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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Béethune; Bejobrasow; Berun; Besançon; Besant; Beseler; Besigheim; Besobrasow; Bessèges; Bessel; Bessungen; Béthune

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Berun - Béthune

Fällen an die Strafkammer des zuständigen Landgerichts. Straferkenntnisse der Landgerichte und schwurgerichtliche Urteile dagegen sind nur mittels des Rechtsmittels der Revision anfechtbar, und dies letztere Rechtsmittel kann nur auf eine angebliche Verletzung eines Gesetzes durch das angefochtene Erkenntnis gegründet werden. Die Thatumstände werden von dem Revisionsgericht nicht nochmals geprüft, sondern nur die Rechtsfrage kommt zur wiederholten Erörterung und Entscheidung. Vielfach ist jedoch die Unzulässigkeit der B. gegen die erstinstanzlichen Urteile der landgerichtlichen Strafkammern als ein erheblicher Mangel bezeichnet worden, und für die Wiedereinführung der B. in diesen Strafsachen ist namentlich im deutschen Anwaltstand eine Bewegung entstanden. Der deutsche Anwaltstag hat sich einstimmig für die Wiedereinführung ausgesprochen. Man verlangt dieselbe namentlich im Interesse einer größern Gründlichkeit der Entscheidung zur thunlichsten Verminderung der Gefahr ungerechter Verurteilung, während die Gegner der B. dieselbe als mit dem Grundsatz der Mündlichkeit und Unmittelbarkeit des Verfahrens sowie der freien richterlichen Veweiswürdigung unverträglich bezeichnen. Wiederholt ist im Reichstag über diesen wichtigen Gegenstand verhandelt worden, und zwar waren es zuletzt zwei Anträge von Abgeordneten, welche die Grundlage der Beratungen bildeten. Ein Antrag des klerikalen Abgeordneten Reichensperger will das Rechtsmittel der B. dem Staatsanwalt in gleicher Weise wie dem Beschuldigten geben, während der Antrag des freisinnigen Abgeordneten Munckel die Staatsanwaltschaft im Recht zur B. beschränkt wissen will. Nur durch die Anführung neuer Thatsachen oder Beweismittel soll nach Munckels Vorschlag die von der Staatsanwaltschaft zum Nachteil des Beschuldigten eingelegte B. gerechtfertigt werden können. Munckel will ferner die gegenwärtige Zahl von fünf Richtern bei der Besetzung der Strafkammern beibehalten wissen, während Reichensperger die Zahl der erstinstanzlichen Richter auf drei reduzieren will. Die B. selbst will Reichensperger nicht an ein höheres Gericht, sondern an Berufungskammern für Strafsachen gehen lassen, welche bei den Landgerichten gebildet und mit fünf Richtern besetzt werden sollen. Munckel schlägt dagegen vor, die B. an den mit fünf Richtern besetzten Strafsenat des Oberlandesgerichts gehen zu lassen. Zu einer Entscheidung ist es in dieser Frage jedoch bisher nicht gekommen.

Berun, (1885) 1994 Einw.

Besançon, (1886) 45218 (Gemeinde 56511) Einw.

Besant (spr. besannt). Walter, hervorragender engl. Schriftsteller, geb. 1838 zu Portsmouth, bezog 1859 die Universität Cambridge, wo er sich akademische Auszeichnungen erwarb, lebte darauf, während sechs Jahren eine Professur bekleidend, auf der Insel Mauritius, ward späterhin Schriftführer des Palestine Exploration Fund sowie des archäologischen Instituts der Freimaurer und erwarb sich schon früh eine große Mannigfaltigkeit der Lebenskenntnis, besonders auch der untern Volksklassen. Er lebt zu Hampstead bei London. Sein Erstlingswerk waren die »Studies of early French poetry« (1868), dem außer seinen Beiträgen zu Zeitschriften »The French humorists« (1873), »Rabelais« (1877), »Readings from Rabelais« (1882) wie weitere biographische Schriften: »Coligny« (1879) und »Life of Whittington« (1881), folgten. Gemeinsam mit E.H. Palmer veröffentlichte er die »History of Jerusalem« (1871, neue Ausg. 1890). Ganz verschiedener Art war die

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zuerst anonym und rasch in mehreren Auflagen erschienene Erzählung »The revolt of man« (1882), in welcher er sich in phantastisch-humoristischer Weise mit der Frauenemanzipation befaßte. Schon vorher hatte sich B. mit James Rice (s. d., Bd. 17) zu einer an Erckmann-Chatrian erinnernden litterarischen Gemeinschaft verbunden, wie sie gegenwärtig in England, ausgenommen für die Bühne, äußerst selten ist. Aus der Reihe dieser gemeinsamen "B.-Rice novels« (seit 1871), welche mit Recht zu den bessern Erzeugnissen der neuern englischen Romanlitteratur zählen, seien besonders "Ready Money Mortiboy«, eine Geschichte aus der Handelswelt, und das humorvolle »The golden butterfly« erwähnt. Auch zwei Dramen brachten die beiden Autoren gemeinsam auf die Bühne. In dem noch mit Rice begonnenen, nach dessen Tod (1882) aber von B. allein vollendeten sozialen Roman »All sorts and conditions of man, an impossible story« (1882) und mit »The children of Gibeon« (1886) erreichte dann B. eine höhere Stufe seiner Wirksamkeit: mit dem erstgenannten Roman, in welchem er ein ergreifendes Bild von dem Los der Armenbevölkerung im Ostende Londons entwirft, gab er den Anstoß zur Begründung des People's palace, einer Wohlthätigkeitsanstalt in großartigem Stil, die 1887 eröffnet worden ist. Von Besants übrigen Romanen erwähnen wir: »The captain's room« (1883); »All in a garden fair«; »Dorothy Forster«, eine Geschichte aus den jakobitischen Unruhen (1884); »Uncle Jack« (1885); »Katharine Regina« (1887); »Herr Paulus« (1888); »The bell of St. Paul's« (1889). Außerdem veröffentlichte er eine Biographie des Orientalisten E. H. Palmer, seines Freundes (1883), und »The eulogy of Richard Jeffries« (1888). B. ist Herausgeber des großen Werkes »The surveys of Western Palestine«, ein thätiges Mitglied der Rabelais-Gesellschaft und Vorsitzender der 1887 begründeten Incorporated Society of Authors.

Beseler, 2) Georg, Rechtsgelehrter, starb 28. Aug. 1888 in Harzburg.

Besigheim, (1885) 2872 Einw.

Besobrasow, Wladimir, russ. Nationalökonom, geb. 1828 zu Wladimir, war anfänglich im Finanzministerium beschäftigt, studierte eifrig die westeuropäischen volkswirtschaftlichen Zustände und Litteratur, besonders die Englands, und wurde mehrfach zu amtlichen Missionen in Rußland und nach dem Ausland verwendet und bald zum Mitglied der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Petersburg sowie zum Senator gewählt. Er schrieb, abgesehen von zahlreichen Abhandlungen in russischen Zeitschriften: »Études sur la physiologie sociale« (1857-59); »La circulation financière en Russie«; »Études sur les revenus publics« (5 Berichte in den »Mémoires« der Petersburger Akademie 1873); »L'economie des mines d'Ourallle«; »La fuerre et la Révolution«; »Études sur l'economie nationale de la Russie« (1882-86, 2 Bde.). Auch redigierte er den großen, sechsbändigen amtlichen Bericht über die Industrieausstellung in Moskau im J. 1882. Er staro 10. Sept. 1889 in Dmitrow. - Sein Sohn Paul B., geb. 2. Febr. 1859, ist Professor der Philologie an der Universität zu Moskau und als Herausgeber byzantinischer Quellenschriften bekannt.

Bessèges, (1886) 9169 (Gemeinde 10653) Einw

Bessel, Emil, Nordpolfahrer, starb 30.März 1888 in Stuttgart.

Bessungen, (1885) 7815 Einw.

Béthune, (1886) 10917 Einw.