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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Deutsch-Südwestafrika; Deutz; Develle

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Deutsch-Südwestafrika - Develle.

und legte hier eine Station an; daselbst kam 15. Nov. Stuhlmann mit der Landkolonne an. Leutnant Langheld, der seit längerer Zeit mit einem Detachement vom Hauptkorps detachiert war, langte inzwischen in Bussumbi an. Ein weiteres Vordringen Emin Paschas ist durch die seitens des Reichskommissars an ihn ergangene Zurückberufung verhindert worden. Über die Gründe zu dieser Maßregel läßt sich noch nichts Sicheres feststellen. Wahrscheinlich handelt es sich beiderseits um Mißverständnisse, da dem Pascha des stellvertretenden Reichskommissars Befehle und letzterm die Berichte des Paschas nur unvollständig zugingen.

Eine andre Expedition war von O. Baumann im März 1890 im Auftrag der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft unternommen worden. Er trat mit 60 Mann von Tanga aus den Marsch nach Usambara an, durchforschte dies Gebirgsland und fand es fruchtbar und zum Anbau wohl geeignet, durchzog dann das an Weideländereien reiche Paregebirge und kehrte über Nord-Useguha und Nguru zurück.

Deutsch-Südwestafrika. Der deutsche Reichskommissar, Hauptmann v. François, war 1888 infolge der Umtriebe des Engländers Lewis mit dem Damarahäuptling Zacharias zerfallen und hatte die Niederlassung zu Otyimbingue verlassen. Auf dem Wege nach der Walfischbai errichtete er bei dem Orte Tsaobis ein Fort, dem er den Namen »Wilhelmsfeste« beilegte. Von hier aus bereitete er der englischen Minengesellschaft mancherlei Schwierigkeiten, fing die Munitionssendungen, die von der Küste nach Otyimbingue gehen sollten, ab, nahm englische Händler gefangen und untersagte Lewis, der die deutsche Schutzherrschaft nicht anerkennen wollte, die Ausführung von Minenarbeiten. Schließlich sah sich dieser genötigt, das Land zu verlassen, da seine Beschwerden bei der Regierung der Kapkolonie kein Gehör fanden. Obwohl der Reichskommissar im Januar 1890 eine Verstärkung von 40 Mann unter Leutnant Märker erhielt, mischte er sich in die Kämpfe zwischen dem Häuptling Witbovi, der sich in eine Felsenfeste, Hornkranz, zurückgezogen hatte, und den Herero, die unter seinen Einfällen zu leiden hatten, nicht ein, da die deutsche Schutztruppe auch jetzt 50 Mann kaum überstieg. Er begnügte sich damit, im Laufe des Jahres 1890 die deutsche Schutzherrschaft bei den Hauptvölkern des Landes zwischen Kunene und Oranjefluß zur Anerkennung zu bringen. Zunächst zog er (Dezember 1889) nach Rehoboth zu den deutsch-freundlichen Bastards, dann nordwärts nach Windhoek und im Januar 1890 von Hoachanas aus zum Ngamisee, dessen Umgebung er genau erforschte. Auf dem Rückweg traf er bei Rehoboth mit seinem Bruder, Leutnant v. François, zusammen, der inzwischen mit einem Reitertrupp Otyimbingue und Okahandja, die Hauptstadt des Maharero, besucht und überall die beste Aufnahme gefunden hatte. Im Sommer 1890 besuchte der Reichskommissar noch das östliche Damaraland. Wertvoll für die Herstellung der deutschen Schutzherrschaft war auch die Anwesenheit des Dr. Goering, der die Hauptorte der Herero besuchte und von ihren Häuptlingen die Zusicherung erhielt, daß sie an dem Schutzvertrag festhalten wollten. Er zog auch südwärts zu den Bondelzwarts, mit denen er Schutzverträge abschloß, und kehrte über Kapstadt nach Deutschland zurück. Inzwischen war 1. Juli d. J. der deutsch-englische Vertrag abgeschlossen, der für das deutsche Schutzgebiet in Südwestafrika insofern bedeutungsvoll war, als England die im Vertrag zwischen Deutschland und Portugal 1886 vereinbarte Grenze anerkannte. Im NO., wo sie bisher nicht bestimmt war, wurde sie gegen das britische Interessengebiet so festgesetzt: vom Schnittpunkt des 20.° östl. L. v. Gr. und des 22.° südl. Br. an folgt sie letzterm bis zu seinem Schnittpunkt mit dem 21. ° östl. L., geht längs dieses Längengrades bis zum 18.° südl. Br. und wendet sich dann ostwärts zum Tschobefluß, den sie bis zu seiner Mündung in den Sambesi begleitet. Dadurch gewinnt das deutsche Schutzgebiet einen Zugang zu diesem wichtigen Strome. Die Walfischbai verbleibt den Engländern, die Südgrenze ihres dortigen Gebiets soll durch Schiedsspruch festgestellt werden. Der Besitz der Walfischbai ist nach neuern Untersuchungen deshalb weniger wertvoll als Angra Pequena, weil jene Bucht allmählich versandet. Immerhin ist das Fehlen eines geeigneten Zugangs von der See zum Hereroland zu bedauern. Erwähnung verdient noch der am 7. Okt. 1890 erfolgte Tod Mahareros, dessen Nachfolger noch nicht bekannt ist; wahrscheinlich ist es sein Sohn Samuel.

Die Deutsche Gesellschaft in Südwestafrika sah schon 1889 ihre Mittel allmählich sich erschöpfen und beabsichtigte, den nördlichen Teil ihres Gebiets mit der Berggerechtigkeit an eine englisch-holländische Gesellschaft zu verkaufen, um so Kapital zu gewinnen, das sie für die Nutzbarmachung des südlichen Teiles verwerten wollte. Doch versagte die Reichsregierung diesem Plane ihre Zustimmung, veranlaßte aber die Bewilligung eines Zuschusses von 268,800 Mk. zur Bestreitung der Verwaltungsausgaben für das Jahr 1890/91 seitens des Reiches. Auch für 1891/92 ist ein Zuschuß von 292,300 Mk. bewilligt worden, doch bezeichnete der Reichskanzler dies Jahr als ein Versuchsjahr, ob man das Schutzgebiet halten oder aufgeben solle. Gegenwärtig hat sich eine deutsch-englische Gesellschaft gebildet, an der Woermann in Hamburg, Deichmann u. Komp., Schröder u. a. in London beteiligt sind, und die ein Kapital von 20 Mill. Mk. aufgebracht haben soll. Sie verhandelt mit der Südwestafrikanischen Gesellschaft über den Verkauf des nördlichen Teiles ihrer Besitzungen, und die Unterzeichnung des bezüglichen Vertrags soll 5. Febr. 1891 in Berlin erfolgt sein. Über seinen Inhalt verlautet, daß das Gebiet von der Niederung des Kunene (17.° 20.' südl. Br.) bis zum 26.° südl. Br. der neuen Hamburger Gesellschaft überlassen werden soll, die Minenrechte jedoch nur zwischen dem Kunene und Windhoek (23.° südl. Br.), also im Herero- und Damaraland. Die Deutsche Gesellschaft für Südwestafrika soll nur den südlichen Teil von Namaqualand mit dem Minenrecht behalten und eine Entschädigung von mehreren Millionen Mark empfangen. Die Berggerechtigkeit im Gebiet zwischen 23. und 26.° südl. Br. soll einer andern Gesellschaft überlassen und diese von der bisher geltenden Verpflichtung entbunden sein, alle Metalle und Mineralien, welche nicht Edelmetalle oder Edelsteine sind, an die Kolonialgesellschaft abzuliefern.

Deutz hieß unter den Römern, wie eine im August 1888 in Köln gefundene lateinische Inschrift gezeigt hat, Divitia.

Develle (spr. döwal), Jules Paul, franz. Politiker, geb. 12. April 1845 zu Bar le Duc, studierte die Rechte und ließ sich in Paris als Advokat nieder. Während des Kriegs von 1870 nahm er an der Verteidigung von Verdun teil, wurde nach demselben zum Unterpräfekten von Louviers und 1876 zum Präfekten des Departements Aube ernannt, aber 1877 abgesetzt. Hierauf in Louviers zum Deputierten gewählt, schloß er sich in der Kammer der republikanischen Partei an,