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Schließmann - Schmarotzerpflanzen.
genommen hatte, lud er zu Ende März eine Reihe von deutschen und auswärtigen Altertumsforschern zu einer neuen Konferenz ein, zu der sich vier Deutsche und vier Ausländer einfanden. Sie erklärten nach Untersuchung der Ruinen, daß sie nirgends auf Leichenverbrennung deutende Anzeichen vorgefunden hätten, sondern daß die gefundenen Brandspuren von Feuersbrünsten herrührten. Der von S. vertretenen Ansicht, daß die Höhe von Hissarlyk unter anderm eine befestigte, durch Brand zerstörte Burg getragen habe, pflichtete auch Oberbaudirektor Durm aus Karlsruhe in der Schrift: »Zum Kampf um Troja« (Berl. 1890) bei. Über die 1. Aug. 1890 abgeschlossenen letzten Ausgrabungen Schliemanns erschien nach seinem Tode: »Bericht über die Ausgrabungen in Troja im Jahre 1890« (Leipz. 1891). Schliemanns Frau, welche auch die Herausgabe von Schliemanns Selbstbiographie übernommen hat, beabsichtigt, die Ausgrabungen auf Hissarlyk im Sinne ihres Mannes zum Abschluß zu bringen.
Schließmann, Hans, Zeichner, geb. 6. Febr. 1852 zu Mainz, kam schon als fünfjähriger Knabe mit seinen Eltern nach Österreich und trat 1866 als Lehrling in die xylographische Anstalt von Waldheim in Wien ein, wo sich seine zeichnerische Begabung so schnell entwickelte, daß er bereits 1874 als Zeichner an Kliçs »Humoristischen Blättern«, an den »Neuen Fliegenden Blättern« und später am »Kikeriki« beschäftigt wurde. Seine Spezialität sind typische Einzelfiguren und Szenen aus dem Wiener Volksleben, die er meist mit wenigen Strichen, bisweilen nur in den Umrißlinien, aber stets sehr charakteristisch und ohne Übertreibung zum Grotesken wiedergibt. Er schöpft seine Motive zumeist aus den niedern Ständen, weiß aber auch die Schwächen und Modethorheiten der höhern Gesellschaftsklassen mit satirischem Griffel zu geißeln. 1881 wurde er als Zeichner für das Witzblatt »Wiener Luft« (Beilage zum »Figaro«) gewonnen, und daneben hat er auch Beiträge für die Münchener »Fliegenden Blätter«, die »Leipziger Illustrierte Zeitung«, »Über Land und Meer« u. a. geliefert. Eine Sammlung seiner Zeichnungen aus dem Wiener Leben erschien unter dem Titel: »Schließmann-Album« (Wien 1890).
Schlittschuhsegeln, ein Sport, bei welchem der Schlittschuhläufer zwei je 3 m lange Stangen aus leichtem Holz, eine als Mast und eine als Spriet, braucht. Durch den Mast ist in der Mitte ein Loch gebohrt, in welches sich das mit einem Eisenstift beschlagene Spriet rechtwinkelig schieben läßt. Auf dieses Gestell wird das dreieckige, aus leichtem, ungebleichtem Baumwollenstoff gefertigte Segel gespannt, welches 4,5 qm Grundfläche hat. Bei dem S. nimmt man den Mast senkrecht in eine Hand und legt das Spriet über die luvwärts gekehrte Schulter, so daß die dem Spriet entgegengesetzte Seite des Segels dem Winde zugekehrt ist. Der Eisläufer hält beim Kreuzen den Mast abwechselnd mit der einen Hand, während die andre frei ist. Beim Segeln vor dem Winde legt man das Spriet hinten auf beide Schultern und hält den Mast mit herabhängenden Armen. Bei spiegelglatter Eisfläche erreichen die Segler nahezu die Geschwindigkeit eines Eisenbahnzuges.
Schmarotzerpflanzen (parasitische Pflanzen, hierzu Tafel »Schmarotzerpflanzen«). Abgesehen von dem großen Heere der pflanzen- und tierbewohnenden Schmarotzerpilze ist die Zahl der höhern, mit Blüten ausgestatteten S. eine verhältnismäßig geringe, da im ganzen nur etwa 1400 Phanerogamen mit parasitischer Lebensweise bekannt sind. Die S. stehen in nahen Beziehungen teils zu den Saprophyten oder Humuspflanzen (s. d.), teils zu den Scheinschmarotzern oder Epiphyten (s. d., Bd. 17); sie leben wie erstere wenigstens teilweise von organischen, bereits assimilierten Stoffen, unterscheiden sich aber dadurch von ihnen, daß sie ihre Nahrung lebenden Gewächsen entnehmen. Von den Scheinschmarotzern, die sich gleich den echten Parasiten auf fremden Gewächsen ansiedeln und mit ihnen in Verbindung treten, trennen sich die S. ebenfalls durch die Art ihrer Ernährung, indem sie die Nährstoffe nicht wie jene ausschließlich in der Atmosphäre, den Niederschlägen oder einer abgestorbenen Humusunterlage, sondern auch in dem innern Gewebe ihrer Wirtspflanzen finden. Zu letzterm Zwecke sind sie ohne Ausnahme mit eigenartigen Organen der Anheftung und Ernährung versehen, welche bei ihren verschiedenen Formen ungleich ausgebildet erscheinen und daher auch unter mannigfachen Bezeichnungen, wie Haftscheiben, Haftwurzeln, Rindensaugwurzeln, Saugwarzen oder Haustorien, Saugscheiben, Saugfortsätzen oder Senkern, Saugfäden oder mycelialen Thallushyphen, beschrieben worden sind. Für das Verständnis der höchst mannigfaltigen und teilweise verwickelten Lebensbeziehungen der S. ist vor allem festzuhalten, daß verschiedene Grade des Parasitismus von den gewöhnlichen, mit grünen Laubblättern versehenen Formen bis zu völlig umgestalteten, der Wurzeln, der Laubblätter und der vegetativen Stengel gänzlich entbehrenden Gewächsen hinführen. Auf der niedersten Stufe stehen diejenigen S., welche noch wie echte Chlorophyllpflanzen die Kohlensäure der Luft unter Einfluß des Sonnenlichts zu zersetzen vermögen und sich nur nebenher auch von organischem, ihren Wirtspflanzen entnommenem Material ernähren. Zu diesen sogen. Halbschmarotzern gehört eine Reihe von Pflanzenarten aus den Familien der Rhinanthaceen und Santalaceen, welche äußerlich kaum für S. gehalten werden, da sie in der Erde wurzeln und mit normalen, grünen Laubblättern ausgestattet sind; sie besitzen jedoch an ihren Wurzeln warzen- oder zangenartige Haftorgane (Haustorien), mit welchen sie fremde Wurzeln oder Rhizome ergreifen; von der Unterseite der Haftscheiben aus dringt ein mit Gefäßgruppen ausgestatteter Zellenstrang, der sogen. Saugfortsatz (Senker), in das innere Gewebe der Nährwurzel ein und legt sich den Leitungsgeweben derselben an, um auf diese Weise bereits assimilierte Stoffe auf Kosten der Wirtspflanze aufsaugen zu können. Genauer verfolgt ist diese Art des Schmarotzers innerhalb der Familie der Santalaceen bei den Gattungen Thesium, Santalum und Osyris, die als Keimpflanzen zunächst eine normale Hauptwurzel erzeugen; erst die Seitenzweige derselben bilden die Haustorien aus; sobald letztere keine Wirtspflanze zu erreichen vermögen, wachsen ihre Anlagen zu senkrecht abstehenden, kleinen Wurzelzweigen aus. Innerhalb der Familie der Rhinanthaceen gibt es, wie neuerdings von Koch nachgewiesen wurde, neben blaugrünen, echten Wurzelschmarotzern, wie z. B. dem auf unsern Wiesen häufigen Klappertopf (Rhinanthus major), auch blattgrüne Humuspflanzen, wie Melampyrum (s. Humuspflanzen); außerdem können aber auch erstere statt einer lebenden Nährwurzel gelegentlich auch abgestorbene Pflanzenteile umklammern. Ebenso besitzen Augentrost- (Euphrasia) und Läusekrautarten (Pedicularis), ferner Bartsia alpina u. a. echte Saugwarzen; letztere Art ist jedoch nach Kerner v. Marilaun zugleich eine halbe Verwesungspflanze, da sie an ihren unterirdischen Rhizo-^[folgende Seite]