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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bahnhöfe

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Bahnhöfe (neuere: Hannover, Straßburg, Mainz etc.).

dienen haben. In Metz (1879), in München (1884) und neuestens in Frankfurt a. M. (1887, s. Textfig. 1 und Fig. 1 der Tafel) sind sogar an Stelle älterer Anlagen großartige Kopfstationen neu errichtet worden, in Frankfurt für 7, in München für 8 einlaufende Bahnlinien (vgl. »Frankfurt und seine Bauten«, 1886, S. 455 ff., und »Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens«, 1887, S. 181 ff.). Das sind jedoch in Deutschland ziemlich vereinzelte Fälle; im allgemeinen geht vielmehr in der Neuzeit das Streben dahin, die Kopfstationen, zumal an größern Knotenpunkten, möglichst zu beseitigen (wie neuestens in Düsseldorf) und die Linien in andrer Weise zusammenzuführen.

Die Durchgangsform mit Vorgebäude, d. h. einseitig neben den Geleisen (seltener beiderseits) gelegenem Empfangsgebäude mit einem Haupt- und einem Zwischenbahnsteig, seltener mit beiderseits gelegenen Außensteigen, ist zunächst die für Zwischenstationen gegebene und allgemein angewendete. Dieselbe Form, durch mehrfache Wiederholung des Zwischensteigs, auch wohl durch Hinzunahme eines Außen- oder Gegensteigs erweitert, findet jedoch auch Verwendung für den Zusammenlauf mehrerer Linien, namentlich wenn dieselben alle oder größtenteils weitergeführt sind. Während man in solchen Fällen früher allgemein die Überschreitung der Schienen durch das Publikum von einem zum andern Bahnsteig zuließ und sogar zu deren Erleichterung die niedrigen Bahnsteige eingeführt hat, wird neuerdings überall, wo lebhafter Verkehr stattfindet, großer Wert gelegt auf die Anlage schienenfreier Verbindungen und Zugänge sowohl zwischen den Bahnsteigen und dem Gebäude, als auch zwischen letzterm und den Straßen der Stadt. In den meisten Fällen wird dies erleichtert durch Hochlegung der Bahn, welche zugleich auch außerhalb des Bahnhofs die schienenfreie Kreuzung mit den Straßenzügen durch Unterführung der letztern in der leichtern Weise gestattet, während dem gegenüber eine Überführung der Straßen wegen der erforderlichen größern Durchfahrthöhe der Eisenbahnfahrzeuge einen erheblich stärkern Höhenunterschied, mithin längere Steigungsrampen für die Straßen bedingt und namentlich weit höhere Treppenanlagen für die Fußgänger zwischen den Bahnsteigen verlangt, als dies für die verhältnismäßig niedrigen Fußgängertunnels unter den Geleisen der Fall ist. Als größere Beispiele dieser Form für Knotenpunktstationen aus neuerer Zeit mögen die folgenden genannt werden.

1) Hannover (vollendet 1882; »Zentralbl. d. Bauverwaltung«, 1888): Vorgebäude mit unten liegenden Warteräumen; 7 hoch liegende Hauptgeleise (außer 2 in der Mitte durchgeführten Gütergeleisen); 3 breite Zwischenbahnsteige und ein Außensteig für den Personenverkehr (Geleisabstände 12 m, 13 m, 19,75 m und 8,25 m von der Außenwand); 2 Zwischen-, ein Außensteig für Gepäckverkehr (Abstände 6,75 m, bez. 7,5 m von der Wand); Hallenweite zweimal 37 m, Hallenlänge 167,5 m; 3 Personentunnels von 4, 7, 4 m, 2 Gepäcktunnels von 5 m Weite. Erstmalige Anwendung besonderer Gepäcksteige zur Befreiung der Personensteige von der Bewegung der Gepäckkarren. (Spezielles s. »Zeitschrift des Hannöverschen Architekten- und Ingenieurvereins«, 1886.)

2) Straßburg (vollendet 1883; »Zentralbl. d. Bauverwaltung«, 1883, S. 294, und 1888): Vorgebäude wie in Hannover, jedoch Wartesäle in Bahnsteighöhe; 5 Hauptgeleise, ein vorderer Bahnsteig am Gebäude, 2 Zwischensteige; Geleisabstände 12,4 m vom Gebäude, 16,5 m zwischen den Geleisen, keine Gepäcksteige; 2 Tunnels für Personen, einer desgleichen für Gepäck, einer für Post, einer für den Küchenverkehr zu kleinen auf den Zwischensteigen errichteten Restaurationsräumen. Halle zweimal 29 m weit, 128 m lang.

3) Mainz (1884; »Organ f. d. Fortschr. d. Eisenbahnwesens«, 1885): Vorgebäude mit Wartesälen in Bahnhöhe; 5 Hauptgeleise; Bahnsteige ganz wie in Straßburg angeordnet, Geleisabstände etwas kleiner; 2 Personentunnels; Halle 42,2 m weit (dazu über ein Geleis auskragend), 300 m lang.

4) Schlesischer Bahnhof in Berlin (1882; »Zeitschrift für Bauwesen«, 1885): Vorgebäude mit unten liegenden Warteräumen, 8 (der Anlage nach 10) Hauptgeleise mit 5 (6) Zwischensteigen von meist 13,5 m Geleisabstand, 2 Personentunnels, 2 Hallen, 38 und 55 m weit, 215 m lang.

Auch die B. zu Bremen (eröffnet 1889) mit 5 Hauptgeleisen, 160 m langer, 59 m weiter und 30 m hoher Halle, sowie Münster (eröffnet 1890) mit 6 Hauptgeleisen, 3 Zwischensteigen, davon einer mit 17 m Geleisabstand, gehören hierher, beide mit untenliegenden Warteräumen im Vorgebäude (»Zentralbl. d. Bauverwaltung«, 1888). Auch Bahnhof Charlottenburg der Berliner Stadtbahn in seiner bisherigen Gestalt ist hierher zu rechnen.

Die Keilform bildet die gegebene Grundform für den Zusammenlauf zweier Bahnen, also für die einfache Trennungsstation, indem sie an der offenen Basis des Keils (gleichviel ob derselbe die ursprüngliche Dreiecksgestalt beibehält oder durch Verlängerung zum oblongen, einerseits zugespitzten Rechteck umgestaltet ist) einen sehr geeigneten Platz für das Empfangsgebäude darbietet. Der Zugang zu demselben vom Orte her kann bei dessen Lage zwischen den auseinander laufenden Bahnarmen unmittelbar, andernfalls nach Kreuzung eines oder beider Bahnarme (am besten mittels Überbrückung, also schienenfrei) stattfinden.

Als Beispiele, bei welchen die Keilform des Grundrisses besonders deutlich hervortritt, können unter andern die Bahnhöfe von Hameln in Hannover (für 4 Bahnarme), Dirschau (ursprünglich 3, dann 4 Arme), Pasewalk (4 Arme) und Neunkirchen bei Saarbrücken genannt werden (s. »Zeitschrift für Bauwesen«, 1873). Sehr viel häufiger, ja ganz allgemein verbreitet findet sich dagegen die zum langen Rechteck ausgedehnte Keilform, bei welcher die Zufahrt an einer Giebelseite des nun rechteckigen Gebäudes meistens mittels Unter-, seltener Überschreitung beider Bahnarme an der Wurzel des Keils stattfindet. Diese Form ist namentlich bei Zusammenführung mehrerer Linien und bei Kreuzungsstationen zur Anwendung gelangt, wobei dann die Kreuzung der Bahnen außerhalb der Station durch gegenseitige Überbrückung bewirkt werden soll, damit die Züge beider Bahnen ohne Gefahr zugleich ein- und auslaufen können. Solche Stationen werden in der Regel als Inselbahnhöfe bezeichnet, weil das Hauptgebäude nicht ohne Kreuzung von Geleisen zu erreichen ist. In der That wird durch solche Anlage die Möglichkeit geboten, auch am Wurzelnde des Keils Geleisverbindungen (Nebengeleise) zu Übergangsbewegungen etc. zwischen beiden Bahnarmen herzustellen, also die Bahnsteiganlage allseitig mit Geleisen zu umschließen. An der Betriebsart des ursprünglichen Keilbahnhofs wird dadurch jedoch nichts geändert, solche Anlagen werden deshalb folgerichtig als Inselbahnhöfe mit Keilbetrieb bezeichnet. Der letztere kennzeichnet sich dadurch, daß das Hauptgebäude mit dem