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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Anthropometrisches Signalement; Anthropomorphen; Antimon; Antisklavereiakte; Aoki Shuzô; Apparitīn; Appert; Apponyi

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Anthropometrisches Signalement - Apponyi

mit glühendem Eisen kommt heute nicht mehr in Frage, die gelindere Tättowierung ist nicht untrüglich, da man, wie es scheint, ausreichenden Methoden auf der Spur ist, dieselbe zu beseitigen (Einreiben von Milch in die durch Nadelstiche zugänglich gemachte Haut der tättowierten Stelle), Viel zuverlässiger erscheint Bertillons »anthropometrisches Signalement« (s. den folgenden Artikel), welches in Frankreich sich gut bewährt hat und auch bei uns eingeführt werden dürfte. Dabei sind gewisse Einflüsse zu berücksichtigen, welche Körpermaße, namentlich die Körperlänge ändern und von Simulanten benutzt werden können.

Morgens ist der Mensch gewöhnlich größer als abends, weil nach längerer Beschäftigung in aufrechter Stellung die zwischen den Wirbeln liegenden Scheiben zusammengedrückt werden. Auch durch nachlässige Haltung kann man sich kleiner machen. Wer nur wenig mehr als Militärmaß besitzt und die Nacht vor der Messung stehend und gehend verbracht hat, auch sich nachlässig hält, kann leicht als zu klein für den Militärdienst befunden werden. Sombathy - Wien sprach über die Auffindung einer Bronze-Situla vom Typus derer von Bologna und Match. Die neue Situla wurde bei Göttweih in Niederösterreich entdeckt und ist demnach die nördlichste unter sämtlichen ihresgleichen. Der dorische Typus ihrer getriebenen Ornamente weist auf südliche Abstammung hin. Dorr - Elbing berichtete über seine Forschungen an den zahlreichen Steinkistengräbern in der Gegend von Elbing und knüpfte an die Beschreibung der Funde Erörterungen über die vormalige Besiedelung der Elbinger Gegend. Dabei erwähnte er eine Stelle des Plinius, wo Pytheas von den Goten erzählt, daß sie die Küste des aestuarium oceani bewohnten, da, wo die Bernsteininsel Abalus zu Schiffe leicht in einem Tag erreicht werden könne. Vortragender wandte sich gegen die Deutung, daß die Bernsteininsel nach der Nordsee zu verlegen sei, weil aestuarium das der Ebbe und Flut ausgesetzte Land bedeutet, und führte aus, daß man wohl auch annehmen könne, es habe der häufige, durch Nordwind verursachte Aufstau des Haffwassers, welcher in früherer Zeit jedesmal zur Überflutung des damals noch nicht durch die Dämme geschützten Landes führte, Anlaß zu der Anwendung des Wortes Ästuarium geboten. An der Nordsee gab es nun einmal keinen Bernstein (Olshausen hat dieser Annahme gegenüber darauf hingewiesen, daß die Nordsee keineswegs völlig frei von Bernstein ist, und daß anderseits die Elbinger Gegend zu wenig Funde ergeben hat, um als das von Plinius gemeinte Land gelten zu können). Grempler - Dresden sprach über die Merowinger Fibel. Er suchte nachzuweisen, daß der sogen. Merowinger Typus eigentlich als gotischer Typus bezeichnet werden müsse. Auf der Krim hat er nämlich in Kertsch Fibeln gefunden, welche ihrem Aussehen nach zu dem merowingischen Typus zu rechnen sind. Lissauer sprach über den Formenkreis der slawischen Schläfenringe. Er erörterte zunächst die verschiedenen Formen, welche diese Ringe an andern Orten, hauptsächlich aber in Ungarn, Böhmen und Polen zeigen. Obgleich seit dem Jahr 1877, wo Sophus Müller diese Ringe bereits für slawischen Ursprungs erklärte, etwa sechsmal soviel wie in frühern Jahren gefunden worden sind, hat man dennoch bisher keine Ursache gehabt, von dieser Anschauung abzuweichen. Von großer Bedeutung sind die Funde, welche bei Keszthely in Ungarn gemacht wurden; man brachte hier unter anderm Schläfenringe zu Tage, welche 3-5mal schlangenförmig gewunden waren, also von der gewöhnlichen Form vollkommen abwichen. Allerwärts, wo Slawen herrschten, sind von der Zeit der Völkerwanderung an diese schlangenförmigen Ringe bis zu Anfang dieses Jahrtausends deutlich nachzuweisen. Buschan - Kiel legte eine Sammlung von Samen prähistorischer Kulturpflanzen vor. Bedeutend sind unter diesen besonders spanische Funde, welche von den Gebr. Siret gemacht wurden und Aufschlüsse über den Zeitpunkt des ersten Auftretens gewisser Kulturpflanzen in Spanien gaben.

Anthropometrisches Signalement. Die photographische Aufnahme der Verbrecher und die Anlegung von Verbrecheralbums hat sich zur Identifizierung von Verbrechern als unzureichend erwiesen, da teils absichtlich hervorgerufene, teils zufällig entstandene Veränderungen in dem Aussehen der Verbrecher, verbunden mit dem kolossalen Anwachsen der Photographien (in Paris 100,000 Stück), leicht zu Irrtümern Veranlassung geben. Bertillon hält die photographische Aufnahme für ganz entbehrlich, wenn am Körper jedes Verbrechers einige Maße genommen werden, die er als das anthropometrische Signalement bezeichnet. Es ist festzustellen die Körperhöhe, die Oberkörperhöhe, die Schädellänge, die Schädelbreite, die Länge des Mittelfingers, des linken Fußes, die Armspannweite und die Farbe der Augen. Aus den gewonnenen Maßen wird je nach Kategorien eine Gruppe von Zählkarten hergestellt, welche je in drei Untergruppen (groß, mittel, klein) zerlegt wird. Es gelingt sehr schnell, mit diesen Zählkarten zu arbeiten. Das Notieren der besondern Merkmale unterstützt die Identifizierung. Der Gesamtbetrag der bis 1890 in Paris durch das System Bertillon erkannten Verhafteten, welche sich einen falschen Namen beigelegt hatten, beträgt 2800. Das Verfahren wird bereits praktisch ausgeführt in Paris, Lyon, Versailles, Poissy etc. Vgl. Bertillon, Das anthropometrische Signalement (deutsch, Berl. 1890).

Anthropomorphen, Bau des Gehirns, s. Anthropologenkongreß, S. 30.

Antimon in prähistorischen Bronzen, s. Anthropologenkongreß, S. 30.

Antisklavereiakte, Brüsseler, s. Sklaverei.

Aoki Shuzô, japan. Staatsmann, geb. 1844 in Chôshû, studierte Rechts- und Staatswissenschaften, seit 1868 in Deutschland, wo er 1873 zum Legationssekretär bei der japanischen Gesandtschaft in Berlin ernannt wurde. Nach einem vorübergehenden Aufenthalt in Japan kehrte er 1874 als Gesandter nach Berlin zurück und vermählte sich 1875 mit der Baronesse v. Rahden. 1885 wurde er nach Japan zurückberufen und zum Vizeminister des Äußern ernannt; 1889 übernahm er, nachdem Ôkuma infolge des auf ihn verübten Attentats zurückgetreten war, das Ministerium des Äußern und brachte die Verhandlungen über die Revision der Verträge mit den fremden Mächten aufs neue in Fluß, konnte sie aber nicht zu Ende führen, da 1891 bald nach dem Attentat auf den russischen Thronfolger ein allgemeiner Ministerwechsel stattfand, bei dem auch A. von seinen: Amte zurücktrat. 1889 zum Viscount erhoben, gehört er seit 1890 dem Herrenhaus an.

Apparitīn, s. Collodin.

Appert, Félix Antoine, franz. General (s. Bd.

18), starb 19. April 1891 in Paris.

Apponyi, Albert, Graf, ungar. Politiker (Bd.18), überwarf sich 1891 völlig mit dem Ministerpräsidenten Szapary und seinem frühern Parteigenossen, dem Justizminister Szilagyi, und verwandelte die von