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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Arbeiterschutzkonferenz

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Arbeiterschutzkonferenz (Berlin 1890: Bergarbeiter).

Zwölfjährigen ausnahmsweise nur dann statthaft sein, wenn sie vorschriftsmäßige Zeugnisse über Schulkenntnisse und physische Befähigung beibringen. Im J. 1887 betrug in Frankreich und Algerien die Zahl der Kinder und jugendlichen Arbeiter von 12-16 Jahren in den Kohlenbergwerken: unter Tage 4462, über Tage 3243, in andern Bergwerken: unter Tage 42, über Tage 239. Von den Delegierten wurde bemerkt, daß die Erhöhung der Altersgrenze auf 14 Jahre unter Beibehaltung einer Altersgrenze von 13 Jahren für die andern Industrien die Rekrutierung der Bergarbeiter in den Gegenden, wo die Arbeitskräfte wenig zahlreich sind, und wo folglich die Rekrutierung schwierig ist, sehr erschweren würde. In Großbritannien ist den Knaben unter 12 Jahren und den Mädchen unter 16 Jahren die unterirdische Arbeit verboten, Knaben unter 16 Jahren dürfen nicht mehr als 54 Stunden wöchentlich und täglich nicht mehr als 10 Stunden unter Tage arbeiten. In den Kohlenbergwerken arbeiteten im J. 1888 unter Tage: Knaben von 12-16 Jahren 42,046, Knaben von 12 Jahren vorübergehend 127, über Tage: Knaben von 12-13 Jahren 228, von 13-16 Jahren 8729, Mädchen von 12-13 Jahren 2, von 13-16 Jahren 303. In Italien ist für unterirdische Arbeit das Zulassungsalter 10 Jahre. Kinder von 10-12 Jahren dürfen höchstens 8 Stunden täglich arbeiten, die Nachtarbeit derselben ist verboten. Knaben von 12-15 Jahren dürfen nachts nicht länger als 6 Stunden arbeiten. Im J. 1888 wurden beschäftigt in den sizilischen Schwefelbergwerken (Kinder unter 14 Jahren): Knaben 5966, Mädchen 20, in den Schwefelbergwerken der Romagna und der Marken: 50 Kinder, in den Bergwerken auf Sardinien: 499 Knaben, 218 Mädchen. In Spanien gibt es hinsichtlich der Kinderarbeit keine allgemeinen Bestimmungen, nur bei den Quecksilberminen von Almaden ist die Arbeit Beschränkungen unterworfen; ein in Vorbereitung befindlicher Gesetzentwurf normiert das Minimalalter für die Arbeit unter Tage auf 9 Jahre. In Luxemburg darf vor vollendetem 16. Jahre keine Person bei unterirdischen Arbeiten verwendet werden. Ein neuer Gesetzentwurf schützt auch die Jünglinge von 16-18 Jahren; er bestimmt, daß sie beim unterirdischen Bergbau nur zu leichten Arbeiten herangezogen werden dürfen. In Holland gibt es nur einige Erzgruben und ein Kohlenbergwerk. Beschränkende Bestimmungen existieren nicht, können aber vom König erlassen werden. Thatsächlich ist kein Arbeiter unter 18 Jahren unter Tage beschäftigt. Auch in Norwegen fehlen gesetzliche Bestimmungen, thatsächlich arbeiten aber weder weibliche Personen noch Kinder in den Bergwerken. Nach einem Gesetzentwurf sollen Kinder von 13-14 Jahren und weibliche Personen unter 18 Jahren nicht unter Tage arbeiten dürfen. In Deutschland ist die Beschäftigung von Kindern unter 12 Jahren unbedingt und die Beschäftigung unter Tage vor vollendetem 14. Jahre verboten. Im J. 1888 arbeiteten unter 295,824 Arbeitern 286 Kinder von 12-14 Jahren über Tage und 9548 jugendliche Arbeiter von 14-16 Jahren, von welchen 882 unter Tage und 8666 über Tage beschäftigt waren. Hiernach schwankt in den Staaten die untere Altersgrenze für die Arbeit unter Tage zwischen 9 und 16 Jahren. Dem Antrag Deutschlands, eine solche von 14 Jahren zu befürworten, widersprachen die Delegierten von Italien und Spanien für ihre Länder, weil das Jünglingsalter in denselben früher heranreife; sie acceptierten nur eine Altersgrenze von 12 Jahren. Mit Rücksicht auf die Erklärung der Delegierten von Belgien und Frankreich, daß eine Änderung ihrer Gesetzgebung über die bisherige, resp. beabsichtigte Grenze jedenfalls zur Zeit nicht möglich sei, wurde einstimmig von der Kommission beschlossen: »Es ist wünschenswert, daß die untere Grenze des Alters, innerhalb welcher Kinder bei unterirdischen Arbeiten beschäftigt werden dürfen, allmählich auf volle 14 Jahre erhöht werde, je nachdem die Erfahrung die Möglichkeit der Erhöhung dargethan haben wird.« Und mit neun Stimmen, unter Stimmenthaltung von Großbritannien und Frankreich, wurde hinzugefügt: »Für die südlichen Länder jedoch würde diese Altersgrenze die von 12 Jahren sein.« Frankreich enthielt sich der Abstimmung; nicht weil es Einwendungen zu erheben hatte, sondern weil es in dieser Frage nicht interessiert sei, beschränke es sich darauf, von dem durch die südlichen Länder ausgesprochenen Wunsch Akt zu nehmen. Großbritannien gab die Erklärung ab, daß es die Verantwortung nicht auf sich nehmen könne, den Kindern in den südlichen Staaten die Wohlthat der Erhöhung der Altersgrenze auf 14 Jahre vorzuenthalten. Im Plenum wurde der erste Satz mit 13 Stimmen (Stimmenthaltung von Dänemark, weil es keine Bergwerke hat, und Spanien), der Zusatz mit 10 Stimmen gegen 1 (Großbritannien) und 4 Stimmenthaltungen (Belgien, Dänemark, Frankreich, Schweiz) angenommen. Aus eine Untersuchung der Beschränkungen, welche die Arbeit der jugendlichen Arbeiter von 14-16 Jahren erfordern möchte, beschloß die Kommission nicht einzugehen; die Regelung dieses Punktes sei jedem einzelnen Staate zu überlassen.

Die Arbeit weiblicher Personen unter Tage war in Belgien vor Erlaß der Bergwerksordnung vom 24. April 1884 schon vom 12. Jahre ab gestattet. Der Artikel 69 dieser Ordnung schloß Mädchen unter 14 Jahren von dieser Arbeit aus. Ende 1887 beschäftigten die Kohlenbergwerke 77,490 Arbeiter, darunter 3961 Frauen und Mädchen unter Tage, aber nur ausnahmsweise verheiratete Frauen. Das neue Gesetz vom 13. Dez. 1889 verbietet vom 1. Jan. 1892 ab Mädchen und Frauen unter 21 Jahren die Arbeit unter Tage. In Spanien dürfen nach dem Gesetz von 1873 Frauen in den Bergwerken arbeiten, der Fall kommt aber nur selten vor. In Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Österreich ist jede unterirdische Arbeit weiblicher Personen verboten. In Italien und Holland besteht kein gesetzliches Verbot, aber weibliche Personen arbeiten nicht in den Bergwerken. In Holland kann nach einem kürzlich erlassenen Gesetz ein solches Verbot für Frauen und Mädchen jeden Alters vom König erlassen werden. In Luxemburg dürfen nach einem Gesetzentwurf Frauen und Mädchen jeden Alters nicht zur Arbeit unter Tage zugelassen werden. Schweden und Norwegen haben keine gesetzlichen Bestimmungen. Das Verbot der Arbeit weiblicher Personen unter Tage wurde in der Kommission einstimmig, ebenso im Plenum, hier mit Stimmenthaltung von Dänemark, angenommen.

2) Der zweite Gegenstand der Beratung war die Frage, ob der Arbeitstag in besonders gesundheitsgefährlichen Bergwerken Beschränkungen unterliegen solle. Einstimmig wurde in der Kommission und ebenso im Plenum, hier mit Stimmenthaltung von Dänemark, angenommen: »Es ist wünschenswert, daß in den Fällen, wo die Bergbaukunst nicht ausreichen würde, um alle Gefahren für die Gesundheit