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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bahnhöfe

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Bahnhöfe (neuere Anlagen).

wo manche derselben, wie z. B. der Personen-, Güter-, Rohgut-, Rangierbahnhof etc., oft ganz selbständige Örtlichkeiten bilden, ja sogar der Rohgutbahnhof noch wieder in getrennte Spezialbahnhöfe (für Kohlen, Getreide etc.) zerfallen kann. Bei kleinern Orten pflegen dagegen die Bestandteile in mehr oder weniger enger Verbindung bis zu einer einzigen gemeinsamen Anlage vereinigt zu sein.

Die Personenbahnhöfe bestehen im wesentlichen aus Geleisanlagen mit seitlichen oder zwischenliegenden, offenen oder überdeckten Bahnsteigen und zugehörigen Empfangs- und Nebengebäuden, woran sich dann, oft in Anbauten oder selbständigen Gebäuden, Räume für den Postdienst und für Eilgut sowie Rampen für Kutschen, Pferde etc., endlich weiterhin die erforderlichen Geleise und Gebäude für den Maschinendienst der Personenzüge sowie unter Umständen auch Schuppen für Personenwagen anreihen. Für die weitere Ausgestaltung der Personenbahnhöfe kommt sodann einmal deren Lage zu dem betreffenden Bahnnetz und weiter die Grundrißform der Hauptteile, d. h. die Anordnung der Bahnsteige und des Hauptgebäudes zu den Hauptgeleisen, auf welchen die Züge aus- und einlaufen, in Frage. In ersterer Hinsicht sind zu unterscheiden: End-, Zwischen-, Trennungs- (oder Anschluß-) und Kreuzungsstationen, zu denen noch Kombinationen, wie z. B. Verbindungen von End- mit Zwischen- oder Kreuzungsstationen, mehrfache Trennungsstationen etc., kommen, welche dann wohl als Knotenpunktstationen bezeichnet werden. Bezüglich der Grundrißform sind die Kopf-, Durchgangs-, Keil- und die Inselform zu unterscheiden, je nachdem die Hauptgeleise stumpf endigen, durchgehen, von zwei Richtungen keilförmig zusammenlaufen oder die Bahnsteige nebst Gebäuden allseitig umschließen. Die Form der Kopfstation ist zu Anfang des Eisenbahnbaues in Deutschland vielfach auch bei kleinern Städten zur Anwendung gelangt, indem man eine Weiterführung über den als Endstation gedachten Bahnhof hinaus oder eine Verbindung mit andern ebenfalls endigenden Bahnlinien zur Zeit nicht voraussah. Bei der zunehmenden Ausbreitung und Verdichtung des Eisenbahnnetzes wurden später solche Kopfstationen in sehr vielen Fällen wegen der damit verbundenen Betriebserschwerungen, da, wo die B. zu Zwischen- oder Trennungsstationen geworden waren, durch Um- oder Neubauten beseitigt. Nur an ausgesprochenen Endpunkten großer Bahnsysteme und in einzelnen Großstädten auch als Knotenpunkte vieler zusammenlaufender Bahnen hat man in neuerer Zeit die Kopfform beibehalten, wenn die örtlichen Verhältnisse andernfalls eine zu große Entfernung des Bahnhofs vom Innern der Stadt bedingt haben würden. So sind als Kopfstationen unter andern in Berlin noch seit Ende der 60er Jahre der Görlitzer und Lehrter Bahnhof neu entstanden, der Potsdamer, Stettiner und später der Anhalter durch große Neubauten ersetzt (ebenso der später eingegangene Ost- und der Schlesische Bahnhof, welcher mit Anlage der Stadtbahn zum Durchgangsbahnhof umgebaut wurde). Die Kopfbahnhöfe zu Braunschweig, Kassel, Stuttgart, Heidelberg u. a. sind bisher in ihrer ursprünglichen Grundform beibehalten, obwohl sie heute einem lebhaften Durchgangs- und Knotenpunktverkehr zu

^[Abb.: Fig. 1. Personenbahnhof Frankfurt a. M. 1887. G.-Stg. Gepäcksteig, P.-Stg. Personensteig, a Kasse, b Räume für hohe Herrschaften, c Damenzimmer, d Gepäckabgabe, e Polizei, f, g Aborte, h Waschzimmer für Herren, i Waschzimmer für Damen, k Treppe zur Wohnung des Wirtes, I Handgepäck, m Vorstand und Telegraph, n Kesselanlage für die Heizung.]