom Zahnfleisch nach den Kauflächen hin, also in der obern Kinnlade von oben nach unten, in der untern von unten nach oben. Nur auf diese Weise werden Speisereste und Schleim aus den Zwischenräumen der Zähne entfernt und gleichzeitig dem Zurückweichen des Zahnfleisches entgegengewirkt. Auch bürste man die Kauflächen sowie die innere, der Mundhöhle zugewendete Seite der Zähne. Je eher ein kranker Zahn in ärztliche Behandlung genommen wird, desto eher ist seine Erhaltung zu hoffen, und desto größere Bürgschaft erhält man gegen Ansteckung der nebenan und gegenüberstehenden Zähne. Bei beginnender Karies sind die Zähne so zeitig wie möglich zu plombieren, und zu diesem Zweck ist, da die ersten Anfänge derselben der Aufmerksamkeit des Patienten regelmäßig entgehen, wo es irgend angeht, eine von sechs zu sechs Monaten wiederholte Untersuchung des Mundes durch den sachverständigen Zahnarzt auf das dringendste zu empfehlen. Vgl. Süersen, Anleitung zur Pflege der Zähne und des Mundes (Preisschrift, 10. Aufl., Leipz. 1887); Wedl, Pathologie der Zähne (das. 1870); Arkövy, Diagnostik der Zahnkrankheiten (Stuttg. 1885).

Zahnkuppelung, lösbare Wellenkuppelung, bei welcher die Übertragung der Bewegung durch hervorstehende Zähne erfolgt.

Zahnküste (Elfenbeinküste), s. Guinea, S. 914.

Zahnlücker (zahnarme, fälschl. zahnlose Säugetiere, Edentata, Bruta; hierzu Tafel »Zahnlücker«), eine trotz ihres geringen Gehalts an lebenden Vertretern doch sehr formenreiche Ordnung der niedern Säugetiere. Charakteristisch ist zunächst für sie das Gebiß, das in einzelnen Fällen gänzlich fehlt, bei allen, mit einer einzigen Ausnahme, der Vorderzähne entbehrt, bei einigen hingegen sich durch die große Anzahl der Backenzähne (bis zu 100) auszeichnet. Zahnwechsel findet nicht statt, auch haben die Zähne keinen Schmelz. Die Zahl der Wirbel ist gleichfalls nicht konstant; so hat z. B. Bradypus tridactylus 9, Choloepus nur 6 Halswirbel statt der sonst für die Säugetiere gültigen 7. Nach Körpergestalt und Ernährungsweise lassen sich zwei Gruppen unterscheiden. Die einen (Erdschweine, Ameisenfresser, Schuppen- und Gürteltiere) sind Insektenfresser mit langgestrecktem, spitzem Kopf, schwachen Kiefern und verkürzten Extremitäten, deren wenig bewegliche Zehen mit kräftigen Scharrkrallen endigen. Die Haut ist häufig mit großen, dachziegelförmig sich deckenden Hornschuppen oder mit einem gegliederten knöchernen Panzer bedeckt. Die andern (Faultiere) nähren sich von Blättern, besitzen einen runden Affenkopf mit kurzen, hohen Kiefern, ungemein schwerfällige Körperformen und sehr lange, mit Sichelkrallen bewaffnete Vorderextremitäten, die beim Klettern gute Dienste leisten; die Haut ist mit grobem Haar bedeckt. Das Gehirn der Zahnarmen steht in mancher Beziehung dem der Huftiere nahe, ist aber noch einfacher und häufig, bei den meisten kleinern Formen, völlig windungslos. Sehr entwickelt sind die Speicheldrüsen; bei den Faultieren erinnert der Magen an denjenigen der Wiederkäuer. Die Hoden liegen in der Bauchhöhle. Die Gebärmutter ist meist einfach, hat jedoch bei einzelnen Gattungen einen doppelten Muttermund. Die Z. sind träge, stumpfsinnige Tiere, bewegen sich langsam, klettern oder graben Höhlen. Die lebenden 13 Gattungen (mit etwa 40 Arten) sind auf Südamerika beschränkt, nur Manis und Orycteropus sind in Afrika und Asien zu Haus. Auch die fossilen Formen, darunter Tiere von der Größe des Elefanten, scheinen hauptsächlich in Amerika gelebt