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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Beriberi; Bering; Berlepsch; Bernoullisches Gesetz; Bernsteinfauna

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Beriberi - Bernsteinfauna.

Bergstürzen gehören diejenigen, welche von den Gipfeln der mehr als 3200 m hohen Diablerets, einer gewaltigen Berggruppe am Nordrande des Wallis, in den Jahren 1714 und 1749 losbrachen. Bemerkenswert ist die außerordentliche Entfernung, über welche der Schutt von seinem Ursprungsort fortglitt; die Länge des Stromes beträgt 5,7 km. Im Anfang unsers Jahrhunderts verschüttete der Bergrutsch, welcher 2. Sept. 1806 vom Roßberg niederging, den Ort Goldau und einen großen Teil von Lowerz. Weitaus die genauesten Nachrichten liegen über die Katastrophe vor, welche Elm im Kanton Glarus 11. Sept. 1881 ereilte. Durch den Schieferbruch war den höher gelegenen Massen der Halt genommen, durch das Gewicht derselben bildete sich eine Kluft, an welcher der Abbruch geschehen mußte. Die Spalte war stellenweise 2-3 m breit, und der Boden hatte sich am untern Rande derselben 4-5 m gesenkt. Ungeheure Regenmassen, welche in der Zeit vom 25. Aug. bis 10. Sept. fast 300 mm erreichten, gaben den letzten Anstoß zum Eintritt der Katastrophe. In den letzten Tagen erfolgten kleine Steinstürze, die sich von Tag zu Tag steigerten, bis endlich der Sturz erfolgte. Anfangs glitten die Massen auf der Ablösungsfläche abwärts; etwas unter dem Steinbruch schlugen sie auf eine kleine Felsterrasse auf, von der aus sie horizontal in die Luft geschleudert wurden, um dann erst zu Boden zu stürzen. Nach dem Aufschlagen im Thale schoß ein Strom geradeaus weiter gegen das gegenüberliegende Thalgehänge und lief dort etwa 100 m weit bergan; die Hauptmasse stürmte, geradeaus fortgleitend, noch 1400 m weit über den ebenen Thalboden dahin. Außerordentlich heftig war in dem unmittelbaren Striche des Sturzes die Luftbewegung, welche als ein starker Sturm vor den Trümmern herbrauste. Die Bildung von Spalten im Sturzgebiet und besonders am obern Rande desselben ist stets als ein Vorzeichen des herannahenden Unheils anzusehen. Sind die Spalten nicht sehr lang, so entsteht meist nur eine einfache Schuttbewegung, ein Erdschlipf, während einen B., bei dem das plötzliche Niederbrechen großer Felsmassen bevorsteht, das Auftreten einer zusammenhängenden großen Spalte bezeichnet, welche den ganzen Oberrand des Sturzgebiets umgibt. Diese Hauptspalte vergrößert sich sehr langsam und kann Jahrzehnte zu ihrer Ausbildung brauchen. Naht der Abbruch, so erweitern sich die Spalten stetig, und es erfolgen einzelne kleine Steinstürze vom obern Rande her; brechen die Steinstücke im untern Teile des Abrißgebiets heraus, was auf ein Weichen des Fußes hindeutet, so steht der Bruch nahe bevor. Bei großen Bergstürzen hat man stets ein vorhergehendes Knistern, Krachen oder Knirschen, oft sogar ein Knallen im Innern des Berges selbst bis auf mehrere Kilometer Entfernung vernommen. Dasselbe rührt offenbar von der innern Bewegung der abreißenden Massen her. Vgl. M. Neumayr, Über Bergstürze (»Zeitschrift des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins«, Bd. 20, 1889).

Beriberi, s. Akklimatisation, S. 10.

Bering, Vitus, Entdeckungsreisender. Vgl. Lauridsen, Vitus J. ^[Joannssen] B. og de russiske opdagelsesrejser fra 1725-43 (Kopenh. 1885).

Berlepsch, Hans Hermann, Freiherr von, preuß. Minister, geb. 30. März 1843, studierte die Rechte, trat sodann in den preußischen Staatsverwaltungsdienst und ward Landrat des Kreises Kattowitz in Oberschlesien, wo er die Bergwerksverhältnisse kennen zu lernen Gelegenheit hatte und zwischen Grubenbesitzern und Bergleuten wiederholt erfolgreich vermittelte. Nachdem er zwei Jahre Staatsminister im Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen gewesen, wurde er 1881 zum Vizepräsidenten in Koblenz, 1883 zum Regierungspräsidenten in Düsseldorf, 1884 zum Mitglied des Staatsrats und 1889 zum Oberpräsidenten der Rheinprovinz ernannt. Als der Kaiser sich zu einer Änderung der Regierungspolitik in der Arbeiterfrage entschloß, wurde B., der in der Rheinprovinz seine Einsicht und Erfahrung bewährt hatte, 31. Jan. 1890 zur Leitung des preußischen Handelsministeriums berufen, dem bei dieser Gelegenheit auch die Bergwerke zugeteilt wurden. B. führte im März auf der internationalen Arbeiterkonferenz den Vorsitz.

Bernoullisches Gesetz, s. Psychophysik.

Bernsteinfauna, Inbegriff aller aus der Tertiärzeit stammenden, im Bernstein eingeschlossenen fossilen Tiere und Tierreste. Das weitaus umfangreichste Material zur Untersuchung der B. befindet sich in der Sammlung der Physikalisch-ökonomischen Gesellschaft zu Königsberg, der Bernsteinsammlung der geologischen Landesanstalt und Bergakademie zu Berlin, der vom Staate angekauften, 12,000 Stück Einschlüsse enthaltenden Künowschen Sammlung und dem auf Veranlassung von R. Klebs (Königsberg) von der allein Bernstein fördernden Firma Stantien u. Becker in Königsberg errichteten Bernsteinmuseum; letzteres enthält 25,000 katalogisierte und geordnete Einschlüsse, die als die am besten erhaltenen und wertvollsten aus mehr als 100,000 Einschlüssen ausgesucht sind. Weitaus am häufigsten sind die Einschlüsse von Insekten, und unter ihnen stehen an erster Stelle die Fliegen, von denen ein Material von mindestens 20,000 durchaus wohlerhaltenen Exemplaren vorhanden ist, in welchen die Mücken (Langhörner, Nematocera) und eigentlichen Fliegen (Kurzhörner, Brachycera) zu etwa gleichen Teilen enthalten sind; die Lausfliegen (Pupipara) und Flöhe (Aphaniptera) fehlen bis jetzt. Die meisten Familien der heutigen Dipteren finden mit ganz wenigen Ausnahmen auch in der B. ihre Repräsentanten; dazu kommen Arten von eigentümlicher Form, die von jetzt lebenden Arten ganz abweichen, so z. B. eine große Diptere mit geweihartig gekämmten, auffallend großen Fühlern. Von den Hautflüglern sind sämtliche Abteilungen, mit Ausnahme der Braconidae und Evaniidae, vertreten. Unter den Käfern, voll welchen ungefähr 4000 Einschlüsse vorhanden sind, finden sich die Repräsentanten von 49 Familien heute lebender Käfer; 26 Familien der Jetztzeit sind unvertreten, dafür aber zeigen 33 Proz. der Bernsteinkäfer eine solche Abweichung von heute lebenden Formen, daß sie nach näherer, noch abstehender Untersuchung wahrscheinlich besondern Familien zuzuzählen sein werden. Es finden sich auch unter den Käfern große Seltenheiten, so z. B. drei Arten der Gattung Lymexilon, die heute nur in einer Art, einem seltenen, in faulem Eichenholz lebenden Käferchen, in Europa gefunden wird. Von den Netzflüglern sind die häufigsten die Frühlingsfliegen (Phryganiden), daran schließen sich die Florfliegen (Hemerobidae), dann kommen die Schnabelfliegen (Panorpidae), und in einzelnen Exemplaren sind die Sembliden vertreten. Die echten Geradflügler sind durch fast 2500 Stück repräsentiert, von denen die Schaben (Blattidae) am häufigsten sind; an sie schließen sich, nach der Häufigkeit des Vorkommens geordnet, die Zuckergäste (Lepismidae), Grabheuschrecken (Gryllidae), die Springschwänze (Poduridae), die