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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Dampfkessel

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Dampfkessel (neue Konstruktionen, Korrosionen).

eigentümliche Gestalt gegeben. Sie benutzen zur Herstellung ein Rohr, welches in angewärmtem Zustand plattgewalzt wird und zwar derart, daß sich die Wände beinahe berühren. Danach wird das Rohr r spiralförmig gebogen (Fig. 3) und in der aus Fig. 2 ersichtlichen Weise auf eine Feuerung gelegt. Die beiden Rohrenden a und b bleiben rund und dienen zum Anschluß der Speisevorrichtung, bez. der Dampfleitung. Das Wasser wird in das auf etwa 250° erhitzte Rohr eingeführt. Kesselstein soll hierbei nicht abgesetzt, sondern stets in Pulverform mitgerissen werden. Probestücke, die nach mehrmonatigem Dienste aufgeschnitten wurden, zeigten durchaus reine, sogar in gewissem Grade polierte Flächen. Für eine gut regulierte Speisevorrichtung muß natürlich gesorgt sein, wenn die durch solche Kessel betriebenen Dampfmaschinen nicht sehr unregelmäßigen Gang zeigen sollen. Die Oberflächen der Serpolletschen Heizrohre werden neuerdings mit Querrippen versehen, welche dem Rohre eine größere Heizfläche und zugleich eine größere Widerstandsfähigkeit gegen den innern Druck geben sollen. Das Material der Röhren ist Rotkupfer, ihre Dimensionen sind: Länge = 2 m, Breite = 90 mm, Weite = 0,42 mm. Sie haben 0,016 qm vom Wasser benetzte Fläche und ein Gewicht von 33 kg pro 1 Pferdekraft. Kessel von mehr als 1 Pferdekraft haben mehrere solcher Röhren übereinander. In Frankreich dürfen diese Kessel ohne die gewöhnlich vorgeschriebenen Sicherheitsapparate aufgestellt werden. Sie werden benutzt für das Kleingewerbe und zum Betrieb von Fahrrädern und kleinen Dampfschiffen.

Während bisher bei den Röhrenkesseln die Röhren meist einfache Siederöhren (die innen mit Wasser gefüllt sind und außen von den Feuergasen umspült werden), oder aber Feuerröhren (die außen von Wasser umgeben sind und von den Feuergasen durchzogen werden) waren, vereinigen Charles und Babillot beide Arten und verwenden Röhren, die zugleich Siede- und Feuerröhren sind, indem sie je zwei Röhren von verschiedener Weite ineinander stecken und den Zwischenraum mit Wasser ausfüllen. Auf die Enden der Siederöhren A (Fig. 4) sind stählerne Köpfe CC genietet, in welche die die Siederöhren durchziehenden Rauchröhren B gesteckt sind. Die Feuergase steigen, nachdem sie sich in einem genügend großen Feuerraum D frei entwickelt haben, zwischen den Siederöhren, diese umspülend, empor. Über dem gesamten Röhrenbündel ist eine wagerechte Decke gespannt, welche das weitere Emporsteigen der Gase hindert und diese nötigt, in den Raum E zwischen der rückwärtigen Umfassungsmauer und den hintern Röhrenköpfen abwärts zu ziehen. Da nun die Röhrenköpfe durch entsprechende Ansätze und Flantschen zu einer Wand vereinigt sind, so ist der Zwischenraum zwischen den Röhren abgeschlossen, und die Gase sind gezwungen, durch die Rauchröhren hindurch in die Rauchkammer F zu streichen; von hier gehen sie abermals in die Höhe und nach rückwärts, die Oberkessel G sowie die Dampftrockenrohre H umspülend, um dann in den Schornstein zu entweichen. Auf diese Weise wird die Wärmeabgabe an das Wasser eine äußerst wirksame und die Verdampfung eine sehr schnelle, da der dünne Wasserring zwischen Siede- und Feuerrohr von beiden Seiten zugleich geheizt wird. Die Heizfläche ist also eine sehr bedeutende und der benötigte Raum ein sehr kleiner. Die Röhren stehen in senkrechten Reihen, die Röhrenköpfe haben oben und unten Öffnungen, derart, daß die Wasserräume der Röhren einer Reihe miteinander verbunden sind. Die obersten vordern Kopfe münden in ein querliegendes, die Oberkessel G tragendes und mit ihnen kommunizierendes Sammelrohr J von quadratischem Querschnitt. Die hintern untersten Köpfe münden in ein hinter dem Feuerraum liegendes Querrohr K, welches an beiden Enden durch ein aufsteigendes Rohr mit dem Sammelrohr J verbunden ist. Die Oberkessel sind zur Hälfte mit Wasser, zur andern Hälfte mit Dampf gefüllt. Von den Domen L der Oberkessel tritt der Dampf in die seitlich von denselben gelegenen Dampftrockner H. Daß der Zwischenraum zwischen Siede- und Feuerraum sich bald mit Schlamm oder Kesselstein anfüllt, soll nicht zu befürchten sein, weil die äußerst rasche Verdampfung und der schnelle Umlauf des Wassers in den Rohren solche Ansammlungen verhindert, so daß die Rohrflächen immer rein und als Heizflächen wirksam bleiben. Der Schlamm soll sich in dem untern Querrohr K sammeln und kann durch Ablassen entfernt werden. Die Röhren sind auf 30 Atmosphären geprüft. Der Quadratmeter Heizfläche erzeugt 20-25 kg Dampf in der Stunde bei 8-10facher Verdampfung.

Die im Innern von Dampfkesseln auftretenden Korrosionen, welche unter Umständen die D. so stark schwächen können, daß sie dem normalen Arbeitsdruck nicht mehr widerstehen und explodieren, sind nach J. A. Schwarz meist Rosterscheinungen, welche sich auf das Vorhandensein gewisser Bestandteile des Speisewassers zurückführen lassen, die eine mit Blechzerstörung verbundene chemische Einwirkung auf die Kesselwände ausüben. Das Rosten wird durch die verschiedene Rostfähigkeit des Eisenmaterials selbst oder durch äußere Einflüsse befördert oder gehemmt. Rostbefördernd sind am Eisen selbst rauhe Außenflächen, Gehalt an Mangan und Schwefel, Ungleichmäßigkeit des Materials, hemmend wirken glatte Oberflächen, Gehalt an Kohlenstoff und Phosphor, Gleichmäßigkeit des Materials. Äußere Einflüsse von rostbefördernder Wirkung sind unter Wasser große Mengen im Wasser gelöster Kohlensäure und Sauerstoffs sowie Chlorverbindungen,

^[Abb.: Fig. 2. Serpollets Dampfkessel.]

^[Abb.: Fig. 3. Serpollets Spiralrohr.]

^[Abb.: Fig. 4. Dampfkessel von Charles und Babillot.]