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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kulturgeschichtliche Litteratur

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Kulturgeschichtliche Litteratur (Neuzeit: Deutschland, Niederlande etc.).

die, soweit es sich um die fränkische Zeit handelt, natürlich auch für die deutsche Verfassungsgeschichte in Betracht kommen.

»Die Geschichte der deutschen Königswahlen« behandelt W. Maurenbrecher (Leipz. 1889), dessen Gesichtspunkt es hauptsächlich ist, das politische Moment in der Entwickelung hervorzuheben und den Kampf zwischen den einander widerstreitenden Prinzipien des Erb- und Wahlrechts bis zum vollen Siege des letztern darzustellen. Mit den einzelnen bei der Königswahl im spätern Mittelalter beobachteten Normen hat sich besonders die Schule des verstorbenen J. ^[Julius] Weizsäcker eifrig beschäftigt. So behandelt E. Engelmann den »Anspruch der Päpste auf Konfirmation und Approbation bei den deutschen Königswahlen« (Bresl. 1886), und O. Schellhaß, »Das Königslager vor Aachen und vor Frankfurt« (der Krönungs- und der Wahlstadt; Berl. 1887), während J. ^[Julius] Weizsäcker selbst in einer sehr lehrreichen Untersuchung, »Der Pfalzgraf als Richter über den König«, die Entstehung und Entwickelung der Theorie von der Absetzbarkeit eines deutschen Königs dargelegt hat. Hierhin gehört endlich auch noch K. Rodenbergs Untersuchung über »Wiederholte deutsche Königswahlen im 13. Jahrhundert« (Bresl. 1889). »Die Formen des unmittelbaren Verkehrs zwischen den deutschen Kaisern und souveränen Fürsten« (Kongresse und brieflicher Verkehr) hat für das 10.-12. Jahrh. W. Michael festgestellt (Hamb. 1888). Für die Geschichte des Reichstags sind nur zwei Arbeiten aus dem spätern Mittelalter zu nennen: H. Wendt, »Der deutsche Reichstag unter König Sigmund« (Bresl. 1889) und H. Keussens Untersuchung über »Die Reichsstandschaft der Städte unter Friedrich III.« (Bonn 1885). Der Geschichte des Reichsbeamtentums gehören auch die Untersuchungen über die ältere Gerichtsverfassung an, mit welcher sich für die ältere fränkische Zeit Fustel de Coulanges in seinen »Recherches sur quelques problèmes d'histoire« (Par. 1885) beschäftigt, der den Anteil des Volkes an der Rechtsprechung (schwerlich mit Grund) für geringer hält, als die gewöhnliche Annahme ist; für das spätere Mittelalter ist hier von besonderer Bedeutung Th. Lindner, »Die Veme« (Paderb. 1887), ein auf umfassendsten Studien beruhendes Buch, das, wenn es nicht alle Fragen löst, die sich an die rätselvolle Erscheinung der Femgerichte knüpfen, doch alle ihrer Lösung näher gebracht hat. Sonst hat in eignen Schriften noch V. Krause, »Geschichte des Instituts der missi dominici« (Innsbr. 1890), die Königsboten der karolingischen Periode, G. Seeliger aber »Das deutsche Hofmeisteramt im spätern Mittelalter« (das. 1885) behandelt, während eine zweite Schrift desselben Verfassers, »Erzkanzler und Reichskanzleien« (das. 1889), die Geschichte der einzigen Reichsbehörde, die in gewissem Sinne unsern Ministerien verglichen werden kann, bis in die Mitte des 17. Jahrh. verfolgt. Endlich stehen im Zusammenhang mit der Reichsjustizverfassung auch die Organisationen der Landfrieden, mit denen man sich in den letzten Jahren viel beschäftigt hat; wir erwähnen darüber F. J. ^[Fritz Josef] Kelleter, »Die Landfriedensbündnisse zwischen Maas und Rhein im 14. Jahrhundert« (Paderb. 1888), und J. ^[Jakob] Schwalm, »Die Landfrieden in Deutschland unter Ludwig dem Bayern« (Götting. 1889).

Die Kriegsverfassung des Reiches erläutern A. Prenzel, »Geschichte der Kriegsverfassung unter den Karolingern« (Leipz. 1887), K. Spannagel, »Zur Geschichte des deutschen Heerwesens vom Beginn des 10. bis zum Ausgang des 12. Jahrhunderts« (das. 1885), und G. Rosenhagen. »Die Reichsheerfahrt von Heinrich VI. bis Rudolf von Habsburg« (das. 1885), endlich für einen Abschnitt der bei verfassungsgeschichtlichen Studien sehr vernachlässigten Neuzeit R. Fester, »Die armierten Stände und die Reichskriegsverfassung 1681-1697« (Frankf. 1886); im Anschluß hieran können noch die »Beiträge zum Kriegsrecht im Mittelalter, insbesondere in den Kämpfen, an welchen Deutschland beteiligt war, vom 6.-11. Jahrhundert« von A. Levy (Bresl. 1889), sowie die Arbeiten von M. Mendheim (Leipz. 1889) und A. von der Nahmer (Marb. 1888) über reichsstädtisches Kriegs- und Söldnerwesen im spätern Mittelalter erwähnt werden. Die Reichsfinanzverfassung endlich hat nur für eine kurze Periode in M. Prowes Schrift »Die Finanzverwaltung am Hofe Heinrichs VII. während des Römerzugs« (Berl. 1888) eine eigne Bearbeitung gefunden.

Sehr eifrig hat man sich auch in neuester Zeit mit dem Rätsel der deutschen Städteverfassung beschäftigt. Allgemeinere Versuche zur Lösung der schwierigen Fragen haben G. v. Below und R. Sohm unternommen: der erstere in mehreren Aufsätzen in der »Historischen Zeitschrift« und in dem Buche »Die Entstehung der deutschen Stadtgemeinde« (Düsseld. 1889), unter Anlehnung an den Gedanken v. Maurers, der die Stadt- aus der Landgemeinde hervorgehen ließ, der letztere in der glänzend geschriebenen Abhandlung »Die Entstehung des deutschen Städtewesens« (Leipz. 1890) in schärfster, aber doch wohl etwas einseitiger Beleuchtung der Zusammenhänge zwischen Stadt- und Marktrecht. Daneben sind zahlreiche Spezialstudien zu nennen, teils für einzelne Gruppen von Städten, so Köhne für Worms, Speier, Mainz (Bresl. 1890), Lövinson für die westfälischen Reichsstiftsstädte (Paderb. 1889), teils für einzelne Städte, so Stephan für Mühlhausen (Sondersh. 1886), H. Pirenne für Dinant (Genf 1889), Reinhold für Wesel (Bresl. 1888), Liesegang für Köln (Bonn 1885) und Rees (Trier 1890), Dieckmeyer für Cambray (Bielef. 1890) u. a. Aber auch abgesehen von den eigentlichen Verfassungsfragen übt die Kulturgeschichte der deutschen Städte nach wie vor großen Reiz aus. Die Methoden, mit denen man sich bemüht hat, über die Bevölkerungszahlen derselben am Ende des Mittelalters ins klare zu kommen, hat I. ^[Ignaz] Jastrow, »Die Volkszahl deutscher Städte zu Ende des Mittelalters und zu Beginn der Neuzeit« (Berl. 1886), besprochen und darauf hingewiesen, daß unsre Quellen reichlicher für das 16. als für das 15. Jahrh. fließen, daß also die Forschung bei dem erstern einzusetzen habe (s. Bevölkerungsgeschichte, S. 116). Für eine einzelne Stadt hat dann K. Bücher, »Die Bevölkerung von Frankfurt a. M. im 14. u. 15. Jahrhundert« (Tübing. 1886, Bd. 1), gründliche Studien nicht über die Zahl, sondern auch über Herkunft und Gewerbe der Frankfurter Einwohnerschaft veröffentlicht. Auch was sonst über deutsches bürgerliches Leben gearbeitet worden ist, bezieht sich meist auf einzelne Städte. So schildert L. Hänselmann »Deutsches Bürgerleben« (Braunschw. 1886, Bd. 1) in anziehender Weise im Anschluß an zeitgenössische Chroniken die Zustände Braunschweigs in den drei letzten Jahrhunderten des Mittelalters; andre Arbeiten zur braunschweigischen Stadt- und Landeskulturgeschichte hat derselbe in seinen »Werkstücken« (das. 1887) vereinigt. Ähnliche Sammlungen verschiedenartiger Aufsätze zur Geschichte norddeutscher Städte geben die Bücher von W. v. Bippen, »Aus Bremens Vorzeit« (Brem. 1885), und K. Koppmann, »Aus Hamburgs Ver-^[folgende Seite]